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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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Ende?
    Dieser Film mit dir ist da zu Ende.
    Was soll das heißen.
    Dass es noch besser kommt.
    Oh Gott oh Gott.
    Sicher bist du der Renner in jedem türkischen Vereinslokal, nie waren sie dankbarer für die Endlosschleife, glaub mir. Und jetzt raus aus dem Kreisel, mir wird schlecht.
    Wohin?
    Egal, die Stadt ist groß genug.
    Rufst du mal bei der Auskunft an?
    Wieso denn das? Bei der Auskunft sagen sie einem auch nicht, wohin man fahren soll.
    Ruf einfach an. Bitte. Er reichte Sydow sein Mobiltelefon, Nummer ist eingespeichert.
    Unter A wie Auskunft, fragte Sydow.
    Nein, unter G.
    G?
    G.
    Sydow drückte die Tasten, lauschte. Da ist nur eine Warteschlaufe, sagte er zu Stanjic gewandt, der nächste freie Mitarbeiter wird sich umgehend um uns kümmern, jetzt läuft Musik.
    G wie Grieg, sagte Stanjic, schalt auf Lautsprecher.
     
    Sie gondelten durch die Stadt, hörten Grieg, In der Halle des Bergkönigs, und mankind war ein wundersames Tier, die Nacht ein Anagram mit ungewissem Ausgang, sie fuhren unter Bäumen, durch Alleen und neben dem Kanal, die Auskunft war eine Behörde ohne Mitarbeiter, weil wer hätte das sein sollen. Wer konnte schon Rat geben in einer seltsamen Welt. Es war einfach eine seltsame Welt.
     
    Der nächste Film, sagte Sydow, während er angelegentlich aus dem Fenster schaute, draußen zog das Schloss Charlottenburg vorbei, der Fluss, die Lichter, ach!, schwärmte er, vom Himmel gefallene Sterne! Weil, sagte er vertraulich, machen wir uns nichts vor, Sterne sind doch romantischer Schnickschnack, eine Verschwendung von Ressourcen.
    Du bist auch eine Verschwendung von Ressourcen, da ist mir jeder verdammte Stern noch lieber.
    Der nächste Film, sagte Sydow ungerührt, er schaltete die Musik leiser, hatte eine eigenartige Perspektive. Ich habe eine Weile gebraucht, um zu verstehen, wer da eigentlich zuschaute.
    Bei was zuschaute.
    Nun. Es begann damit, dass du inmitten von Tannennadeln lagest und Katharina war damit beschäftigt –
    Fichtennadeln, sagte Stanjic tonlos, das ist mir wichtig.
    Also gut, inmitten von Fichtennadeln. Einmal dachte ich, du hättest nach oben geschaut, in die Augen des Astronauten, wie er da hing, in den Zweigen der Tanne –
    Fichte. Kanadische Fichte.
    Der Fichte und mich bemerkt.
    Der Astronaut, sagte Stanjic. Er starrte vor sich auf die leere Straße, ich wusste doch, das ist nicht normal, dass der da hängt, kanadische Fichten hin oder her. Du hast uns beobachtet. Das verzeih ich dir meiner Lebtag nicht.
    Ich kann nichts dafür, sagte Sydow, ich steckte kameratechnisch fest in dieser Montur der Astronauten, hing in den Zweigen.
    Du hättest den Fernseher ausschalten können, du Verräter.
    Ich weiß nicht, wie das geht, ich halte die Fernbedienung immer verkehrt herum.
    Aber an kriegst dus immer, wie?
    Ja, merkwürdig, nicht wahr?
    Und wie.
    Sie schwiegen und fuhren und die Galaxis verpuffte die Rohstoffe, dass es eine helle Freude war, weil wer hat, der hat.
     
    Woher, sagte Stanjic irgendwann langsam, woher weißt du überhaupt, dass es ein Astronaut war. Wenn der Astronaut der Beobachter war, woher weiß er denn, dass er ein Astronaut ist. Du hättest genauso gut ein Demeterbauer sein können, der in seinen Wäldern eine Bestandsaufnahme macht. Bei Demeter ist immer viel Handarbeit im Spiel, Raupen von den Bäumen klauben, Kartoffelkäfer einsammeln, in den Fichten hockt vielleicht der gemeine Hauswurm, du hättest ein Demeterbauer sein können auf der Jagd nach dem Hauswurm.
    Ein Raumschiff hat mich abgeholt.
    Ehrlich?
    Es hat mich unten am See – ich vermute, es war der Zürichsee?
    Der Zürichsee, in Zürich ist der Zürichsee, in Biel ist der Bielersee und in Genf der Genfersee, wenn du es ein paarmal repetierst, hast du den Dreh raus.
    Am Zürichsee abgesetzt und ist weitergeflogen.
    Wohin?
    Ich weiß nicht, es ging viel zu schnell, ich vermute, mit Überschallgeschwindigkeit, war ja ein Raumschiff. Jedenfalls sah man alles immer aus der Perspektive des Astronauten, bis er dieses Fischglas vom Kopf nahm. Ich vermute, darin steckte die Kamera. Er stellte es auf eine Parkbank und entledigte sich seiner restlichen Ausrüstung, faltete alles sorgfältig zusammen und ging in Unterwäsche davon.
    Was für eine Marke, fragte Stanjic.
    Schiesser, Feinripp.
    Das sollten wir auf jeden Fall notieren.
    Absolut.
    Immerhin wissen wir dann auch mit Sicherheit, dass es kein Demeterbauer war.
    Wegen des Astronautenanzugs.
    Nein, wegen des Feinripps.
    Ach so.
    Und weiter? Sag

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