Schwätzen und Schlachten
Fallschirmen wie bei den Löwenzähnen. Löwenzahnen? Er ärgerte sich. So was ärgerte ihn einfach.
Der Plural von Löwenzahn flog verträumt durch verwaiste Gehirnschluchten, er musste warten, bis ein paar neue Sterne geboren wurden, ein paar hinfällige verlöschten, er musste darauf hoffen, der kleine Computermann vergäße beim sphärischen Gleiten durch die Galaxis seine läppischen Antworten, und er bekäme eine neue Chance. Noch einmal drei Würfe, drei Versuche, bis dahin suchte er weiter das Telefon.
Im Schlafzimmer war übrigens das Bett nicht gemacht, alles war verwurstelt, nur, er beäugte die wüst verwurstelten Laken, falls das irgendjemanden hier interessiert.
Nur interessiert das niemanden, fügte er hinzu, nicht mal mich selbst. Es macht mich nur erröten, es macht, dass mir das Paris-Syndrom kommt und ich gerne einen Wein trinken würde, um das Syndrom mit dem Paradox auszumerzen.
Wäre es mein eigenes Bett, erläuterte er Sydow den Sachverhalt, verwurstelt von vorangegangenen ominösen amourösen Nächten, würde ich auch erröten, aber es würde mich auch erfreuen, das nennt sich Österreichischer Komplex. Sehr typisch.
Ah ja, sagte Frederik von Sydow, er warf einen Blick auf Stanjics Drink und ermunterte ihn, mehr davon zu trinken, sobald du es ausgetrunken hast, mixt dir Onkel Dagobert noch was nach.
Gott bewahre, murmelte Stanjic, weißt du, wie das schmeckt? Wie rohes Ei mit Sellerie, Honig und Chili und Adolf Wunderlich’s echt Roßbacher Magenbitter .
Nicht schlecht!, sagte Sydow anerkennend, es sind zwar noch weitere leckere Sachen drin, aber den Grundstock hast du beisammen.
Igitt, sagte Stanjic angeekelt. Da lob ich mir meinen Rollmops.
Du warst bei Österreich und seiner Komplexität, sagte Sydow zur Ablenkung.
Stimmt, sagte Stanjic, das Syndrom und das Erröten und der dringende Wunsch, die Organisation möchte mich einsammeln und nach Japan überführen. Ich würde, auch unter Folter, immer behaupten, ich sei ein verstörter japanischer Student. Ansonsten nämlich fände ich mich in meinem schlimmsten Albtraum wieder: Mitarbeiter der Organisation International SOS tragen mich, gegen die Gefahren der Infektion mit dem Syndrom mit Mundschutz ausgerüstet, den ich aber in meiner Panik als Damenstrumpfhosen identifiziere, in ein – zur Beruhigung – abgedunkeltes Krankenfahrzeug, fahren mich auf dem schnellsten Weg nach Österreich und setzen mich, da ich – Schockstarre, eine ganz typische Begleiterscheinung des Paris-Syndroms – meine Adresse nicht anzugeben weiß, zur Sicherheit vor dem Stephansdom ab, quasi der Kirche in dem großen Dorf Österreich. Von da aus, denkt die Organisation, findet er gewiss nach Hause. Die Organisation hat strenge Avis, die Betroffenen immer in die Heimat zu überführen, die bekannte Umgebung, so die These, wirke sofort lindernd und heilend.
Sydow war hinüber zur Theke gegangen. Anna Snozzi hatte sich, nachdem die Stoßzeit vorbei war, mit einer Tasse Tee und einem Stück Schokokuchen auf einen der Barhocker gesetzt und plauderte mit Onkel Dagobert.
Sydow setzte sich neben sie und aß ihr den Kuchen vom Teller. Er überlegte gerade an einer perfiden Bemerkung zu ihrem dicken Bauch und dem Kaloriengehalt auf dem Tresen vor ihr, als seine Großmutter ihm auf die Pfoten haute und das Kuchenstück zurücklegte.
Und keine blöden Sprüche über Annas dicken Bauch, klar?
Dagobert reichte ihr ebenfalls ein Kuchenstück und eine Tasse Kaffee, sie warf zwei Stück Zucker hinein.
Was ist mit David los, sie deutete mit dem Kinn zum Sofa hin, er sieht nicht gerade frisch aus. Und was soll die Stoßstange in meiner Küche.
Ach, verkatert. Bist du sicher, Omi, dass du diesen Kuchen essen möchtest? Ich möchte nichts über deinen Hintern sagen, ich meine, er spricht für sich.
Frederik, sagte sie warnend, geh studieren oder herumlungern, geh einkaufen oder ein Buch lesen. Was immer es ist, tu es nicht hier. Und nimm deinen Freund mit, er braucht frische Luft. Und die Stoßstange.
Sydow warf einen Blick auf David Stanjic, er hatte die leere Tasse neben sich gestellt und den Buddha in die Hand genommen.
Es war schwierig, es ist, Stanjic sprach in eines der großen Lauscheohren, es ist ganz einfach schwierig.
Sie schauten sich an, du hast gut lachen, sagte er, wenn ich so dick wär wie du, würd ich mich auch auf meinen fetten Hintern setzen und den Herrgott einen braven Mann sein lassen.
Wir gehen gleich, sagte Sydow, lass ihn das noch hinter
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