Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
Vom Netzwerk:
vorüber im gestreckten Galopp, was, sagte Stanjic zu Sydow, albern aussieht.
    Dieses Geschunkel mächtiger Wampen und Euter wie anklagende Fingerhandschuhe. Es gibt Tiere, die sind für die schnelle Bewegung nicht gemacht. Nichts im Leben einer Kuh gemahnt zur Eile. Kühe und Buddhas im Galopp, albern. Wohin willst du denn bitte galoppieren? Zur Erleuchtung? Keine Sorge, du kommst früh genug, ohne dich können die dort eh nicht anfangen, calm down.
    Ich? Sydow hob den Kopf von seiner Zeitung, er hatte nur mit halbem Ohr zugehört, er wartete darauf, dass der Katerdrink seine Wirkung tat und Stanjic aus den Pilzen zurückkehrte, von den Kühen, dass Stanjic diese unselige Natur hinter sich ließ und sie sich wieder Glasers kriminellen Machenschaften zuwenden konnten, der Stoßstange und dem roten Auto.
    Buddhi. Stanjic trank noch einen kleinen Schluck Katerdrink und holte dann einen kleinen Buddha aus seiner Hosentasche. Er war etwa zehn Zentimeter hoch und ebenso breit. Trotz seines bedenklichen Übergewichts lachte er fröhlich übers ganze Gesicht.
    Ist das der von Simon?, fragte Sydow, er nahm ihm die kleine Figur aus der Hand.
    Ja sicher, sagt Stanjic, er ließ sich wieder zurücksinken und schloss die Augen.
    Er hatte sich ins totale Abseits manövriert, dabei war er ein geselliger Typ und, rief er, komm ich etwa vom Land?
    Ja, sagte Sydow erstaunt, du kommst aus Österreich.
    Ich komme nicht vom Land, betonte David Stanjic, ich habe nicht die geringste Ahnung vom Land, ich finde sicher wieder zurück, zurück zur Gesellschaft, ich habe mich verrannt, dann renn ich halt wieder zurück, da die Kühe auf der Wiese trampeln alles platt, alle Boviste trampeln sie platt und weg sind sie, die Pilze und die Gedanken darin, verpufft wie ein Fähenfurz.
    Er spürte, und das war ärgerlich: Es war ihm kurz durch die Finger geglitten, ein zarter Leib, und er war zu langsam gewesen, ein Gedanke war vorbeigeschwommen, ein Bindeglied im Aalkostüm und er konnte nur noch hinterherschauen, wie es mit wackelndem Hintern davonschlängelte.
     
    Bindeglieder, sagte Stanjic düster, während er einen weiteren Schluck nahm, haben immer wackelnde Hintern, wenn man ihnen hinterherschaut, das ist ja das Schlimme.
    Er erinnerte noch die kühle und ungeheure Berührung, ein Moment wie das Entwischen von Träumen, wenn der Morgen graut, ein Aufglimmen und schon wieder weg und verschollen in Untiefen, ein Aal, der sich unter Uferböschungen verbirgt, den Hintern einzieht, zwischen Algenwäldern verschwindet, mit morastigen Wassern verschmilzt. Die Ahnung, die Erinnerung, weg waren sie.
    So viel zu den Pilzen, er würde sich hüten, je wieder einen davon zu bemühen.
    So viel zu der mulmigen Vermutung, Kühe verpackten in ihrer schwer analen Phase ihre Exkremente in kleinen Golfbällen und versteckten sie an Wiesenrändern, hockten prustend im Gebüsch und hofften, dass einer käme daraufzutreten. Ein Pilzfreund. Für Kühe wäre das dann ein Heidenspaß, dachte Stanjic, so was finden Kühe witzig. Es war aber nicht mal komisch. Es war eine Metapher und Metaphern gehörten verboten. Metaphern liefen unter der Rubrik: warum einfach, wenns kompliziert auch geht. Gehirne wie Boviste, Golfbälle mit Ahnungen, grausig. Man sollte Metaphern und Wälder großräumig umgehen, dozierte Stanjic, man sollte Wälder generell eher meiden. In Wäldern ist auch zu viel Natur und von Natur halte ich nichts. Er fand, dachte er, ich finde, sagte er abschließend, ich finde Städte ausreichend schön.
     
    Katerdrink trinken, hörte er es dicht neben sich, er öffnete ein Auge und sah Frederik von Sydow, er drückte ihm die Tasse an den Mund und er trank einen Schluck. Vermutlich redete er einen totalen Blödsinn, dachte er, allerdings war er sich nicht sicher, was er tatsächlich von sich gab und was nur durch seinen malträtierten Schädel geisterte. Er war für Alkohol einfach nicht geschaffen, er fühlte sich, während er trank, schon verkatert und anschließend verkatert und zusätzlich betrunken, er wusste nicht, was er dabei gewonnen haben sollte.
    Ich war ins Wohnzimmer gegangen und suchte das Telefon, fuhr er dann fort, ich hielt Ausschau nach Schnüren, ich wollte dich antelefonieren.
     
    Schnüre über Schnüre, er war geduckt über die Dielen gekraucht, ich bin der, der immer übers Parkett kraucht, hatte er gemurmelt. Er hatte zu Zeiten seiner Freundin Klara damals in diesem Österreich eine Menge ihrer Haare gesammelt, sie waren überall,

Weitere Kostenlose Bücher