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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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nicht.
    Meine Güte, bist du lästig.
    Du klingst wie deine Oma, wenn du ihr auf den Wecker gehst, sagte Stanjic.
    Du bist wie ich, wenn ich meiner Oma auf den Wecker gehe, erwiderte Sydow, nur ohne meinen natürlichen Charme und mein gutes Aussehen.
    Da kann ich ja nur lachen. Weißt du eigentlich, wie du in dem Unterhemd und der geblümten Schürze aussiehst?
    Sydow schaute an sich hinunter, das Unterhemd, die geblümte Schürze, ja, weiß ich, sagte er, ich sehe aus wie ein italienischer Macho, wie ein neapolitanischer Automechaniker, der kurz in der Küche zu tun hat, was schrauben, seiner Frau die Nudelmaschine zusammenschrauben. Nachher gehts wieder zu den Autos. Dann gibts Pasta.
    Stanjic grübelte nach einem besonders bissigen Kommentar. Das Blöde war, dass Sydow völlig recht hatte, obwohl er von Autos überhaupt nichts verstand. Er sah gut aus, schwarzes Lockenhaar wie Kumuluswolken, der Feinripp, der sich an seinen athletischen Leib schmiegte, die muskulösen Oberarme –
    Moment mal, sagte Stanjic, er fasste Sydow ins Fleisch, woher kommen denn diese Muckis, der athletische Leib, gehst du neuerdings ins Fitness?
    Sydow winkelte die Arme zur Siegerpose und ließ die Muskeln wurlen, stimmt, sagte er, er beugte sich wieder über seine Kronen, gut, was?
    Du siehst aus wie ein Schrank!
    Na ja, wiegelte Sydow großzügig ab, sagen wir: wie ein Schränkchen.
    Stanjic betrachtete böse die fertigen Kronen, die sehen aber komisch aus, sagte er, muss das so sein?
    David. Geh ein bisschen nach draußen. Bitte.
    Nein.
    Usw.
    Im Dezember hatte David Stanjic Geburtstag, er wurde dreiunddreißig.
    Glaser erinnerte ihn behutsam daran, dass nun für ihn wie für jeden Mann ein entscheidender Dreh- und Angelpunkt erreicht sei. Es sei das Todesjahr des Herrn ein Schicksalsjahr schlechthin im männlichen Werdegang. Entweder, sagte Glaser, man geht dabei drauf, oder aber es gelingt einem, seinem Leben den nötigen Schlenker zu verpassen, den zünftigen Anstoß, der die Glocken zum Läuten bringt. Sonst, er tätschelte Stanjic begütigend die Hand, kannst du dich immer noch auf Ostern freuen, letzter Auftritt.
    Stanjic fand, das klinge ausgesprochen selbst gebastelt.
    Wieso gebastelt, ich bastle nie.
    Doch, sagte Stanjic grantig, ich finde, du bist ein richtiger Bastelwastel. Simon nervte ihn wahnsinnig, diese hausgemachten Theorien immer, sie gingen ihm mächtig auf den Keks, dass er dreiunddreißig wurde, fand er auch nicht gut, er wurde dreiunddreißig, hatte nicht gebaut, nicht gepflanzt und nicht begattet und hatte zu alledem nicht einmal wie Frederik Sydow einen Vater, den das irgendwie kratzte. Sydow fand er im Übrigen auch saublöd, wegen dem ständigen Backen, dem Muskelgeprotze, seiner Haarpracht wie ein romantisches Gewitter und seinem guten Aussehen schlechthin.
    Er feierte explizit nicht.
    Sydow schenkte ihm zehnmal Bestrahlung bei der Lichttherapie, Glaser einen Nähkurs, niemand wusste, warum.

95. Ein Brot mit Hackepeter – ein Omen?

    Was tat sich noch? Wenig. Stanjic sah Katharina Fitzwilliam seltener als erhofft, um genau zu sein gar nicht.
    Ihn wunderte das, immerhin hockte er wie gesagt beinah täglich bei Glaser, alle zwei Tage bestimmt. Er tat es weniger um der Gesellschaft Glasers willen, in ihm blähte sich ein regelrechter Hass auf gegen ihn und seine Verstrickung mit Katharina. Vielmehr besuchte er ihn in der ungenauen Hoffnung, dadurch Katharina regelmäßig zu treffen, aber sie kam selten, nein, eben gar nicht zu Besuch. Oder vielleicht auch immer zweitäglich, einfach mit verkehrtem Rhythmus, jeden zweiten Tag nämlich ging Stanjic zu Sydow, um zu pöbeln einerseits und betrübt zu sein andererseits, ja, um Liebeskummer zu haben. Nicht, dass er Frederik von Sydow auch nur ein Sterbenswort davon gesagt hätte. Er befürchtete, seinen, Sydows, eigenen Bestrebungen hinsichtlich Katharinas damit unnötigen Aufwind zu geben. Er kam also nur, um zu pöbeln.
    Simon Glaser war, wir wissen es bereits, meistens gar nicht zu Hause. Vermutlich, dachte Stanjic vergrämt, während er ohne Glaser in Glasers Wohnung hockte, ist er bei Katharina.
     
    Wieso, sagte Olaf, er lehnte sich zurück und ließ sich ein Brot mit Hackepeter servieren, wieso geht er nicht einfach rüber und klingelt?
    Wieso, fragte ich also Stanjic angelegentlich, bist du nicht einfach rübergegangen und hast bei ihr geklingelt?
    Er schaute mich entgeistert an, ich kam nicht einmal auf den Gedanken!, sagte er. Die Passivität, Leute mit

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