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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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beiden Seiten weiter nach oben wand in den ersten Stock.
    Es böte sich hier eine wundervolle Plattform, die Bilder hinreichend zur Geltung zu bringen, und Sydow verbrachte den dritten Tag vornehmlich auf einer Obstleiter und hämmerte Nägel in die Wände, dass bei David im Zimmer der Putz rieselte und er förmlich sehen konnte, wie die Risse immer größer wurden.
    Und sonst? Wenn man von gewissen internen Spannungen absah, die zu erörtern keiner die geringste Lust verspürte, war es eigentlich sehr behaglich.
    Es regnete. Die Wiesen waren grün und üppig und es war ein stetes Rauschen, ein sanftes Licht, manchmal kamen Rehe, grasten an den Rändern.
    Glaser ging viel spazieren, oft in Begleitung von Katharina. Sie schienen allerhand zu bereden zu haben. Stanjic sah ihnen nach und fragte sich, was. Sich selbst etwas fragen, von dem man keinen blassen Schimmer hat, ist dumm und sinnlos, also ließ er es bleiben, sah ihnen nach. Er fragte sich, welche Stelle Simon Glaser eigentlich hatte, Stellung meinte er natürlich, bei Katharina natürlich, nicht generell, das war ihm egal. Waren sie ein Paar? Wenn ja, dann ein merkwürdiges, sehr – diskret. Sosehr Stanjic auch darauf lauerte und suchte, sie dabei zu ertappen, er sah sie nie beispielsweise herzen oder poussieren, er sah sie nie in einer liebestollen Tändelei, es wirkte alles seltsam nüchtern.
    Waren sie jedoch kein Paar, wieso war Glaser so sehr daran gelegen, ihn, Stanjic, von Katharina abzuschirmen? Oder bildete er sich das womöglich bloß ein? War er schon paranoid?
    Immerhin, nicht wahr, als Glaser gestern spazierte, Sydow im Hofe schrubbte und Katharina Fitzwilliam salonhalber zugange war, nichts und niemand hätte ihn gehindert, in puncto Anbahnung ein paar entscheidende Meter Land zu gewinnen. Hatte er es vielleicht genutzt? Nein. Er war davongesprungen, als wär Springen eine wichtige Disziplin, er hatte behauptet, er würde eine Suppe kochen, und war eher selbst übergekocht. Katharina hatte alleine im Salon gelagert und er hätte gehen können und sagen –
    Ja eben, murmelte Stanjic, hätte. Hätte hätte, er hasste den Konjunktiv, mit all seinen unerreichbaren Möglichkeiten, wieso nutzte er sie nicht? Wieso hockte er im Indikativ fest und tat, als wärs eine Parklücke, aus der man nie wieder herauskam? Eine Parklücke, von allen Seiten zugeparkt und es müsste ein Wunder geschehen oder ein Kran kommen, einen zu heben.
    Du liebe Güte, er tat, als müsse man, und wenn die Welt unterginge, hartnäckig in seinem Auto sitzen bleiben, dabei konnte er einfach aussteigen und zu Fuß gehen. Spazieren gehen zum Beispiel. Er konnte zu Katharina sagen, willst du eine Runde mit mir spazieren gehen.
    Könnte. Berichtigte er sich. Wenn man in einer Parklücke festsitzt, tut man gern so, als bräuchte es ein Wunder. Den Kran. Wenn man einen schwierigen familiären Hintergrund hat, denkt man das gleich noch mehr. Die Sache selbst in die Hand nehmen ist schwierig, wenn man ein paar wichtige Entwicklungsphasen verpasst hat, es hapert dann einfach an der Motorik, sowohl in der Feinmotorik wie in der Grobmotorik, man wünscht sich dann, wie alle Vierjährigen, einen Kran. Dumm gelaufen.
     
    Mein Lektor schaute mich gramvoll an. Weißt du, was mich an dir tierisch aufregt?
    Nein.
    Dass du, kaum hast du von meinen Überlegungen profitiert, alles auf die Spitze treiben musst.
    Ach was, sagte ich, Dr. Huhn hat das auch gesagt.
    Was hat Dr. Huhn gesagt.
    Weißt du was, mach dir doch selbst ein paar Termine mit ihm aus, vielleicht tut dir das eh gut. Alle meine Freunde gehen zu Dr. Huhn.
    Ernsthaft?, sagte er interessiert, wer denn zum Beispiel?
    Darüber breite ich den Mantel des Schweigens. Ich kann dir nur sagen: Der Literaturbetrieb, er wäre ein anderer, gäbe es nicht die helfende Hand des Dr. Huhn.
    Bein , bei Hühnern heißt das Bein .
    Lektoren, ächzte ich, sie rauben mir den letzten Nerv.
    So muss es sein, sagte er und trank behaglich einen Schluck Kaffee.
     
    Aber Dank einem schlauen Plan ist der Mensch, wie alles Lebendige, unterworfen einem steten Wandel, Gott sei Dank ist Veränderung möglich – Mop! Muffin! – und Bewegung eine Freizeitgestaltung, die man, hat man sich erst einmal daran gewöhnt, nie wieder missen möchte.
    Stanjic war vielleicht ein Spätzünder. Vielleicht auch nicht. Es kommt für alles der rechte Augenblick, das hatte er gesagt, als er das Überraschungsei geöffnet hatte, er hatte in dem Moment gewusst, für die Kapsel ist es

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