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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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er sagt, man habe dich auf dem Weihnachtsmarkt gesichtet, singend und auch sonst nicht an Gaben geizend. Du verteilst da, sagt man, kleine Geschenke.
    Ach ja, Sydow setzte eine betrübte Miene auf, was man halt alles so macht, wenn man kein Geld hat.
    Ich finde das toll! Dein Vater übrigens auch. Dass du dein Leben endlich selbst in die Hand nimmst und einmal ans Geldverdienen denkst.
    Was? Ihr Enkel warf den Löffel in die Suppe, ich mache mich da als Weihnachtsmann zum Deppen und du findest das toll, ja? Mein Vater auch, ja? Ihr wollt einen Wicht, einen Niemand, einen Nichts zum Sohn und Enkel, ja, ist es das, was ihr mir sagen wollt?
    Wie bitte, Frederik, gewöhn dir das doch bitte an. Weihnachtsmann ist ein sehr seriöser Beruf, nichts, wofür man sich zu schämen braucht.
    Ja, wenn man ein pensionierter Bartträger ist vielleicht.
    Siehst du mal, es ist also ein Job, in dem man alt werden kann, das gibts nicht oft.
    Bestens, und was mache ich den Rest vom Jahr? Urlaub? Also gut!
    Ach was, dir wird schon noch was einfallen. Die Hauptsache ist doch, dass du begriffen hast, wie der Hase läuft, dass jeder seines Glückes Schmied ist.
    Lass! diese! Sprachversatzstücke!, rief Sydow, das macht mich rasend!
    Apropos Hase, sagte seine Oma, sie wischte ein paar Krümel von der Tischdecke und steckte sie in die Schürzentasche, Ostern hast du doch schon mal sicher, nicht wahr?
    Guter Tipp, ich könnte ja eine Agentur gründen, für die Vermittlung von Festtagsbegleitung.
    Warum nicht? Vielleicht liegt dir so was.
    Omi, ich studiere Germanistik! Neueste Deutsche Literatur ! Das ist nicht mein Fachgebiet!
    Aber welches ist, arbeitsmarkttechnisch gesagt, dein Fachgebiet?
    Die Sprache, die Literatur, das Deutsche ganz allgemein!
    Na, lassen wir das. Was ich wissen wollte, ist, ob du dementsprechend am 24. noch arbeiten musst, das ist doch gewiss dein Hauptarbeitstag.
    Nein, muss ich nicht.
    Nicht? Und warum nicht?
    Weil ich bis dahin gekündigt haben werde, ein Job, den sowohl du als auch mein Vater begrüßen, kann nichts für mich sein, ich habe mich geirrt.
    Sei nicht albern, wir freuen uns einfach, dass du endlich –
    Ihr sollt euch nicht freuen! Das Opageld sollt ihr rausrücken, dann lösen sich alle meine Kalamitäten in Wohlgefallen auf!
    Das Opageld kriegst du erst, wenn du endlich einmal was Sinnvolles machst in deinem Leben!
    Ich studiere! Die deutsche Literatur!
    Was Sinnvolles! Habe ich gesagt!
    Stanjic war immer grünlicher geworden, er legte seine Serviette weg und murmelte was von einem Toilettenbesuch. Konflikte, und wenn sie auch nur an ihm vorbeiflogen, umfassten sein Herz jeweils sofort mit eisernen Klammern, ähnlich einem Weckglas.
    Hiergeblieben! Frau Sydow fasste ihn ins Auge, er ließ sich wieder auf den Stuhl gleiten, schaute trüb in seine Suppe, und was ist mit Ihnen, David?
    Was ist mit mir?
    Was ist mit den Sandwichs?
    Nun ja, ich fahre sie aus, man lernt da die verschiedensten Menschen –
    Hören Sie, das gilt jetzt für meinen Enkel und nicht minder für Sie, in Abwesenheit Ihrer eigenen Großmutter rede ich an ihrer statt: Ab nächstem Jahr möchte ich von Ihnen Nägel mit Köpfen sehen!
    Omi, jammerte Sydow, denk an die Module, die Sprachversatzstücke, die deutsche Sprache ist so reich an schönen –
    Das hilft dir alles nichts, wenn dein Vater dir ab nächstem Jahr die Überweisung streicht.
    Seit wann macht er das?
    Seit heute.
    Hat er dir das am Telefon gesagt.
    Richtig.
    Hast du ihm den Tipp gegeben, hast du ihm gesagt, meinst du nicht, Horstl, es wäre mal an der Zeit, deinem Sohn einen Tritt in den Arsch zu geben?
    Die deutsche Sprache ist schön und reich genug, nicht in die Bredouille zu kommen, solche Vulgaritäten benützen zu müssen.
    Allerwertester sagt man heutzutage nicht mehr.
    Nicht? Wie denn dann?
    Man sagt Derrière, wie damals, als du ein kleines Mädchen warst, zur Zeit der französischen Besatzung, es ist ein Revival, insofern also wieder topmodern.
    Meinetwegen. Ich habe jetzt keine Zeit mehr, mit euch zu plaudern, brav bleiben!
    Frau Sydow zog ab, Stanjic und Sydow löffelten schweigend ihre kalte Suppe.
    Was war das überhaupt, fragte Sydow missmutig, er kippte den Teller und ließ sich den Rest auf den Löffel gleiten.
    Vielleicht Sellerie?, meinte Stanjic.
    Sicher hat meine Oma darum so miese Laune, weil alle Gäste ihr zu ihrer leckeren Topinambursuppe gratulieren, diese Suppe schmeckt nach absolut gar nichts und sieht aus wie Abwaschwasser.
    Und jetzt?,

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