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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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unbescholtenen Spaziergänger wirken.
    Ich kann nicht mehr, sagte David, er nahm die Mütze ab, steckte sie in die Manteltasche, ich finde das auch albern. Alle schlafen. Es ist noch nicht mal richtig hell.
    Im Winter wird es überhaupt nie heller als jetzt, so früh ist es also gar nicht.
    Doch, sehr früh, noch nicht mal Tiere sind unterwegs, kein einziger Vogel.
    Im Winter gibt es keine Vögel.
    So. Und wo sind sie?
    Na im Süden.
    Und die, die nicht in den Süden fliegen? Es kann ja nicht jeder in den Süden fliegen, die Spatzen zum Beispiel –
    Spatzen, sagte Frederik verächtlich.
    Ja, die Spatzen. Wo sind die Vögel im Winter.
    Frederik überlegte, er schaute sich um, in den Himmel. Das Schneefeld. Er schaute hinüber zum Wald. Er hatte völlig recht, kein Vogel weit und breit, er schaute wieder zu David, tot, sagte er. Sie sind alle tot.
    David verschränkte die Arme, so, rief er. Und wie bitte kann es dann sein, dass es im Frühjahr wieder Vögel gibt?
    Ssch! Frederik nahm ihn beschwichtigend am Arm, schaute sich um, das sind die, flüsterte er, die aus dem Süden zurückkommen natürlich.
    Und die Spatzen?
    Spatzen, sagte Frederik verächtlich.
    Ja, die Spatzen! Meisen! Rotkehlchen! Sie fliegen nicht in den Süden und sind im Frühling wieder da. Warum?
    Ssssch! Das ist, flüsterte Frederik, er nahm ihn am Ärmel und packte sich seine Hand fürsorglich unter den Arm, stapfte wieder los Richtung Wald, das ist die alte Frage nach dem Huhn und dem Ei.
    Nein, ist es nicht, David ließ sich widerstrebend mitziehen, damit hat das überhaupt nichts zu tun.
    Doch, Frederik tätschelte seine Hand, schau, sagte er, das Huhn, das Ei, irgendetwas muss einfach auf einmal da gewesen sein, es geht nicht anders, war es das Huhn? Das Ei? Wir wissen es nicht. Plötzlich war es da, wo es vorher nicht da war. Vom Himmel gefallen? Vermutlich. Und genau so ist es mit den Vögeln. Sie sterben im Winter, anders geht es nicht, es ist zu kalt. Nie sieht man sie herumfliegen. Man sieht sie auch nicht herumgehen. Sie sitzen nicht gemütlich in ihren Nestern und schauen fern, sie sind überhaupt nicht an die Stromversorgung angeschlossen. Vögel wohnen auch, ich habe das selbst erst in fortgeschrittenem Alter bitter verstehen müssen, Vögel wohnen ja auch gar nicht in Nestern. Wo sie wohnen? Ich weiß es nicht, überall und nirgends, sie sind Nomaden der Lüfte, sie wohnen in Nestern, wenn sie Kinder haben.
    Ja-ha!
    Ja. Und jetzt, fragst du. Sie sind tot. Im Frühjahr sind sie auf einmal wieder da. Es ist erstaunlich, aber es ist so.
    Ach.
    Ja, sagte Frederik, es ist einfach die Natur. Schwer zu verstehen. Unberechenbar.
    Die armen Spatzen.
    Spatzen, sagte Frederik verächtlich, lieber den Spatz in der Hand, als die –
    Das passt hier überhaupt nicht.
    Doch.
    Was du immer streiten musst, du zerrst mich in aller Herrgottsfrühe aus meinem schönen warmen Bett, wo ich gemütlich mit –
    Keine Details bitte, rief Frederik, er hielt sich die Ohren zu, ich bin in so was sehr sensibel.
    Ich auch!, rief David, hochsensibel! Wenn man mich morgens um sieben aus dem Bett zerrt, nur, um mit mir auf einer verschneiten Wiese zu streiten, strapaziert das mein sensibles Gemüt aufs Äußerste!
    Schrei nicht so, flüsterte Frederik, soll uns jeder hören? Ich habe ein paar wichtige neue Fakten.
    Was für Fakten. In Bezug auf deine Verwandtschaft? Hast du herausgefunden, dass es nie einen Sydow gab? Ist Opa Hartmut eine Erfindung und deine Oma zeugte deinen Vater im Alleingang?
    Wundern würde es mich nicht, wie diese Schnecken, die sich mit den Liebespfeilen selbst begatten.
    Ich frage mich immer noch, wo du das herhast.
    Von Simons Klopapier, ich schwöre.
    Ist auch egal, also?
    Ich habe neue Indizien, in unserem Fall.
    Was für ein Fall.
    Frederik schaute gepeinigt in den Himmel, du hast alles vergessen, nicht wahr? Seit du auf Freiersfüßen wandelst, ist dir alles andere Schnuppe, oder?
    Freiersfüßen, David lachte geschmeichelt, also ich weiß nicht.
    Jetzt reiß dich mal zusammen! Heutzutage wandelt man nicht mehr auf Freiersfüßen! Also: Ich habe unser Muster mitgenommen.
    Du hast was?
    Darb-i-Imam, unser System, die ganzen Kacheln.
    Du hast das Mosaik zerstört, rief David, unsere gesammelten Daten zu Simons Akte –
    Frederik hielt ihm den Mund zu, schh! Wirst du wohl leise sein, wisperte er, nichts habe ich zerstört, ich habe alles abfotografiert und oben im Zimmer mit Loch ausgelegt.
    David befreite sich von Frederiks Hand, warum im

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