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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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den leeren Tassen in die Küche, Stanjic kam mit dem Koffer hinterher, ich denke, wir haben Probe, sagte er.
    Haben wir eben vergessen, kann doch mal vorkommen. Sydow wusch das Geschirr ab und räumte es in den Schrank zurück. Er warf noch einen kontrollierenden Blick auf die Küche und löschte das Licht.
    Und die Dias? Die stecken jetzt in diesen Hülsen.
    Räumen wir zurück ins Buch und hoffen, dass er nichts merkt. Sydow begann, sich den Schal um den Hals zu wickeln. Wo war denn der Diaprojektor.
    Im Schrank, Stanjic ging voraus, im Schlafzimmer.
    Ich denke, du bist im Wohnzimmer darüber gestolpert.
    Ja sicher, nachdem ich ihn aufgebaut habe, nachdem ich ihn entdeckt und aus dem Schrank geholt habe.
    Simon hat gar keinen Schrank.
    In diesem Kleidergestell, hinter dem Vorhang.
    Meinst du, er hat ihn da versteckt? Damit wir ihn nicht finden?
    Siehst du? Jetzt hast du auch Verdacht geschöpft.
    Was für einen Verdacht.

61. Der Detektive Mühen

    Was sollen wir machen? Sydow war mitten auf dem Bürgersteig stehen geblieben, die Passanten kraulten um ihn herum, er war eine Insel der Ruhe im Feierabendverkehr, er starrte Stanjic an.
    Hin-ter-her-fahr-en! David Stanjic steckte das Telefon ein, er hatte, während er auf Frederik Sydow wartete, zur Entspannung bei der Auskunft angerufen. Jetzt drehte er sich zu ihm herum, klingelte bedeutungsvoll mit seinem Schlüsselbund und wartete, bis Sydow sich langsam wieder in Bewegung setzte, mit meinem Au-to!
    Du meinst verfolgen?
    Du übertreibst, Stanjic ließ den Schlüsselbund sinken und sperrte das Auto auf, er warf seine Tasche auf den Rücksitz. Wer redet von verfolgen, wir fahren einfach ein bisschen in der Gegend herum.
    Sydow ging ums Auto, drückte sich eng an die Karosserie und wartete, dass mit der nächsten Phase der Verkehr nachließ. Du willst nicht ein bisschen in der Gegend herumfahren. Du willst ein bisschen dem Glaser hinterherfahren, während er in der Gegend herumgeht.
    Das ist doch praktisch dasselbe, Stanjic setzte sich hinters Steuer, die Hände erwartungsfroh am Lenkrad, Sydow schüttelte den Kopf und stieg ebenfalls ein, schnallte sich an, du willst ihn beschatten, sagte er anklagend.
    Du liest die falschen Bücher, Stanjic startete das Auto und versuchte, aus der Parklücke zu manövrieren, Sydow verschränkte die Arme vor der Brust, schaute sich dieses Gewerke an, heutzutage, sagte er, kann man schon froh sein, wenn man überhaupt liest, habe ich neulich gelesen, das Lesen, es gehört zu den bedrohten Tierarten.
    Wie die Frauen, sagte Stanjic, er hatte sich gereckt und spähte über die Motorhaube, fuhr vorsichtig nah an das vor ihm stehende Auto heran und schob es, mit seiner Stoßstange zärtlich in den Po stupsend, ruckelnd nach vorn.
    Genau, sagte Sydow, jedenfalls finde ich das gemein.
    Stanjic legte den Rückwärtsgang ein und legte den Arm um die Lehne des Beifahrersitzes, drehte sich nach hinten und stoßstängelte sich auch nach hinten eine gewisse Ellbogenfreiheit. Er wartete ein paar Autos ab und kurvte elegant aus der Parklücke, fädelte sich geschmeidig in den Verkehr ein, na, sagte er, da staunt der Laie, oder was! Das ist Ausparken, oder nicht!
    Wie stellst du dir das überhaupt vor. Dass Simon zum Beispiel zum Grunewald spaziert und du immer im Schneckentempo hinterdrein? Mit einem Farn auf dem Autodach, zur Tarnung? Dass er zu Bolle geht und du versteckst dich mit dem Auto hinter den Keksregalen? Überhaupt, was, denkst du, könntest du denn herausfinden? Welchen Fruchtjoghurt er isst? Das ist doch lächerlich. Bei Bolle, beispielsweise als Milkakuh verkleidet.
    Jetzt fahren wir erst einmal zu Simon, sagte Stanjic, er ließ das Auto aufjaulen, pardon, sagte er, er schaltete einen Gang herauf, dann stellen wir den Wagen –
    Den Wagen, jammerte Sydow, siehst du, du redest haargenau wie die Leute in den schlechten Büchern, wir in der Seminargruppe für Ultraneue Deutsche Literatur können da nur mehr weinen.
    Ach was, sagte Stanjic, dann also stellen wir den Wagen an die Ecke, in der Seitenstraße, da haben wir den Hauseingang gut im Blick.
    Und dann?
    Dann warten wir.
    Wieso?
    Weil man das so macht.
    Wer macht das wo so.
    Die in den falschen Büchern.
    Ach. Und warum wissen wir das?
    Du hast doch selbst gerade gesagt, das Lesen stirbt aus. Ich bin in einer Rettungsmannschaft, so was wie Greenpeace, was können denn die armen Bücher dafür, dass sie so schlecht sind, soll man sie deswegen verrecken lassen? Einer muss sich doch

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