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Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Titel: Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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Sie nur zu rufen.«
    »Dass ich dich brauchen werde, ist sehr unwahrscheinlich.«
    »Aber vielleicht ja doch.«
    »In dem Fall werde ich rufen. Lass uns jetzt bitte allein.«
    Seufzend entfernte sich Miss Thorn. Der Meister kam näher, um sie zu begrüßen. Er war ein kleiner, untersetzter Mann mittleren Alters mit großem Kopf und einer Hornbrille, und er wirkte abgespannt.
    »Freut mich, Sie kennen zu lernen«, sagte er; in seiner Stimme klang ein Hauch von Cockney mit. »Ich nehme an, dass Sie etwas aus meiner Orestiade hören möchten. Kann einer von Ihnen singen?«
    »An mich können Sie sich bestimmt erinnern?«, fragte Adam verärgert.
    »Ach ja, Langley . Natürlich. Wie dumm von mir. Wechseln Sie an die Metropolitan? Unser Land ist im Moment dabei, all seine Sänger zu verlieren … Nun gut, wenn Sie möchten, werde ich Ihnen den zweiten Akt aus dem Agamemnon vorspielen. Das wird Ihnen einen Eindruck vom Gesamtwerk vermitteln.«
    »Das hier ist Professor Fen aus Oxford.«
    »Sehr angenehm. Sehr fortschrittlich von der Metropolitan Opera, einen gebildeten Mann zu ihrem Unterhändler zu berufen.«
    »Nein, nein … Professor Fen hat mit der Metropolitan nichts zu tun.«
    »Beatrix hat ausdrücklich gesagt …«
    »Das war eine Notlüge«, erklärte Adam. »Sie wollte uns zunächst nicht hereinlassen.«
    »Wundert mich gar nicht«, sagte der Meister; und fügte dann, als er offenbar fühlte, dass das ein wenig unhöflich klang, hinzu: »Ich wollte damit nur sagen, dass sie die meisten Leute für gewöhnlich abwimmelt.« Er war zum Fenster hinübergegangen und betrachtete Lily Christine. »Was für ein hübsches kleines Auto. Ich wünschte«, sagte er wehmütig, »ich hätte so ein hübsches kleines Auto wie das da.«
    »Wenn Sie wirklich eins möchten, könnten Sie ganz bestimmt eins kaufen.«
    »Nein. Beatrix würde das nicht zulassen. Sie ist sehr darauf bedacht, mich vor Lärm abzuschirmen. Wissen Sie, die Leute schleichen im Haus herum, als läge ich im Sterben. Nach einer Weile geht einem das ganz schön auf die Nerven … Aber setzen Sie sich doch, falls Sie irgendwo ein Plätzchen finden.«
    Im Augenblick stellte das ein Problem dar, denn das Zimmer war nicht bloß unaufgeräumt, es versank im Chaos. Den meisten Raum nahm ein Steinway-Flügel ein, und auf jeder erdenklichen Ablagemöglichkeit stapelte sich Notenpapier. Hinten am Fenster befand sich ein hölzernes Stehpult, an dem der Meister beim Komponieren stand. Unmengen von welken exotischen Blumen quollen aus Blumenvasen hervor, und an der Wand war eine schief aufgehängte Fotografie von Beatrix Thorn und dem Meister zu sehen, wie sie sich etwas verlegen anblickten. Fen und Adam räumten zwei Sessel frei, um sich zu setzen. Der Meister schritt auf und ab.
    »Die Wahrheit ist, dass ich die Kontrolle vollkommen verloren habe«, sagte er. »Beatrix will nicht, dass ich mich mit Fragen der Haushaltsführung belaste, und so habe ich keine Ahnung, was vor sich geht. Zum Beispiel« – verwirrt schüttelte er den Kopf – »scheint es hier eine ganze Anzahl von Dienstmädchen zu geben. Und jedes Mal, wenn ich einer von ihnen begegne, sieht sie vollkommen verheult aus oder ist gerade dabei, zu weinen. Ich dachte immer, Beatrix sei dafür verantwortlich, doch vor kurzem habe ich herausgefunden, dass es an Gabriel liegt, meinem Privatsekretär, der eine Vorliebe für das andere Geschlecht hat. Ich habe wirklich keine Vorstellung davon«, fügte er offenherzig hinzu, »was er mit ihnen anstellt … Nebenbei gefragt, hat Ihr Besuch einen bestimmten Anlass?«
    »Ja«, sagte Adam. »Es geht um Ihren Bruder.«
    »Ach ja, Edwin.« Der Meister war nicht gerade begeistert. »Und was macht der Gute so?«
    »Sie müssen doch erfahren haben, dass er tot ist.«
    »Stimmt«, sagte der Meister, und sein Gesicht hellte sich auf. »Ich habe heute Morgen ein Telegramm bekommen. Ja, ja. Wann ist die Beerdigung? Ich glaube jedoch nicht, dass ich hingehen werde.«
    »Man geht davon aus, dass er ermordet wurde.«
    Der Meister runzelte die Stirn. »Ermordet? Was für ein außergewöhnlicher Zufall.«
    »Was meinen Sie damit – Zufall?«
    »Ich werde Ihnen was verraten« – der Meister lehnte sich verschwörerisch zu ihnen hinüber – »vorausgesetzt, Sie behalten es für sich.«
    »Ja?«, fragte Fen. So viel Kaltblütigkeit schien ihn zu verblüffen.
    »Ich hatte schon ernsthaft darüber nachgedacht, Edwin selbst umzubringen.«
    Entgeistert starrte Adam ihn an. »Das kann nicht

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