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Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Titel: Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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Ihr Ernst sein.«
    »Selbstverständlich«, räumte der Meister ein, »musste ich das Für uns Wider gegeneinander abwägen.« Fen murmelte etwas Unverständliches und zündete sich hastig eine Zigarette an. »Die Frage war, was mir bei meiner Inszenierung der Orestiade am nützlichsten sein würde – Edwins Stimme oder sein Geld? Ich kann nicht behaupten, dass die Wahl mir leicht gefallen wäre. Edwin war ein ausgezeichneter Sänger – ausgezeichnet. Auf eine gewisse Weise schien es eine Schande, ihn opfern zu müssen. Aber« – der Meister machte eine Handbewegung als einfache Geste der Resignation – »manchmal muss man Prioritäten setzen. Und schließlich hatte er dieses Dilemma niemandem als sich selbst zuzuschreiben. Hätte er von sich aus angeboten, die Orestiade zu finanzieren, wäre es selbstverständlich gar nicht erst so weit gekommen.«
    »Sie verspürten« – Adam drückte sich sehr vorsichtig aus – »überhaupt keine Skrupel?«
    »Nun ja«, gab der Meister großmütig zu, »natürlich ist man zunächst ein wenig von der Rolle, wenn sich eine derartige Notlage ergibt. Und ich gebe zu, dass ich es, als es soweit war, nicht übers Herz brachte. Ich habe die Angelegenheit vertagt – aus reiner moralischer Feigheit, das muss ich leider zugeben. Jetzt kann ich mir das nur schwerlich verzeihen. Immerhin hat sich am Ende alles zum Guten gewendet. Es gibt im Leben doch eine Vorsehung, die über uns wacht, so wie ich es immer gesagt habe.« Und er hob den Blick zur Decke, so als erwarte er, dort tatsächlich einen freundlichen Geist bei seiner Arbeit als Schutzengel beobachten zu können.
    »Und was genau«, fragte Fen in gepresstem, unnatürlich wirkendem Tonfall, »hatten Sie geplant?«
    »Ich hatte die Sache mit einiger Sorgfalt vorbereitet«, sagte der Meister. Er wies mit einer Kopfbewegung auf eine Reihe von Detektivromanen und kriminologischen Sachbüchern, die auf einem Regal standen. »An ein solches Vorhaben sollte man keinesfalls wie ein Amateur herangehen – sonst findet die Polizei am Ende noch heraus, was passiert ist. Zum Beispiel scheint es so zu sein, dass man mit seinen Fingerspitzen ganz eindeutige Spuren auf bestimmten Materialien und Oberflächen hinterlässt – ein höchst interessantes Phänomen … Wie dem auch sei, ich werde Sie nicht mit der Aufzählung meiner vorbereitenden Recherchen langweilen. Mein erster Schritt bestand darin, dass ich Edwin gestern eine Nachricht zukommen ließ, in der ich ihn darum bat, sich am Abend im Opernhaus mit mir zu treffen. Ich dachte mir«, erläuterte der Meister, »dass dieser Schauplatz weit weniger öffentlich wäre als sein Hotel.«
    »Aber eine solche Verabredung fand er doch sicherlich sehr merkwürdig?«
    »Ach, du meine Güte.« Der Meister schien erschrocken. »Daran hatte ich gar nicht gedacht. Vielleicht war dem so. Es ist natürlich vorstellbar, dass er nie dort erschien. Jedenfalls hat er meinen Brief nicht beantwortet.«
    »Sie haben ihn also nicht getroffen?«
    »Nein. Wie ich Ihnen schon sagte, verließ mich der Mut. Beatrix und ich fuhren gegen neun Uhr mit dem Vauxhall von hier ab – ein riesiger, schnurrender Wagen«, informierte der Meister sie betrübt, »der längst nicht so schnittig ist wie das hübsche kleine Auto, das Sie besitzen. Ich glaube, wir kamen etwa gegen halb elf in Oxford an. In dem Moment verließ mich der Mut. Zusammen mit einem Freund von mir gingen wir ins ›Mace and Sceptre‹ und tranken einen Kaffee. Gegen Mitternacht brachen wir von dort auf und kamen hierher zurück.«
    »Waren Sie und Miss Thorn die ganze Zeit zusammen?«
    »Ich denke schon«, erwiderte der Meister unschlüssig, »ich weiß nicht, ob ich mich noch genau erinnern kann … Ich habe so das Gefühl, als hätten Beatrix und ich uns an einem bestimmten Punkt des Abends aus den Augen verloren; und um ehrlich zu sein« – er dämpfte seine Stimme zu einem zögerlichen Flüstern und linste verstohlen zur Tür hinüber – »tat es mir nicht besonders leid darum. Aber das ist eine andere Geschichte.«
    Fen seufzte und scharrte mit den Füßen. »Wie heißt Ihr Freund?«
    »Wilkes«, sagte der Meister. »Ein überaus charmanter Kerl. Wenn Sie je nach Oxford kommen, sollten Sie ihn unbedingt besuchen.«
    » Wilkes «, wiederholte Fen, zutiefst von Abscheu erfüllt. Mit einem schlangenartigen Zischen stieß er die Luft aus. »Ich kenne ihn.«
    »Vortrefflicher Kerl, vortrefflich.«
    »Und wie« – Fen zögerte beschämt – »wie wollten

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