Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)
nicht vergiftet worden sein konnte, bevor er aufs Zimmer gebracht wurde, und beließ es dann dabei.
»Gütiger Gott«, rief er entmutigt, als sie wieder in der Eingangshalle standen. »Oder, um einen Ausdruck eines berühmten Kollegen aus dem Kriegsministerium zu zitieren: Verflucht! Welche anderen Möglichkeiten haben wir noch?« Er überlegte. »Wo genau im Hotel liegen die Zimmer der anderen, die etwas mit dem Opernhaus zu tun haben?«
»Peacock wohnt auf dem selben Gang wie wir, nur ein paar Türen weiter«, sagte Adam. »Und Joan wohnt ein Stockwerk darüber, John Barfield eines darunter – glaube ich zumindest. Aber wir können ja einen Blick auf die Zimmerbelegung werfen.«
Sie gingen zur Rezeption hinüber und studierten die Liste der Namen und Zimmernummern, die dort auslag.
»Ja«, sagte Adam. »Erster Stock.«
»Darüber hinaus«, warf Fen dazwischen, »hatte es aufgrund dieser verflixt informativen Einrichtung niemand nötig, sich nach eurer Zimmernummer zu erkundigen – was uns eine Art von Hinweis hätte liefern können … Also, dann werde ich mich wohl besser an den Hoteldirektor wenden um sicherzustellen, dass das Teegeschirr nicht verschwindet.«
»Sollten wir nicht die Polizei informieren?«
»Vielleicht ist Mudge in der Oper. Wenn nicht, werden wir ihn von dort aus anrufen. Jetzt müssen wir zunächst herausfinden, wo sich unsere verschiedenen Verdächtigen um kurz vor fünf aufgehalten haben.«
»Charles Shorthouse und die Thorn können wir ausschließen, nicht wahr?«
»Nein, das finde ich nicht. Vergiss nicht, dass wir bei der Instandsetzung von Lily Christine eine halbe Stunde in Wycombe verloren haben, und dass es von Amersham nach Oxford noch eine andere Strecke gibt, über Missenden und Aylesbury. Sie könnten problemlos vor uns hier eingetroffen sein … Ridley«, rief er zum Portier hinüber, »kennst du Charles Shorthouse, dem Aussehen nach?«
Ridley, ein dünner, qualifiziert aussehender älterer Mann in einer blauen, mit Tressen besetzten Livree, winkte ab. »Ich glaube nicht, Sir. Höchstens Mr. Edwin Shorthouse.«
Fen seufzte. »Seht ihr? Natürlich könnte der Kellner, der ihn gestern Abend bedient hat, ihn heute Nachmittag hier gesehen haben … Ridley, ist der Kellner irgendwo in der Nähe, der gestern Abend ab halb elf in der Lounge gearbeitet hat?«
Der Portier konsultierte eine Art Dienstplan. »McNeill. Leider nicht, Sir. Heute ist sein freier Nachmittag. Er ist bestimmt ins Kino gegangen.«
»Ach du grüne Neune«, sagte Fen angewidert. »Ich fürchte, dann können wir im Moment nichts weiter tun. Ich spreche nur schnell mit dem Hoteldirektor, und dann können wir gehen.«
Kapitel 14
Als sie bei der Probe eintrafen, war diese an einem Punkt heillosen Durcheinanders angelangt, das unweigerlich in völligem Stillstand enden würde. Sie war ganz überraschend für fünf Uhr angesetzt worden; und da die meisten der Beteiligten davon ausgegangen waren, dass an jenem Tag keine Proben stattfinden würden und sich deswegen auf die Suche nach den Vergnügungen gemacht hatten, die Oxford an einem Nachmittag unter der Woche bereithält, klafften in der Besetzung erhebliche Lücken. Es gestaltete sich schwierig, wirkliche Fortschritte zu machen. Immerhin war der neue Sachs – ein fähiger Sänger, den Adam kannte und mochte – bemerkenswert schnell erschienen. Weil etwa ein Drittel des Orchesters abwesend war, führte Rutherston ihn in die Bewegungen ein, die er auf der Bühne zu machen hatte. Die restlichen zwei Drittel des Orchesters sowie der Chor und einige der Hauptdarsteller saßen mit Grabesmiene herum und verfluchten im Stillen Peacock, der ihnen untersagt hatte, nach Hause zu gehen mit der Begründung, die fehlenden Mitglieder von Besetzung und Orchester könnten noch eintreffen und ihnen so wenigstens eine Stunde der Probenarbeit ermöglichen. Adam war der Ansicht, dass Peacock durchaus Recht hatte, zog man in Betracht, dass die Premiere in weniger als einer Woche stattfinden sollte.
Im Zuschauerraum brannten nur wenige Lichter, trotzdem konnte man die Kassettendecke und den weißen Balkon des zweiten Ranges gut erkennen, in dessen Mitte eine beleuchtete Uhr eingelassen war. Zu beiden Seiten erstreckten sich Logen in strengem, beinahe sterilen Design mit blauen Samtvorhängen und gedämpfter Beleuchtung, während sich auf einem Wappen über dem stuckverzierten Proszeniumsbogen zwei junge Damen rekelten, spärlich bekleidet, anzüglich kurvig und mit
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