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Schwanengesang (German Edition)

Schwanengesang (German Edition)

Titel: Schwanengesang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Hoppert
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hat.«
    Marc brauchte mehrere Sekunden, bis er die Information verarbeitet hatte. Und dann meinte er zu begreifen: Gabriel war nicht tot! Als er in die Kanzlei zurückgelaufen war, hatte er nur Gabriels Kopf und Oberkörper inmitten einer großen Blutlache auf dem Schreibtisch liegen sehen. Natürlich war er aufgrund des Blutes und des Einschussloches an seiner rechten Schläfe davon ausgegangen, dass Gabriel nicht mehr lebte. Aber irgendwie musste es den Ärzten gelungen sein, sein Leben zu retten. Aber wen hatten sie dann beerdigt? Und wo war Gabriel jetzt? Vielleicht befand er sich ja an einem geheimen Ort in einem Zeugenschutzprogramm. Aber vor wem musste er geschützt werden? Und warum?
    Marc starrte Weskamp an. »Wo ist er?«, wollte er wissen.
    Weskamp starrte mit ausdruckslosem Gesicht zurück. »Wo ist wer?«
    »Gabriel! Sie sagten, er habe sich nicht erschossen.«
    Weskamps Augen wurden schmal, als habe er Schwierigkeiten, Marc bei seinen Gedankengängen zu folgen. Doch dann schlug er sich mit der flachen Hand vor die Stirn. »Oh, das war ein Missverständnis«, beteuerte er. »Als ich gesagt habe, Herr Wagner habe sich nicht erschossen, wollte ich damit nicht zum Ausdruck bringen, dass er noch lebt. Nein, Herr Wagner war leider sofort tot, nachdem er die Kugel in den Kopf bekommen hat. Was ich sagen wollte, ist, dass er keinen Selbstmord begangen hat. Er wurde erschossen.«
    Marc kam sich langsam vor wie in einem Kafka-Roman und brauchte mehrere Sekunden, bis er wieder etwas sagen konnte. »Aber wie kann das sein? Gabriel war doch maximal eine halbe Minute allein. Als ich den Schuss gehört habe, bin ich sofort wieder hochgelaufen. Außer Gabriel war niemand im Zimmer. Ich bin zwar nur ein Laie, aber ich kann einen aufgesetzten Schuss erkennen, wenn ich einen sehe. Die Pistole lag neben Gabriel auf dem Boden. Und er war eindeutig lebensmüde.«
    Weskamp hatte zu jedem von Marcs Worten genickt. »Aufgrund der scheinbar eindeutigen Auffindesituation der Leiche und Ihrer Schilderung des Gesprächs mit Herrn Wagner sind wir ja auch zunächst von einem Selbstmord ausgegangen. Bis wir festgestellt haben, dass sich an seiner Hand keinerlei frische Schmauchspuren befanden. Und die müssten vorhanden gewesen sein, wenn er selbst den tödlichen Schuss abgegeben hätte. Außerdem haben wir auf der Tatwaffe, die neben Herrn Wagner auf dem Boden lag, keine Fingerabdrücke gefunden. Wie ich schon sagte, hat die Kugel zum sofortigen Tod geführt, er kann die Waffe hinterher also nicht mehr abgewischt haben.«
    Marc war wie vor den Kopf geschlagen. Aber dann musste er sich eingestehen, dass das, was Weskamp ihm gerade mitgeteilt hatte, ins Bild passte. Marc hatte sich von Anfang an gewundert, warum Gabriel zwei Pistolen besessen haben sollte. »Aber wie kann der Mörder es geschafft haben, Gabriel zu töten?«, erkundigte sich Marc. »Niemand hatte Zeit, in die Kanzlei zu kommen und Gabriel zu erschießen, nachdem ich ihn verlassen hatte.«
    »Deshalb vermuten wir auch, dass der Mörder sich während Ihres Gesprächs mit Herrn Wagner bereits in der Kanzlei aufgehalten hat. Unmittelbar an sein Büro schließt eine kleine Küche an. Dort könnte der Mörder sich problemlos versteckt haben. Nach dem tödlichen Schuss hat er die Kanzlei verlassen und ist in das oberste Stockwerk gegangen. Irgendwann konnte er in dem allgemeinen Trubel untertauchen und verschwinden. Schließlich ist damals noch jeder davon ausgegangen, dass Herr Wagner sich selbst getötet hat. Haben Sie niemanden bemerkt?«
    Marc spürte Übelkeit in sich aufsteigen. Auf einmal wurde ihm bewusst, in welcher Gefahr auch er geschwebt hatte. »Nein, niemanden«, sagte er. »Aber Gabriel muss doch gewusst haben, dass der Mörder sich im Nebenraum aufhält. So groß ist das Büro schließlich nicht. Warum hat er sich nicht gewehrt? Er hatte doch auch eine Waffe, bis er sie mir gegeben hat. Und warum hat er mich nicht gewarnt?«
    »Die Waffe, die Herr Wagner Ihnen gegeben hat, war nicht geladen. Er hätte also keine Chance gehabt, sich gegen seinen Mörder zu verteidigen. Und er hat Sie vermutlich nicht gewarnt, weil er Ihr Leben nicht auch noch gefährden wollte.«
    Das hörte sich plausibel an. »Bleibt nur noch eine Frage: Wer ist der Täter?«
    Weskamp richtete den Zeigefinger wie eine Pistole auf Marc. »Genau das ist die Millionenfrage, Herr Hagen.«

46
    Als Marc nach Hause kam, fühlte er sich wie erschlagen. Und das einen Tag, bevor Melanie und Lizzy

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