Schwanengesang (German Edition)
wusste. Und sie hat mir von ihrer Ehe mit Gabriel berichtet. Dass man um seine Beziehung kämpfen muss, wenn man sich noch liebt, zumindest bis zu dem Punkt, an dem gar nichts mehr geht. Sie hat gemeint, dass dieser Punkt bei uns noch lange nicht erreicht sei. Ich habe gründlich darüber nachgedacht und schließlich musste ich ihr zustimmen. Vor allem habe ich eingesehen, dass auch ich viele Fehler gemacht und oft überreagiert habe.«
»Und Lizzy will auch zurück?«
»Sie war ganz aus dem Häuschen, als ich sie gefragt habe, ob wir wieder zu dir ziehen wollen. Sie hat dich in der ganzen Zeit sehr vermisst. Davon abgesehen habe ich aber auch irgendwie das Gefühl, dass sie Bea auf den Tod nicht ausstehen kann.«
»Da musst du dich irren«, erwiderte Marc mit ernstem Gesicht. »Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es auf dieser Welt auch nur einen Menschen gibt, der Bea nicht mag.« Er spürte eine Welle der Freude und Rührung in sich aufsteigen, versuchte aber, sich das nicht anmerken zu lassen. »Allerdings muss ich dich enttäuschen, falls du beabsichtigen solltest, nur wegen des Vermächtnisses von Johanna Reichert zu mir zurückzukommen«, fuhr er deshalb fort. »Die fünfhunderttausend Euro sind futsch.«
Marc sah, dass Melanie zu einer wütenden Entgegnung ansetzen wollte. »Ein Scherz«, versicherte er schnell. »Aber im Ergebnis stimmt es: Das Geld werden wir nie bekommen.«
»Ich möchte mit diesem Geld auch nichts zu tun haben, Marc«, gab Melanie zurück. »Das ist Blutgeld.« Sie strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. »Ist der Fall denn jetzt endgültig abgeschlossen?«
Marc zögerte. Er hatte am Vormittag einen Anruf von Kriminalhauptkommissar Weskamp erhalten, der ihn gebeten hatte, in der nächsten Woche im Polizeipräsidium an der Kurt-Schumacher-Straße zu erscheinen. Auch auf mehrfache Nachfrage war es Marc nicht gelungen, Weskamp den Grund für diese Einladung zu entlocken.
Daher musste er Melanie gegenüber jetzt auch kein schlechtes Gewissen haben, als er antwortete: »Davon gehe ich aus, ja. Etwas Gegenteiliges ist mir zumindest nicht bekannt.«
»Ich hoffe so sehr, dass die Sache jetzt endlich ausgestanden ist«, sagte Melanie. »Das mit Gabriel tut mir natürlich leid. Obwohl …«
»Obwohl was?«
»Obwohl sich am Ende herausgestellt hat, dass ich nicht ganz unrecht hatte, was seinen Charakter angeht. Er war bereit, dich jahrelang ins Gefängnis zu schicken und unsere Beziehung zu zerstören, um seinen Kopf aus der Schlinge dieser Geldeintreiber zu ziehen.«
»Gabriel war sicherlich ein Mensch mit großen Schwächen«, erwiderte Marc. »Aber er hatte auch seine guten Seiten. In den zwanzig Jahren, die ich ihn kannte …«
»Ich verstehe nicht, warum du ihn immer noch verteidigst«, fiel Melanie ihm wütend ins Wort. »Er hat sich wie ein Schwein benommen.«
Marc wollte schon zu einer Entgegnung ansetzen, merkte dann aber, dass eine Fortsetzung der Diskussion nur in einem weiteren Krach enden würde. »Lass uns das Thema einfach vergessen«, schlug er daher vor. »Wir streiten uns über vergangene Zeiten. Das bringt uns nicht weiter.«
Melanie brauchte eine Weile, um zu antworten. »Ja«, sagte sie dann und griff nach Marcs Hand. »Am liebsten wäre es mir, wenn wir unsere Beziehung an dem Tag, bevor du Heinen getroffen hast, wieder aufnehmen könnten und alles, was danach geschehen ist, einfach vergessen. Meinst du, wir schaffen das?«
Marc musste unwillkürlich lächeln. Genauso waren die Dallas -Produzenten vorgegangen: Die gesamte neunte Staffel wurde zu einem schrecklichen Albtraum Pams erklärt, damit Bobby nach seinem Tod aufgrund der sinkenden Zuschauerquoten wieder in die Serie eingebaut werden konnte. Und dann setzte man einfach am Ende der achten Staffel an, als hätte es die einunddreißig Folgen der neunten Staffel nie gegeben. Vielleicht konnte es im wirklichen Leben ja genauso funktionieren. Allerdings war es ab da mit der Qualität der Serie merklich bergab gegangen. Marc hoffte, dass das für Melanie und ihn kein schlechtes Omen war. Trotzdem: Versuchen mussten sie es. Nur eines würde nie wieder so sein wie vorher: Gabriel war tot und nichts und niemand würde ihn zurückbringen. Marc musste erneut lächeln. Es sei denn, man war Drehbuchschreiber von Dallas . Immerhin hatten die es auch geschafft, nach J. R.s offensichtlichem Selbstmord in der 356. Folge Jahre später noch ein Special, eine 357. Folge mit dem Titel J. R. kehrt
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