Schwanengesang (German Edition)
Zwanzigeuroschein aus seinem Portemonnaie, den er anschließend an den Fahrer weitergab. »Ich verlass mich darauf, dass Sie die beiden wohlbehalten abliefern, und zwar im Haus.«
Der Taxifahrer drehte sich zur Rückbank um. »Die Dicke kann ich aber nicht allein tragen«, sagte er.
Marc gab ihm einen weiteren Schein. »Sie können«, sagte er. »Außerdem ist Bea nicht dick, sie hat nur schwere Knochen. Ich hab mir übrigens Ihre Nummer gemerkt.«
Der Fahrer warf einen Blick auf den Schein, dann tippte er sich gegen eine imaginäre Mütze auf seinem Kopf. »Wird gemacht, Meister.«
Marc sah dem Taxi hinterher, bis es um die nächste Kurve verschwunden war, dann kehrte er in sein Schlafzimmer zurück. Dort sah er auf die Uhr: 3.16 Uhr. Wie sollte er die Nacht nur überstehen? Er war froh, dass er nach der Aufregung des Tages überhaupt hatte einschlafen können. Dass er das noch einmal schaffen würde, war eher unwahrscheinlich. Na ja, einen Versuch war es immerhin wert. Marc knipste das Licht seiner Nachttischlampe aus, dann legte er sich auf den Rücken und starrte gegen die Zimmerdecke. Aber sofort waren die dunklen Gedanken wieder da. Wer hatte Gabriel erschossen? Was hatte Gabriel ihm mit seinen letzten Worten sagen wollen? Warum sollte er an die letzte Dallas -Folge denken? Warum würde er dann alles verstehen? Marc versuchte, sich an die Folge zu erinnern, über die er schon mit Julia auf der Beerdigung gesprochen hatte. Aber ihm fiel nichts auf, was ihm einen Hinweis auf den Mörder hätte liefern können. Marc war kurz davor, wieder einzuschlafen, als ein Gedanke seinen Kopf durchzuckte: Du bist bei der falschen Folge! Während seines Gespräches mit Melanie in dem Café hatte er doch selbst daran gedacht: Nach der letzten Folge der vierzehnten und letzten Staffel, hatte es noch ein Special, eine 357. Folge mit dem Titel J. R. kehrt zurück, gegeben. Und jetzt fiel ihm auch wieder ein, dass Gabriel bei ihrem letzten Gespräch sogar ausdrücklich auf diese Folge angespielt hatte, als er erwähnt hatte, J. R. sei von den Toten wiederauferstanden.
Aber als Marc sich den Inhalt der 357. Folge ins Gedächtnis rief, brachte ihm das keinerlei neue Erkenntnisse: Angeblich hatte J. R. am Ende der vierzehnten Staffel nicht auf sich, sondern nur auf sein Spiegelbild geschossen. Gleich am nächsten Tag war er nach Europa geflogen, wo er die nächsten fünf Jahre verbracht und seinen Rachefeldzug geplant hatte. Nach seiner Rückkehr nach Dallas versuchte J. R., die Kontrolle über Ewing-Oil von Cliff Barnes zurückzugewinnen. Dazu gab es die üblichen Ränke- und Intrigenspiele auf Southfork.
Nichts, was ihm weiterhelfen konnte, Gabriels Mörder zu finden. Es sei denn … Konnte das wirklich sein? Er dachte eine Weile über seinen Geistesblitz nach. Nein, eigentlich war es unmöglich, aber es gab eine sichere Methode, seinen Verdacht zu überprüfen. Und dann würde er vielleicht den Beweis haben, der Gabriels Mörder überführen würde.
48
Eine Woche später packte Marc eine große Reisetasche in den Kofferraum seines Golf, verabschiedete sich mit einem Kuss von Melanie und machte sich auf den Weg in Richtung Süden. Kurz hinter Freiburg verließ er die A5 und passierte die französische Grenze in der Nähe von Mulhouse. Dann folgte er der Beschilderung nach Lyon und übernachtete in der Nähe von Valence. Am nächsten Morgen setzte er seine Fahrt fort und verließ die A7, die Autoroute du Soleil, bei der Ausfahrt Orange-Süd. Von dort aus steuerte er seinen Golf wieder gen Norden durch eine liebliche Landschaft, vorbei an Weinbergen, Olivenhainen und Kirschgärten. Irgendwann erreichte er das Dorf Beaumes-de-Venise, danach auf einer kurvigen, ständig ansteigenden Straße den Weiler Lafare, wo er nach rechts in Richtung La Rocque Alric abbog. Etwa zwei Kilometer vor dem Ort parkte er sein Auto bei einigen Müllcontainern und stieg aus. Er streckte die steifen Glieder und sah sich um. Irgendwo hier musste das Haus sein, wenn die Wegbeschreibung stimmte. Allerdings hatte er nicht die geringste Ahnung, ob er dort auch die Person antreffen würde, die er zu finden hoffte.
Marc ging ein paar Meter die Straße entlang. Der schwarze Asphalt reflektierte das weiße Sonnenlicht, das von einem wolkenlosen blauen Himmel auf ihn herunterbrannte, und nur ein leichter Wind machte die Hitze halbwegs erträglich. Nach etwa fünfzig Metern entdeckte Marc eine versteckte Einfahrt, die einen Hang hinaufführte. Er folgte
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