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Schwanengesang (German Edition)

Schwanengesang (German Edition)

Titel: Schwanengesang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Hoppert
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die Ihnen gehörenden Sachen zu durchsuchen, da nach den bisherigen Ermittlungen zu vermuten ist, dass dies zur Auffindung weiterer Beweismittel im Mordfall Johanna Reichert führen wird.«
    Er reichte Marc ein Blatt Papier. »In diesem Zusammenhang weise ich Sie darauf hin, dass sich Kollegen von mir bereits in Ihrem Haus befinden.«
    Marc hielt den Hörer wieder an sein Ohr. »Melanie? Die sind jetzt auch hier. Das heißt, ich kann nicht weg. Pass auf: Außer deinem Namen machst du keinerlei Angaben! Du bist nicht einverstanden mit der Mitnahme von was auch immer! Wenn sie etwas beschlagnahmen, bestehst du darauf, dass es versiegelt wird. Und du musst dir unbedingt eine Durchschrift des Durchsuchungsprotokolls geben lassen. Aber du unterschreibst nichts, auch nicht das Durchsuchungsprotokoll! Oder schreib am besten einfach ›Widerspruch‹ darauf. Hast du das verstanden? Und jetzt rufst du Gabriel an. Er soll sofort kommen! Meinst du, du schaffst das?«
    Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen.
    »Melanie?«, fragte Marc.
    »Ich weiß nicht«, hörte er ihre brüchige Stimme.
    »Du musst es versuchen! Ich kann die Kanzlei jetzt nicht verlassen, sonst stehe ich heute Abend ohne PC und ohne eine einzige Akte hier. Wir sehen uns später.«
    Marc legte auf und wandte sich Templin zu. »Also dann«, sagte er.
    Sechs Stunden später fühlte Marc sich, als sei er durch einen Fleischwolf gedreht worden. Er hatte sich zuerst mit den Polizisten und später mit dem hinzugerufenen Staatsanwalt unter Hinweis auf den Mandantenschutz über jede einzelne Akte gestritten, in die die Ermittler schauen wollten.
    Das Ganze endete damit, dass zwar Einsicht in einige Akten genommen worden war, außer der dünnen Akte Heinen, die jedoch praktisch nur eine Rechnung für eine unbestimmte juristische Beratung enthielt, aber nichts mitgenommen wurde. Am meisten war Marc darüber erleichtert, dass die Polizei seinen PC nicht beschlagnahmt hatte. Damit hätten sie die Arbeit der Kanzlei für Wochen lahmgelegt.
    Als Marc nach Hause kam, drängte sich ihm unwillkürlich der Eindruck auf, eine Horde Vandalen sei über seine Wohnung hergefallen. Schranktüren standen offen, Schubladen waren halb herausgezogen, Bücher und Aktenordner aus den Regalen geholt und dann einfach ohne jedes System wieder zurückgestellt worden. Marc sah an den Lücken, dass etliche Ordner fehlten.
    Inmitten des ganzen Chaos saß Melanie wie ein Häufchen Elend auf der Treppe und starrte mit leerem Blick vor sich hin. Sie hatte die Arme um den Körper gelegt, als würde sie sich selbst umarmen, und war steif wie eine Statue.
    Marc setzte sich neben sie, ohne sie zu berühren. Er betrachtete ihren Rücken, sah die verkrampften Schultern.
    »Was ist passiert?«, fragte er.
    »Was passiert ist?«, wiederholte sie leise. »Du siehst es doch selbst!« Dann fing sie an zu weinen.
    Marc ließ ihr einen Moment Zeit. »Ist Gabriel schon weg?«, wollte er dann wissen.
    »Nein.«
    »Nein?« Er sah sich irritiert um. »Wo steckt er denn?«
    »Er ist nicht hier. Und er war gar nicht da.«
    »Wieso?«, fragte Marc verblüfft. »Ich hatte dir doch gesagt …«
    Unvermittelt schlug Melanies Lethargie in Wut um. »Du hast mir gesagt, ich solle mir wegen dieser Sache keine Sorgen machen!«, schrie sie ihn an. »Es könne gar nichts passieren, das hast du gesagt! Nein, du hast es sogar versprochen!«
    Da Marc nicht wusste, was er darauf erwidern sollte, fragte er noch einmal. »Warum ist Gabriel nicht gekommen?«
    »Ich habe in seiner Kanzlei angerufen und seine Sekretärin hat mir gesagt, er habe einen auswärtigen Gerichtstermin, der bis heute Abend dauert.«
    »Warum hast du mich danach nicht sofort wieder angerufen? Ich hätte dir einen anderen Anwalt besorgt.«
    »Und was hätte das gebracht?«
    Nicht viel, musste er sich eingestehen. Aber zumindest hätte Melanie einen Beistand gehabt und hätte mit dem unerwarteten Besuch nicht allein fertig werden müssen. Er wusste, dass eine Hausdurchsuchung eine traumatische Erfahrung sein konnte und hatte schon gestandene Geschäftsführer nach der Durchsuchung ihrer Unternehmen heulen sehen.
    »Wo ist Lizzy?«, fragte Marc, um das Thema zu wechseln.
    »Nicht hier«, antwortete Melanie knapp. »Ich wollte nicht, dass sie das mit ansehen muss.«
    Marc nickte zustimmend. »Haben die Polizisten irgendwas mitgenommen?«
    »Allerdings. Sie haben meinen Laptop, praktisch meine gesamte berufliche Existenz. Kannst du mir verraten, wie ich

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