Schwanengesang (German Edition)
von einer Frau Melanie Schubert für einen einzelnen Mann auf den Namen Wendt angemietet.«
Marc atmete tief durch. Wendt war Melanies Mädchenname.
»Wie sieht der Mann aus?«, fragte Marc.
Der Portier starrte schweigend Löcher in die Luft. Marc gab ihm seinen letzten Zwanziger, dann drehte er demonstrativ sein leeres Portemonnaie um und schüttelte es.
»Ende fünfzig, volles graues Haar, ziemlich groß, stattlich«, kam die prompte Antwort.
Marc musste schwer schlucken. Die Beschreibung passte exakt auf Heinen! Da Marc keine Geduld hatte, auf den Fahrstuhl zu warten, nahm er die Treppe in den zweiten Stock. Vor dem fraglichen Zimmer blieb er stehen. Ruhig atmen, befahl er sich selbst, um seinen Puls wieder unter Kontrolle zu bringen. Dann klopfte er an die Tür.
»Ja?«, hörte er eine unwirsche männliche Stimme im Inneren des Raumes.
»Housekeeping!«, rief Marc.
»Ich brauche nichts, alles in bester Ordnung«, rief der Mann.
Falsche Antwort, dachte Marc. Er hämmerte fester gegen die Tür. »Housekeeping!«, rief er erneut.
Marc hörte einen unterdrückten Fluch und dann Schritte, die sich näherten. Als die Klinke von innen hinuntergedrückt wurde, warf Marc sich mit seinem gesamten Gewicht gegen die Tür.
Die Person im Inneren wurde zurückgeschleudert und Marc hörte den schweren Aufprall eines Körpers auf dem Boden. Er stieß die zurückschwingende Tür ganz auf und stürmte in das Zimmer. Als Erstes nahm er Melanie wahr, die ihn mit vor panischer Angst geweiteten Augen und offenem Mund anstarrte. Sein nächster Blick galt dem Mann auf dem Boden, der sich mit beiden Händen die Nase hielt. Blut sickerte zwischen seinen Fingern hervor und tropfte auf den hellen Teppichboden.
Marc wäre am liebsten im Erdboden versunken, als er den Mann erkannte. Er schluckte einen Frosch herunter, dann sagte er betont freundlich. »Oh, guten Abend, Herr Wendt. Wie geht es Ihnen?«
33
»Das hast du nicht wirklich gesagt!« Gabriel schüttete sich immer noch aus vor Lachen.
Nach dem Vorfall in dem Hotel hatte Marc seinen Freund angerufen und sich mit ihm in ihrer Stammkneipe verabredet.
»Etwas Besseres ist mir in dem Moment nicht eingefallen«, versuchte Marc sich zu verteidigen. »Es kommt schließlich nicht alle Tage vor, dass man seinem Schwiegervater in spe die Nase bricht.«
»Ex-Schwiegervater wohl eher. Was hat Melanie gesagt?«
»Sie war nicht gerade begeistert. Um es harmlos auszudrücken. Sie hat mich angeschrien, ich hätte wohl völlig den Verstand verloren, sei gemeingefährlich und noch andere Dinge, die ich jetzt nicht wiederholen möchte. Auf jeden Fall hat meine Aktion nicht gerade dazu beigetragen, unser Verhältnis zu verbessern.«
»Das will ich gerne glauben. Aber du hättest schließlich auch selbst darauf kommen können, dass es sich bei dem geheimnisvollen Hotelgast namens Wendt nicht um Heinen, sondern um Melanies Vater handelt.«
»Ich hatte Melanies Vater überhaupt nicht mehr auf dem Schirm«, wehrte sich Marc.
»Ich habe ihn erst einmal gesehen und das ist eine Ewigkeit her. Er lebt seit Jahren auf Teneriffa. Wie sollte ich ahnen, dass er ausgerechnet jetzt in Deutschland auftaucht und seine Tochter besuchen will. Er hat sich vor zwei Tagen mit ihr in Verbindung gesetzt. Eigentlich wollte er in unserem Gästezimmer schlafen, aber das geht ja momentan nicht. Bei Beatrice war kein Platz mehr, also hat Melanie ihn im Hotel untergebracht.«
»Und du hast ihm zur Begrüßung gleich mal die Tür vor die Nase geknallt.«
»Das war keine Absicht. Ich habe mich zigmal bei ihm entschuldigt. Ich glaube, er nimmt es mir auch nicht mehr übel. Im Gegensatz zu Melanie.«
Gabriel versuchte ein aufmunterndes Lächeln. »Kopf hoch, Marc, die beruhigt sich schon wieder. Alle Frauen tun das früher oder später.«
»Ach! Als Experte für Beziehungsfragen bist du mir bisher nicht aufgefallen.«
»Ich kann nichts dafür, dass sich meine Frau von mir getrennt hat«, sagte Gabriel beleidigt.
»Tatsächlich? Da habe ich aber etwas ganz anderes gehört. Ich habe letzten Freitag mit Julia telefoniert.«
Seinem Freund fiel fast die Kinnlade herunter. »Du hast was? «
»Ich habe mit Julia telefoniert. Ich dachte nicht, dass ich dafür deine Erlaubnis brauche. Immerhin bin ich auch mit ihr befreundet. Und ihre Version der Geschichte hört sich ein wenig anders an als deine.« Er fasste das Gespräch für Gabriel zusammen.
Als Marc geendet hatte, sagte Gabriel: »Jetzt brauche ich erst mal ein
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