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Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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wischen. »Ein echter Fuchs«, widerholte er.
    Rau sah ihn an. »Ist sie das?«
    Radewald zuckte mit den Schultern und stopfte das Taschentuch zurück in die Tasche. »Wer sonst? Aber feststellen lässt sich das natürlich nicht so ohne Weiteres. Wir bräuchten ihre zahnärztlichen Befunde. Oder einen DNA-Abgleich mit einem Verwandten. Ich schreibe euch einen Totenschein mit ungeklärter Todesursache.« Er zog ein Formular aus der Arzttasche und deutete auf den Tisch. »Kann ich mich dahin setzen?«
    Katrin hielt es nicht mehr länger aus. Was ging hier vor? Worüber redeten die Männer? Es klang so, als seien sie nicht im Mindesten überrascht, dass in einem abgelegenen Eifeldorf eine Mumie in einer Geheimkammer aufgetaucht war. Gerade so, als sei dies ein ganz alltäglicher Vorgang. Entweder hatte sie eine völlig falsche Vorstellung von der Eifel, oder ihr fehlte eine entscheidende Information. Sie wandte sich an Günther Rau, entschlossen, sich nicht erneut mit einem überheblichen Spruch abspeisen zu lassen. »Kennen Sie die Tote? Wissen Sie, wer sie ist?«
    Rau drehte sich zu ihr um, dann wanderte sein Blick weiter zu Manfred, der ungewöhnlich still in der Ecke stand, die Arme vor der Brust verschränkt. »Das ist vermutlich Johanna Grauweiler«, erklärte er ihm, ohne Katrin weiter zu beachten, »die Mutter Ihres verstorbenen Onkels. Sie starb im Krieg. An einer Lungenentzündung, soweit ich weiß. Es gab Gerüchte, dass sie nicht beerdigt worden sei, dass ihr Ehemann, der kurz nach ihr starb, ihren Leichnam irgendwo auf dem Hof versteckt habe.«
    Manfred starrte den Polizisten mit großen Augen an. Er wirkte ungläubig und zugleich erleichtert. »Aber warum?«
    Rau zuckte mit den Schultern. »Angeblich hatte sie Angst, lebendig begraben zu werden.«
    Katrin versuchte, die Worte des Polizisten mit dem in Einklang zu bringen, was sie vor sich sah. Sie betrachtete zuerst die Mumie auf dem Bett, dann ließ sie ihren Blick durch den Raum wandern. Etwas an Günther Raus Geschichte stimmte nicht. Sie konnte sich zwar vorstellen, dass ein Mann seine Frau nicht beerdigte, um ihr einen letzten Wunsch zu erfüllen. Aber wozu diese Kammer? Wozu ein Waschbecken? Wozu ein Schrank? Und warum in aller Welt lagen auf dem Nachttisch Kinderbücher?

    Eine halbe Stunde später rollte ein Leichenwagen in die Einfahrt des Grauweilerhofs. Die beiden Polizeibeamten hatten sich mit dem Arzt beraten, dann hatten sie in Bonn angerufen und erst mit der Staatsanwaltschaft und dann mit einer Kriminalhauptkommissarin Gesine Neumond gesprochen. Die Kammer sollte vorerst versiegelt werden, für den Fall, dass Spuren gesichert werden mussten. Doch da man davon ausging, dass es sich um Johanna Grauweiler handelte, hielt das niemand für wahrscheinlich. Die Mumie sollte ins Beerdigungsinstitut gebracht werden. Dort würde sie verbleiben, bis man eine Gewebeprobe mit der DNA von Marius Grauweiler abgeglichen hatte, der glücklicherweise ebenfalls in dem Beerdigungsinstitut auf seine Beisetzung wartete. Wenn sich herausstellte, dass es sich tatsächlich um Mutter und Sohn handelte, wäre die Sache damit abgeschlossen. Ob Johanna wirklich eines natürlichen Todes gestorben war, erschien den Beamten nach über siebzig Jahren nicht mehr von Belang.
    Katrin sah zu, wie der schwarze Leichensack mit der Mumie in den Wagen geschoben wurde. Sie traute den Männern nicht. Was, wenn es sich nicht um Johanna Grauweiler handelte? Würden Dick und Doof dann die Ermittlungen übernehmen? Oder diese Gesine Neumond aus Bonn, die der Fall offenbar völlig kalt ließ? Der Arzt und der alte Polizist waren sich auffallend schnell einig gewesen in Bezug auf die Tote. Bestimmt wussten sie mehr. Sie verhielten sich, als hätten sie sich abgesprochen. Wer wusste, ob hier nicht ein Verbrechen vertuscht werden sollte?
    Katrin trat auf Dr. Radewald zu. »Wie lang wird es dauern, bis wir Gewissheit haben?«
    Radewald fuhr sich mit knochigen Fingern durch das schüttere Haar. »Ein paar Tage, vielleicht auch länger. Die Angelegenheit hat ja keine Eile.« Er zögerte kurz. »Entschuldigen Sie, wenn ich das anspreche: Vielleicht wäre es eine gute Idee, die Beisetzung zu verschieben. Wenn Sie ein wenig warten, können Sie Mutter und Sohn gemeinsam beerdigen. Das wäre einfacher. Und natürlich kostengünstiger. Sprechen Sie mit Ihrem Mann darüber. Bestimmt können Sie ihn davon überzeugen, dass das vernünftig wäre.«
    Katrin verschlug es für einen Moment die Sprache.

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