Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Hosentasche. »Mist, kein Netz! Komm, wir gehen nach draußen. In diesem Mausoleum wird man ja depressiv.«
Bevor sie durch den Schrank zurück ins Wohnzimmer kletterte, drehte Katrin sich noch einmal um. Die Mumie sah friedlich aus, als ruhe sie sich lediglich ein wenig aus. Katrin ließ den Blick über das Bett und den Nachttisch schweifen. Plötzlich entdeckte sie etwas. Sie stockte, sah genauer hin, entzifferte den Titel des Buchs, das zuoberst auf dem Stapel lag. Ein triumphierendes Lächeln glitt über ihre Lippen. Also doch!
*
Manfred beobachtete Katrin, die nachdenklich die Scheune abschritt. Sie hatten nachgeschaut, ob man von dieser Seite aus Spuren der geheimen Kammer ausmachen konnte, doch es war nichts zu sehen. Nur wenn man es wusste, konnte man erkennen, dass die Scheune innen ein wenig kürzer war als außen. Doch da sie voller alter landwirtschaftlicher Gerätschaften stand, fiel das nicht auf. Zudem war in der Ecke, die an die Hauswand grenzte, ein Verschlag eingebaut, der wohl früher einmal als Hühnerstall gedient hatte. In der Außenwand befand sich noch die Klappe, die den Hühnern als Eingang gedient hatte. Der Hühnerverschlag sorgte dafür, dass man die Innenmaße und die Außenmaße der Scheune nicht ohne Weiteres vergleichen konnte. So war die geheime Kammer, die vom Haus aus in die Scheune eingebaut war, perfekt getarnt.
Katrin ließ sich auf einem Stein nieder und starrte vor sich hin. Ihr Blick war abwesend aber hoch konzentriert. Manfred kannte diesen Gesichtsausdruck. Katrin hatte ein Geheimnis aufgetan, ihr Forscherdrang war geweckt. Er seufzte lautlos. Dieser Fund verkomplizierte die ganze leidige Erbschaftsgeschichte. Hoffentlich mussten sie deswegen nicht länger bleiben! Vielleicht gab es eine harmlose Erklärung für die Mumie, und alles war rasch erledigt. Wenn sich nur nicht herausstellte, dass Marius Grauweiler ein Verbrechen begangen hatte! Eine komplizierte Mordermittlung hätte ihm gerade noch gefehlt.
Ein Motorengeräusch näherte sich. Die Polizei? So schnell? Überrascht trat Manfred ans Tor, doch der Wagen, der den Berg heraufkam, war kein Polizeiauto. Mit quietschenden Reifen hielt ein Toyota älteren Baujahres vor ihm. Ein Mann sprang heraus. Im ersten Augenblick konnte Manfred mit dem Gesicht nichts anfangen, doch dann zuckte er zusammen. Auch das noch!
»Hey, Manni, wenn das mal keine Überraschung ist!«
»Tag, Dieter«, stieß Manfred zwischen den Zähnen hervor. Dieter Mäder war einige Jahre älter als er, und er gehörte zu den Menschen, an die er nie wieder hatte denken wollen.
»Ich habe gehört, du hast den alten Kasten geerbt.« Mäder trat näher und klopfte Manfred auf die Schulter.
Manfred zuckte zusammen und wich einen Schritt zurück. »Sieht so aus«, murmelte er. »Tut mir leid, aber ich habe echt keine Zeit. Gibt viel zu tun.« Er machte eine vage Handbewegung in Richtung Haus.
»Genau darüber wollte ich mit dir reden«, antwortete Mäder und trat auf den Hof. Er erblickte Katrin und grinste breit. »Deine Frau? Hätte gar nicht gedacht, dass du mal so ’ne fette Schnitte abkriegst.« Er ging auf Katrin zu. »Willst du uns nicht vorstellen? Wo bleiben deine Manieren, Manni?«
In dem Augenblick sah Katrin auf und entdeckte ihn. Sie warf einen kurzen Blick zu Manfred und runzelte die Stirn.
Mäder streckte die Hand aus. »Dieter Mäder. Ein alter Kumpel von Manni.«
Katrin reichte ihm die Hand. »Katrin.« Sie musterte ihn aufmerksam.
»Ich habe Dieter gerade erklärt, dass wir ziemlich in Eile sind.« Manfred sah Katrin eindringlich an.
Glücklicherweise schien sie zu begreifen. »Ja, es gibt so viel zu erledigen, das kennst du ja sicher.« Sie lächelte Mäder an und marschierte auf den Landrover zu. »Kommst du, Manfred?«
Am liebsten hätte er sie dankbar in die Arme geschlossen. Rasch stieg er zu ihr ins Auto.
Mäder lief ihm hinterher und klopfte auf das Wagendach. »Ruf mich an, Manni. Ich würde dir gern ein Angebot machen für das Anwesen.«
Überrascht zog Manfred die Brauen hoch. Er ließ das Fenster ein Stück herunter. »Du willst das Haus kaufen?«
Mäder nickte. »Ich habe ein Sägewerk unten im Tal. Das Grundstück grenzt an das hier. Ich könnte das Land gebrauchen. Und den zusätzlichen Lagerplatz.«
»Ich verkaufe aber nicht.« Er hörte, wie Katrin neben ihm einen überraschten Laut ausstieß.
Mäder schien ihn gar nicht gehört zu haben. Er hielt die Hand mit ausgestrecktem Daumen und kleinem Finger ans
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