Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
schwarze Schnüffeltante dran. Er stieg in den Wagen, zündete sich eine weitere Kippe an. Wie gut, dass er von seiner eigenen Einfahrt aus einen guten Blick auf die Straße hatte, die zum Grauweilerhof hinaufführte. So würde keinem der Nachbarn etwas auffallen. Falls jemand ihn in seinem Wagen sitzen sah, würde er vermutlich denken, dass er ein neues Autoradio einbaute. Irgendetwas in der Art. Bestimmt nicht, dass er auf der Lauer lag. Mäder schnippte Asche aus dem Seitenfenster. Hoffentlich schnüffelte die Alte nicht stundenlang auf dem Hof herum! Er hatte keinen Bock, sich den Hintern platt zu sitzen. Eine Weile rauchte er schweigend, genoss die Vorfreude auf die Blonde, malte sich aus, was ihre aufgespritzten Lippen alles mit seinem Schwanz bewerkstelligen würden. Mitten in seine Vorstellungen hinein platzte ein Geräusch. Ein Wagen kam die schmale Straße vom Grauweilerhof heruntergefahren. Mäder hatte bereits die Hand am Zündschlüssel, als er sah, dass es ein blauer Kombi war und nicht der rote Kleinwagen der Amerikanerin. Kölner Kennzeichen, vermutlich Ausflügler. Mäder drückte die Kippe in den Aschenbecher. Vielleicht sollte er die Aktion abbrechen. Er zog das Handy hervor. Er könnte Klaus anrufen, sich mit ihm beraten. Er überlegte kurz. Nein, Klaus machte immer aus allem eine Riesensache, bestimmt würde er auf der Stelle eine Panikattacke kriegen.
Endlich tauchte der rote Kleinwagen in der Einmündung auf und bog nach rechts ab, Richtung Blankenheim. Mäder startete den Motor und gab Gas. In sicherem Abstand folgte er dem Auto, trommelte dabei mit den Fingern unruhig auf das Lenkrad. Vielleicht fuhr die Fette ja Richtung Autobahn und verschwand auf Nimmerwiedersehen, vielleicht war das Ganze ja doch nur ein bescheuerter Zufall.
*
Katrin warf das Handy zurück in ihre Handtasche. Inzwischen war es später Nachmittag, und sie hatte beschlossen, Manfred nicht länger im Ungewissen zu lassen. Zumindest war er nicht sauer, weil sie sich so lang nicht gemeldet hatte – im Gegenteil, er hatte so ein schlechtes Gewissen, dass er ein schickes Restaurant ausfindig gemacht hatte, wohin er sie zum Essen einladen wollte. Sie hatte ihn allerdings auf den nächsten Tag vertröstet, denn was sie zu erledigen hatte, duldete keinen Aufschub – und sie konnte es nur bei Dunkelheit tun, was im Mai bedeutete, dass sie vor elf Uhr nichts ausrichten konnte. Natürlich hätten sie vorher essen gehen können, aber dann hätte Manfred bestimmt wissen wollen, was sie so spät noch vorhatte. Und das wollte sie ihm keinesfalls erzählen. Es hätte den instabilen Frieden unnötig gefährdet. Immerhin war er vorerst beschäftigt; seine Mutter hatte ihn überredet, sie zu dem Steinmetz zu begleiten, der den Grabstein anfertigen sollte. Manfred hatte sich zähneknirschend darauf eingelassen. Katrin hatte ihn am Telefon erwischt, als er gerade zu Ruth in den Wagen stieg. Der Steinmetz wohnte irgendwo an der belgischen Grenze, was bedeutete, dass er bis zum Abend unterwegs sein würde. Hauptsache, die beiden kamen auf dem Weg nicht zufällig an ihrem Standort vorbei! Katrin reckte beunruhigt den Hals. Einige Minuten lang beobachtete sie aufmerksam den Verkehr, hielt nach dem Golf von Ruth Kabritzky Ausschau. Doch er tauchte nicht auf. Schließlich lehnte sie sich erleichtert zurück. Sie würde Manfred später eine SMS schicken und ihm mitteilen, dass sie spontan in Euskirchen ins Kino gegangen sei und erst spät nach Blankenheim zurückkehren würde.
Katrin vertiefte sich wieder in den Roman, eine mit einer Zeitreise kombinierte Liebesgeschichte, den sie sich gekauft hatte, um sich die Zeit bis zur Dunkelheit zu vertreiben. Obwohl die Story sehr spannend war, saß sie auf heißen Kohlen, der Nachmittag wollte einfach nicht vergehen. Sie hatte vor dem Beerdigungsinstitut Stellung bezogen, in dem die sterblichen Überreste von Marius Grauweiler und der unbekannten Toten aus der geheimen Kammer untergebracht waren. Es lag etwas außerhalb des Stadtzentrums an einem Kreisverkehr. Glücklicherweise befand sich genau gegenüber ein Parkplatz, der zu einem Supermarkt gehörte. Hier konnte sie unauffällig warten. Selbst in einem so kleinen Städtchen wie Blankenheim schenkte niemand einer Frau Beachtung, die lesend in einem Auto saß.
Endlich tat sich in dem Institut etwas, und Katrin richtete sich auf. Die Ladentür ging auf. Katrin warf einen Blick auf die Uhr. Halb sieben, auf die Minute. Ein Mann um die fünfzig trat
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