Schwanenlied: Der fünfte Fall für Katrin Sandmann (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
sollen wir denn tun?«
»Das lass mal meine Sorge sein.« Mäder beobachtete durch das Fenster, wie Gitta den Polo in die Einfahrt lenkte. Verflucht, so früh hatte er sie nicht zurückerwartet. Normalerweise blieb sie mindestens zwei Stunden weg, wenn sie ihre Mutter im Altenheim besuchte. »Du hast doch noch den alten Kadett in der Scheune stehen?«, fragte er rasch.
»Ja, aber der ist nicht angemeldet.«
»Aber er ist fahrtüchtig.«
»Klar.«
Gitta stieg aus und kam den Gartenweg entlang, die Lippen zwei blasse, dünne Striche, die Augen zusammengekniffen, die Schultern gesenkt. Angewidert wandte Mäder den Blick ab. »Ich melde mich«, sagte er ins Telefon und legte auf.
7
Montag, 14. Mai
Katrin hörte, wie Manfred das Gespräch beendete, und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. »Irgendwas herausgefunden?«
»Ja und nein.«
»Mach’s nicht so spannend.«
Sie waren im Hotelzimmer, Katrin recherchierte im Internet, Manfred hatte es sich auf dem Bett bequem gemacht und telefonierte seine Kontakte ab.
Er grinste. »Musst du gerade sagen. Du erzählst mir doch auch nicht alles.«
Katrin verschränkte die Arme. »Was willst du? Soll ich auf die Knie fallen?«
»Wäre ziemlich cool. Schließlich habe ich heute schon hart gearbeitet. So ein Sarg ist verdammt schwer, hätte ich gar nicht gedacht. Und dann ging’s auch noch bergauf, wie kann man einen Friedhof nur am Hang anlegen!«
»Ich fand ihn sehr malerisch. Ich mag Waldfriedhöfe.«
Sie hatten am Vormittag Marius Grauweiler beerdigt, ohne darauf zu warten, dass die zweite Leiche freigegeben wurde. Ruth Kabritzky hatte den Termin nicht schon wieder verschieben wollen. Johanna Grauweiler – wenn es sich bei der Mumie tatsächlich um sie handelte, sollte dann in den nächsten Tagen in aller Stille mit in das Grab gebettet werden. Katrin war überrascht gewesen, wie viele Menschen gekommen waren. Das ganze Dorf hatte sich die Zeit genommen, von dem alten Mann Abschied zu nehmen. Bestimmt waren einige darunter gewesen, die wegen der Mumie neugierig geworden waren, doch Ruth Kabritzky versicherte ihr, dass auch ohne diese Sensation die meisten Nachbarn erschienen wären, das gehöre sich nun mal einfach so. In der Stadt sei das ja vielleicht anders, aber hier in der Eifel lege man noch Wert auf echte Nachbarschaft. Katrin war der verächtliche Unterton nicht entgangen, doch sie hatte sich nichts anmerken lassen.
Jedenfalls war sie froh, dass es nun vorbei war. Am Grab hatte sie Dutzende fremde Hände geschüttelt und mit einem stummen Nicken Beileidsbekundungen entgegengenommen. Von der sich anschließenden obligatorischen Versammlung bei Kaffee, Kuchen und Hühnersuppe in einer Gaststätte in Blankenheim hatten sie und Manfred sich so schnell verdrückt, wie die Höflichkeit es erlaubte. Der einzige unangenehme Zwischenfall war eine weitere Begegnung mit diesem Raubein Dieter Mäder gewesen, der Manfred erneut auf den Hof angesprochen hatte. Er hatte nervös gewirkt und war ausfallend geworden, als Manfred ihm geantwortet hatte, dass er auf der Beerdigung nicht darüber sprechen wolle.
»Tu doch nicht so, als hätte dir an dem Alten was gelegen, Manni. Und komm von dem hohen Ross runter. Du solltest froh sein, dass überhaupt jemand an dem baufälligen Kasten interessiert ist.«
»Lass mich einfach in Ruhe, Dieter«, hatte Manfred erwidert, so laut, dass einige Gäste sich überrascht zu den beiden umgedreht hatten.
Mäder hatte ein kaum hörbares »Arschloch« gezischt und sich verdrückt.
Katrin war sich sicher, dass die beiden noch eine alte Rechnung offen hatten, doch sie hatte Manfred nicht danach gefragt; er würde ihr davon erzählen, wenn ihm danach war. Und wenn nicht, war es auch nicht wichtig. Dafür hatte sie Manfred überredet, ihr bei der Recherche zu helfen. Sie wollte herausfinden, ob in den fünfziger oder sechziger Jahren im Umkreis von Blankenheim ein Mädchen spurlos verschwunden war. Das Mädchen, für das irgendjemand die Bücher gekauft hatte, die in der geheimen Kammer lagen. Manfred hatte sich erst geweigert. »Willst du damit andeuten, Onkel Marius hätte ein Mädchen entführt und eingesperrt?«, hatte er aufgebracht hervorgestoßen. »Glaubst du, er war pervers?«
Doch schließlich hatte er eingewilligt. Denn auch er fand die Sache zunehmend merkwürdig. Zumal sie inzwischen herausgefunden hatten, dass die übrigen Jugendbücher, die auf dem Nachttisch lagen, alle nach 1950 erstmals erschienen waren. Sie konnten also
Weitere Kostenlose Bücher