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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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ausgewählt werden. Der Küchenetat sollte um drei Viertel gekürzt und die Mittel für Stipendien verwendet werden. Studentinnen sollten zugelassen werden. Abschaffung der Torschließungszeiten. Collegeeigene Sportanlagen für Kinder aus der Stadt öffnen. Sir Godbers Phantasie arbeitete mit Hochdruck an der Zusammenstellung von Vorschlägen, ohne die finanziellen Konsequenzen zu bedenken. Irgendwo würden sie das Geld eben auftreiben müssen, wo, war ihm ziemlich egal. Hauptsache war, daß er die Fellows in der Hand hatte. Vielleicht würden sie protestieren, doch bremsen konnten sie ihn nicht. Sie selbst hatten ihm die Waffe in die Hand gedrückt. Bei dem Gedanken an ihre Gesichter, wenn er ihnen morgen die Alternativen unterbreiten würde, lächelte er stillvergnügt vor sich hin. Um halb sieben begab er sich in den Salon, wo Lady Mary, die eine Kommission über Jugendkriminalität geleitet hatte, Briefe schrieb.
    »Kümmere mich gleich um dich«, antwortete sie, als Sir Godber fragte, ob sie ein Glas Sherry wolle. Er sah sie zweifelnd an. Manchmal fragte er sich, ob seine Frau sich wirklich jemals um ihn gekümmert hatte. Ihr Verstand folgte einem gänzlich eigenwilligen Kurs und beschäftigte sich pausenlos mit den eher bedrückenden Aspekten im Leben anderer Menschen. Sir Godber goß sich einen großen Whisky ein. »Tja, ich glaube, ich habe sie fest in der Hand«, verkündete er, als sie endlich aufhörte, ihre Schreibmaschine zu bearbeiten.
    Lady Marys schmale Zunge befeuchtete die Gummierung eines Briefumschlages. »Die unspezifische Harnröhrenentzündung nimmt epidemische Ausmaße unter Schulabgängern an«, sagte sie. Diesen Einwurf ignorierte Sir Godber. Er konnte ums Verrecken nicht einsehen, was das mit dem College zu tun haben sollte. Stur verfolgte er sein Thema weiter. »Ich werde ihnen schon zeigen, daß ich nicht gewillt bin, den Statisten abzugeben.«
    »Untersuchungen haben gezeigt, daß eines von fünf Kindern an ...«
    »Ich habe meine politische Karriere nicht beendet, um mich als Hilfsmittel bei kriminellen Machenschaften mißbrauchen zu lassen«, behauptete Sir Godber.
    »Das ist nicht das Problem«, erklärte Lady Mary. »Was?« fragte Sir Godber, der sich plötzlich für ihren Standpunkt interessierte.
    »Ein Mittel gegen die Krankheit. Ganz einfach. Was wir in den Griff bekommen müssen, ist die moralische Kriminalität ...« Sir Godber trank seinen Whisky und versuchte wegzuhören. Manchmal fragte er sich, ob er ohne die Hilfe seiner Frau jemals als Politiker reüssiert hätte. Wenn sie sich nicht ständig mit unappetitlichen Statistiken und öden sozialen Problemen befaßt hätte, wären nächtliche Unterhaussitzungen womöglich weniger verlockend und Ausschüsse weniger nützlich gewesen. Hätte er so viele leidenschaftliche Reden gehalten und mit gleicher Überzeugungskraft gesprochen, wenn Lady Mary sich zu Hause auch nur eins seiner Worte angehört hätte? Er bezweifelte es. Sie aßen zu Abend, und Sir Godber vertrieb sich die Zeit mit dem Zählen, wie oft sie »Wir müssen« und »Unsere Pflicht« sagte. Die »Wir müssen« gewannen vierundfünfzig zu achtundvierzig. Nicht schlecht für den Anfang. Nachdem er gehört hatte, daß der Kaplan in den Speisesaal gegangen war, schlüpfte Zipser aus dem Waschraum und ging in sein Zimmer. Von dem Studentengrüppchen, das sich vorhin auf dem Hof angesammelt hatte, war nichts mehr zu sehen, und er hoffte, niemand würde herausfinden, wer mit dem Kaplan gesprochen hatte, wenn man das so nennen konnte. Sein Hang, ähnlich wie die Frau des Rektors persönlich völlig unbeteiligt über Weltprobleme nachzudenken, war ihm abhanden gekommen. Während dieser Stunde auf der Toilette hatte er den Rat des Kaplans beherzigt und versucht, das Phantasiebild eines schwedischen Mädchens zwischen sich und Mrs. Biggs zu schieben. Immer, wenn Mrs. Biggs sich wieder dazwischendrängte, hatte er sich auf die schmalen Pobacken und Brüste einer schwedischen Schauspielerin konzentriert, die er einmal im Playboy gesehen hatte, und das hatte bis zu einem gewissen Grad funktioniert. Allerdings nicht ganz. Die Schwedin neigte dazu, auseinanderzugehen und abnorme Proportionen anzunehmen, bis schließlich eine lächelnde Mrs. Biggs an ihre Stelle trat; doch die kleinen Atempausen waren immerhin etwas und ließen vermuten, daß eine real existierende Schwedin sogar noch wirkungsvoller sein könnte. Er würde dem Rat des Kaplans folgen, sich ein Aupair-Mädchen oder

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