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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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offenkundigen Minderwertigkeit des, sagen wir, Küchenpersonals, gab es jede Menge Zwischenstufen, aber Skullion kannte sie alle und brachte sie in die korrekte Reihenfolge. Da gab es den Neureichen, aufdringlich und von sich eingenommen, aber leicht auf sein Normalmaß zurechtzustutzen. Da gab es zwei Generationen altes Geld mit ein bißchen Grundbesitz. Normalerweise ein wenig aufgeblasen.
    Da gab es reichen und armen Landadel. Skullion registrierte den Unterschied zwar, ignorierte ihn aber meist. Einige der besten Familien waren verarmt, und solange das Selbstbewußtsein stimmte, spielte Geld keine Rolle, wenigstens nicht in Skullions Augen. Selbstbewußtsein ohne Geld war sogar besser, es ließ auf echte Qualitäten schließen und wurde dementsprechend verehrt. Dann gab es noch verschiedene Grade von Unsicherheit, Nuancen von Selbstzweifel, die fast jedem entgingen, nicht jedoch Skullion. Aufflackernde Reste von Ehrerbietung, die sofort unterdrückt wurden – doch zu spät, um von Skullion nicht bemerkt zu werden. Arzt- und Rechtsanwaltssöhne, höhere Berufsstände, wurden respektvoll behandelt. Hatten jedenfalls Privatschulen besucht und wurden von Eton und Winchester abwärts eingestuft. Unterhalb des Privatschulniveaus verlor Skullion jegliches Interesse und gewährte nur dann geringen Respekt, wenn dabei Geld für ihn heraussprang. Doch am oberen Ende der Skala, jenseits all dieser Unterscheidungen, existierte ein Selbstbewußtsein, so unbeschreiblich, daß es beinahe ins Gegenteil umschlug. Echte Qualität nannte Skullion das, oder auch die alte Aristokratie, um sie vom reinen Titularadel abzugrenzen. Dies waren seine Kalenderheiligen, der Prüfstein, an dem alle anderen Männer letztlich gemessen wurden. Nicht einmal Sir Cathcart gehörte dazu. Skullion mußte sogar zugeben, daß er im Grunde genommen in die vierte Kategorie fiel, wenn auch fast ganz oben, was eine hohe Auszeichnung war, wenn man bedachte, wie viele Kategorien Skullion kannte. Nein, der wahren Qualität fehlte Sir Cathcarts Grobheit. Diese Heiligen legten oft eine Bescheidenheit an den Tag, die weniger aufmerksame Pförtner als Skullion mit Schüchternheit und Gehemmtheit verwechselten, die jedoch, wie er wußte, ein Zeichen guter Kinderstube war, und die man nicht ausnutzen durfte. Sie verlangte seiner Dienstbarkeit alles ab, diese ungespielte Hilflosigkeit, und gab ihm das sichere Gefühl, daß er gebraucht wurde. Für diese Hilflosen hätte Skullion Berge versetzen können, und das hatte er auch oft getan, Gepäck- und Möbelberge, die er Treppen hoch und um Ecken geschleppt, erst hier und dann dort abgesetzt hatte, während der huldvoll unentschlossene Eigentümer sich das bißchen Kopf zerbrach, das er hatte, um herauzufinden, wo sich das Mobiliar am besten machen würde. Von solchen Expeditionen kehrte Skullion mit einer kurzzeitigen Vornehmheit zurück, als stünde er in besonderer Gunst, und später sonnte er sich bei der Erinnerung an solche geleisteten Dienste in dem Gefühl, daß ihm die Gnade widerfahren war, einem schon fast religiösen Ereignis beizuwohnen. In Skullions gesellschaftlicher Hagiographie ragten als Verkörperung der von ihm angebeteten Verweichlichung zwei Namen heraus, Lord Pimpole und Sir Launcelot Gutterby, und wenn er seinen Gedanken nachhing, wiederholte Skullion ihre Namen im stillen wie ein monotones Gebet. Gerade führte er diese Anrufung durch und war soeben bei seinem zwanzigsten »Pimpole und Gutterby« angelangt, als sich die Tür des Pförtnerhauses öffnete und Arthur eintrat, der am High Table bediente.
    »’n Abend, Arthur«, sagte Skullion herablassend. »’n Abend«, sagte Arthur.
    »Unterwegs nach Hause?« erkundigte sich Skullion. »Habe was für Sie«, sagte Arthur und beugte sich vertraulich über den Tresen.
    Skullion schaute auf. Da Arthur am High Table bediente, war er einer seiner Hauptinformanten über das College. Skullion erhob sich und hing zum Tresen hinüber. »Aha«, sagte er. »Heute abend sind sie vor Aufregung ganz aus dem Häuschen«, sagte Arthur. »Völlig durcheinander.«
    »Nur weiter«, ermutigte ihn Skullion.
    »Schatzmeister kommt puterrot und durcheinander zum Essen, der Dekan hat die hektischen Flecken auf den Wangen, wie immer, wenn er aufgeregt ist, und der Tutor ißt seine Suppe nicht. Sieht ihm gar nicht ähnlich, die Suppe nicht anzurühren«, sagte Arthur. Skullion knurrte zustimmend. »Daher weiß ich, es ist was im Busch.« Arthur hielt effektheischend

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