Schwanenschmaus im Porterhouse
recht. So habe ich das bisher noch nie betrachtet.«
Zipser sagte, es gebe schon ein paar seltsame Vögel auf der Welt. Ihm schien es der in dieser Situation angemessene platte Kommentar zu sein. Als der Friseur fertig war, hatte Zipser jeden Gedanken daran aufgegeben, nach Präservativen zu fragen. Er zahlte die dreißig Pence und wankte aus dem Laden.
Mr. Turton nahm lächelnd auf dem Stuhl Platz. Es war kurz vor Mittag.
Kapitel 7
»Auf Formalitäten können wir wohl verzichten«, sagte der Rektor, beugte sich vor und schaute an dem langen Mahagonitisch in die Runde. Zu seiner Linken fummelte der Schatzmeister an seinem Füller herum, während zu seiner Rechten der Kaplan, dem man diesen Platz wegen seiner Taubheit zugewiesen hatte, zustimmend nickte. Die Gesichter der Ratsmitglieder am ganzen langen Tisch spiegelten ihr Mißfallen über diese abrupt einberufene Sitzung wider. »Mir scheint es eher so zu sein«, sagte der Dekan, »daß wir schon auf die uns gewohnten Formalitäten verzichtet haben. Ich kann nichts Positives dabei finden, wenn wir uns der wenigen entledigen, die noch übrig sind.«
Der Rektor musterte ihn aufmerksam. »Haben Sie noch ein Weilchen Geduld mit mir, Herr Dekan«, sagte er und war sich bewußt, daß er aus seinem sorgsam einstudierten verbindlichen Auftreten in den Jargon akademischer Gehässigkeit verfiel. Er riß sich am Riemen. »Ich habe diese Sitzung einberufen«, fuhr er finster lächelnd fort, »um die Veränderungen im College detailliert zu besprechen, die ich in meiner Rede am Dienstagabend angedeutet habe. Ich werde Sie nicht lange aufhalten. Sobald ich fertig bin, können Sie gehen und über meine Vorschläge nachdenken.« Bei dieser unverschämten Bemerkung erhob sich ein entrüstetes Murmeln um den Tisch. Besonders empört war der Dekan.
»Was die Aufgaben des Collegerates betrifft, scheint der Rektor einem Irrtum zu unterliegen«, sagte er. »Darf ich ihn daran erinnern, daß er es hier mit dem Collegevorstand zu tun hat. Wir wurden heute nachmittag kurzfristig hierher bestellt und sind, obwohl es uns sehr ungelegen kam, erschienen ...« Der Rektor gähnte. »Gewiß, gewiß«, murmelte er. Das Gesicht des Dekans lief rotbraun an. Solche Respektlosigkeit hatte er, ein Meister des unhöflichen Seitenhiebes, sich noch nie gefallen lassen müssen.
»Ich bin der Meinung«, kam ihm der Obertutor zu Hilfe, »daß der Rat entscheiden soll, ob die Empfehlungen des Rektors es wert sind, heute nachmittag diskutiert zu werden.« Er schenkte dem Rektor ein salbungsvolles Lächeln.
»Ganz wie Sie wünschen«, sagte Sir Godber. Er schaute auf seine Uhr. »Ich werde bis drei Uhr hier sein. Wenn Sie danach noch etwas zu besprechen haben, werden Sie ohne mich auskommen müssen.« Er machte eine Pause. »Wir können morgen oder übermorgen wieder zusammenkommen. Ich stehe nachmittags zur Verfügung.«
Zufrieden betrachtete er die geröteten Gesichter der Fellows. Genau diese Atmosphäre hatte er sich zur Verkündung seiner Pläne gewünscht. Ihre erwartungsgemäß heftige Reaktion würde sie gleichzeitig besänftigten. Wenn es dann so schien, als sei alles ausgestanden, würde er alle ihre Proteste mit einer Drohung obsolet machen. Eine reizende Vorstellung, die durch sein Wissen, daß sie seine Motive falsch auslegen würden, nur noch gewann. Das würden sie, keine Frage. Beschränkte Männer, Kleingeister, für die Porterhouse die Welt und Cambridge das Universum war. Sir Godber verachtete sie, und das merkte man.
»Wenn wir soweit alle einverstanden sind«, fuhr er fort, ohne das Gestotter des Dekans zu beachten, der sich dazu aufgerafft hatte, aus Protest gegen die Unhöflichkeit des Rektors die Sitzung zu verlassen, »lassen Sie mich die mir vorschwebenden Veränderungen kurz skizzieren. Zunächst einmal hat, wie Sie alle sehr wohl wissen, der Ruf von Porterhouse seit ... ich glaube, der Verfall fing 1933 an ... seit damals schwer gelitten. Wie man mir sagte, war das ein schwacher Jahrgang neuer Fellows. Korrigieren Sie mich, wenn das nicht zutrifft.« Jetzt war der Obertutor an der Reihe zu versteinern. 1933 war er gewählt worden.
»Es scheint, als habe unser Niedergang – in wissenschaftlicher Hinsicht – zu dieser Zeit eingesetzt. Mir kam es schon immer so vor, als sei die Qualität unserer Studenten recht dürftig. Ich habe vor, all das zu ändern. Von nun an, dem Jahr des Heils, werden wir Kandidaten nur noch aufgrund ihrer wissenschaftlichen Qualifikation
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