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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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nämlich ausgerechnet die Reichen, die ihn am häufigsten vorbringen.« Der Schatzmeister fühlte sich bemüßigt zu unterbrechen. »Ich versichere Ihnen ...«, setzte er an, doch der Rektor war schneller. »Ich kann mich nur auf den Psalmisten berufen und sagen: Laß dein Brot über das Wasser fahren.«
    »Was nicht wörtlich zu nehmen ist«, fauchte der Obertutor. »Das können Sie nehmen wie Sie wollen«, fauchte Sir Godber zurück. Die Ratsmitglieder starrten ihn unverhohlen aggressiv an.
    »Zufällig haben wir aber überhaupt kein Brot«, sagte der Schatzmeister in dem Versuch, die Wogen zu glätten. Der Obertutor ignorierte seine Bemühungen. »Darf ich Sie daran erinnern«, fuhr er den Rektor an, »daß dieser Rat dem College vorsteht und ...«
    »Daran hat mich der Dekan vorhin bereits erinnert«, unterbrach ihn der Rektor.
    »Ich wollte nur darauf hinaus, daß grundsätzliche, die Collegeleitung betreffende Beschlüsse vom gesamten Rat getroffen werden«, fuhr der Obertutor fort. »Ich würde gern klarstellen, daß ich für mein Teil den uns vom Rektor vorgeschlagenen Änderungen nicht zustimmen werde. Ich darf wohl auch für den Dekan sprechen«, es folgte ein kurzer Blick auf den sprachlosen Dekan, »wenn ich sage, daß wir beide jede Veränderung der College-Politik bedingungslos zurückweisen.« Er lehnte sich zurück. Von den anderen Fellows war zustimmendes Gemurmel zu hören. Der Rektor beugte sich vor und schaute in die Runde.
    »Soll das heißen, daß der Obertutor die generelle Haltung der Anwesenden ausgedrückt hat?« fragte er. Kopfnicken am ganzen Tisch. Der Rektor schien geknickt. »In diesem Fall, Gentlemen, bleibt mir wenig zu sagen«, verkündete er traurig. »Angesichts Ihres Widerstands gegen die von mir vorgeschlagenen Veränderungen der College-Politik bleibt mir nichts anderes übrig, als von meinem Posten als Rektor von Porterhouse zurückzutreten.« Die Fellows stießen einen kollektiven Laut des Erstaunens aus, als der Rektor aufstand und seine Unterlagen einsammelte. »Meinen Rücktritt werde ich in einem Brief an den Premierminister bekanntgeben, in einem offenen Brief, Gentlemen, in dem ich die Gründe meines Rücktritts aufführen werde, nämlich daß ich unmöglich weiter als Rektor eines Colleges amtieren kann, das seine Finanzen aufbessert, indem es als Gegenleistung für große Spenden an den Stiftungsfond Kandidaten ohne die nötigen Qualifikationen aufnimmt und akademische Grade verkauft.« Der Rektor hielt inne und betrachtete die von seiner Ankündigung erstarrten Fellows. »Als mich der Premierminister berief, wußte ich weder, daß ich damit eine Stellung als Rektor eines akademischen Auktionshauses annahm, noch daß ich eine Karriere beendete, die sich, wie ich stolz anmerken kann, durch strikte Einhaltung der Integritätsregeln im öffentlichen Leben auszeichnete, um mich zum Mitwisser eines Finanzskandals von nationalen Ausmaßen zu machen. Die Zahlen und Fakten, Gentlemen, liegen mir vor; ich werde sie meinem Brief an den Premierminister beifügen, der sie zweifellos an den Generalstaatsanwalt weiterleiten wird. Guten Tag, meine Herren.«
    Der Rektor machte auf dem Absatz kehrt und stolzierte aus dem Raum. Zurück blieben die Fellows von Porterhouse, starr wie Mumien um den Tisch versammelt, und jeder für sich damit beschäftigt, seinen Anteil an einem Skandal abzuschätzen, der sie alle erledigen würde. Man brauchte nicht viel Phantasie, um sich den öffentlichen Schrei der Entrüstung auszumalen, der auf Sir Godbers Rücktritt und die Bekanntgabe seines offenen Briefes folgen würde, die Welle der Empörung, die durch das ganze Land fegen würde, die Verwünschungen, die von den anderen Colleges in Cambridge auf ihre Köpfe hageln würden, und die Verdammung durch die anderen, neueren Universitäten. Die Fellows von Porterhouse hatten nicht viel Phantasie, doch das alles konnten sie sich ausmalen, und noch mehr: die Forderung, sich öffentlich zu verantworten, möglicherweise Strafverfolgung, vielleicht sogar Ermittlungen über Quellen und Umfang des Collegevermögens. Was würden Trinity und King’s dazu sagen? Die Fellows von Porterhouse kannten den Haß, mit dem sie rechnen konnten, wenn sie Anlaß zu öffentlichen Ermittlungen gaben, die den enormen Reichtum der anderen Colleges bedrohen könnten, bedrohen würden, und sie schreckten vor dieser Aussicht zurück. Schließlich durchbrach der Dekan mit einem erstickten Schrei als erster das Schweigen. »Man

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