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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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sicherlich ...«, gab er zu bedenken.
    »Lohnen?« sagte der Dekan. »Aber gewiß. Ganz sicher bringt sie einigen Colleges eine Menge Geld ein. Da sind wir bei der grotesken Annahme angelangt, daß man nur genug Kieselsteine kaufen muß, und schon wird sich einer davon in einen Diamanten verwandeln. Ist natürlich völliger Blödsinn. Was zählt, ist die Qualität, nicht die Quantität; aber ich erwarte ja gar nicht, daß Sie mit meinen altmodischen Ansichten konform gehen. Wenn man es recht bedenkt, gründet sich Ihre Berühmtheit schließlich auch auf Quantität, nicht wahr?«
    »Auf Quantität?«
    »Einschaltquoten«, sagte der Dekan. »Ein treffender wenn auch ekelhafter Ausdruck.«
    Als Cornelius Carrington die Wohnung des Dekans verließ, war die Erosion seiner Selbstachtung beinahe vollendet und sein von ihm selbst gehätscheltes Image als Sprecher einer gesunden öffentlichen Besorgnis weitgehend dahin. In den Augen des Dekans war er eindeutig ein Parvenü, ein Kastenteufelchen, wie er lächelnd andeutete, und Carrington ertappte sich dabei, wie er die Meinung des Dekans teilte. Als er Porterhouse verließ, beneidete er den Mann um seine Selbstsicherheit und verwünschte sich selbst, daß er nicht zurechtkam. Was Beton und Fertighäuser für ihn waren, war eindeutig er für den Dekan: die Verkörperung eines seichten, häßlichen Kommerzdenkens. Wie hatte es der Dekan formuliert? Daß er alles Unbedeutende abscheulich fand, und zweifellos konnte er von allem Unbedeutenden die Fernsehkommentatoren am wenigsten ausstehen. Carrington ging durch die Senate House Lane und dachte darüber nach, woher der Dekan seine Selbstsicherheit bezog. Zu Lebzeiten dieses Mannes waren der Rauhputz und der Pseudo-Tudorstil aufgekommen, die Carrington so ansprechend fand. Er gehörte in eine frühere Tradition: Engländer von altem Schrot und Korn, Landjunker und Gutsherren, die nicht für fünf Pfennige interessierte, was die Welt von ihnen hielt, und die der Welt eins auf die Nase gaben, wenn sie ihnen in die Quere kam. In dieser selbstquälerischen Stimmung, von unerschütterlichem Respekt vor solchen Männern gepeinigt, fand Carrington sich in der King Street wieder. Er konnte sich gar nicht erinnern, wie er dorthin gekommen war, und erkannte sie zunächst gar nicht wieder. Die King Street hatte sich stärker verändert als jede andere Ecke Cambridges. Die Häuser und Geschäfte, die sich früher entlang der Straße aneinandergequetscht hatten, waren verschwunden. Ein mehrstöckiges Parkhochhaus aus Beton, etliche häßliche Passagen aus Backstein. Und wo waren die vielen Kneipen geblieben? Als er durch die Straße ging, vergaß Carrington sein eigenes Elend. Gerechter Zorn ergriff ihn. Die alte King Street war heruntergekommen und ungepflegt, aber unterhaltsam gewesen. Jetzt war sie trostlos, unpersönlich und trist. Ein paar Schritte weiter stieß er auf einige Relikte. Ein Antiquitätengeschäft mit allerlei Vasen und schlechten Gemälden im Fenster; ein mit Kaffeemaschinen und den von den Studenten offensichtlich immer noch geschätzten speziellen Krügen vollgestopftes Café. Doch im großen und ganzen hatten die Sanierer verflucht gründliche Arbeit geleistet. Schließlich kam er zum »Themseruderer« und ging, froh, daß der noch stand, hinein.
    »Ein großes Bitter, bitte«, sagte er mit seinem gewohnten Gespür für solche Dinge. Ein Gin Tonic in einer Kneipe in der King Street wäre undenkbar gewesen. Mit seinem Bier setzte er sich an einen Tisch in Fensternähe.
    »Scheint sich viel verändert zu haben, seit ich das letzte Mal hier war«, sagte er nach einem kräftigen Schluck aus seinem Glas. Normalerweise nahm er keine kräftigen Schlucke. Genaugenommen trank er überhaupt kein Bier, doch Bier in kräftigen Schlucken war, wie er noch wußte, in der King Street üblich.
    »Reißen die ganze Straße ab«, sagte der Barmann lakonisch. »Ist bestimmt schlecht fürs Geschäft«, gab Carrington zu bedenken.
    »Ja und nein«, meinte der Barmann.
    Carrington brach den Versuch ab, ein Gespräch anzuknüpfen, und wandte seine Aufmerksamkeit den beredteren Dekorationen des Kneipenraumes zu.
    Kurz darauf betrat ein Mann mit Bowlerhut die Kneipe und bestellte sich ein Guinness. Carrington musterte seinen Rücken, der ihm irgendwie bekannt vorkam. Der dunkle Mantel, die gründlich gewienerten Schuhe, der massige Nacken und vor allem der korrekte Sitz des Bowlerhutes, all dies waren Merkmale eines Collegepförtners. Doch es war

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