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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Sendung über Porterhouse machen. Daß er nach Cambridge gekommen war, bewies sein Interesse am College, auch wenn er Sir Cathcarts Einladung ausgeschlagen hatte. Und diese Ablehnung hatte auch Vorteile. Nun konnte keiner behaupten, jemand habe ihm einen Tip gegeben. Was den Inhalt der Sendung anging, befürchtete der Dekan keinerlei Probleme; Carrington war schließlich der Hohepriester der Nostalgie. Der Köder waren Sir Godbers Pläne. Die Tradition in den Schmutz gezogen, das Alte und Bewährte in Gefahr, der Fluch des Modernismus. Innerlich hörte der Dekan schon die Klischees, wie sie von Carringtons Zunge rollten, um die nach der guten alten Zeit lechzenden Millionen aufzurütteln. Und was war mit Sir Godber persönlich? Carrington würde die Ambitionen des Mannes zu Kleinholz verarbeiten. Mit der Miene eines Mannes, der zwar nicht mit der ganzen Welt vollauf zufrieden war, aber doch mit dem kleinen Eckchen in ihr, über das er wachte, genehmigte sich der Dekan einen Sherry. Gutgelaunt begab er sich zum Essen. Es gab Caneton à l’orange, und der Dekan mochte Ente. Als er den Gemeinschaftsraum betrat, stellte er erstaunt fest, daß der Rektor bereits dort war und mit dem Obertutor sprach. Der Dekan hatte vergessen, daß Sir Godber gelegentlich im Speisesaal aß. »Guten Abend, Herr Rektor«, sagte er.
    »Guten Abend, Herr Dekan«, erwiderte Sir Godber. »Ich habe mich gerade mit dem Obertutor über den Restaurierungsfonds unterhalten. Offenbar liegt ein Angebot der Firma Mercantile Properties für die Rhyder Street vor. Es beläuft sich auf hundertfünfzigtausend. Ich muß gestehen, daß ich zur Zusage tendiere. Wie lautet Ihre Meinung?«
    Der Dekan raffte mit finsterer Miene seinen Talar zusammen. Seine Einwände gegen den Verkauf der Rhyder Street entsprangen taktischen Erwägungen. Prinzipiell widersetzte er sich Sir Godbers Vorschlägen, doch jetzt war es zweckmäßig, daß der Rektor sich einem Vorgehen verschrieb, dessen Unbarmherzigkeit Carrington herausstreichen konnte. »Meinung? Meinung?« sagte er schließlich. »Zu diesem Thema habe ich keine Meinung. Ich halte den Verkauf der Rhyder Street für einen Vertrauensbruch gegenüber den College-Bediensteten. Das ist keine Meinung, sondern eine Tatsache.«
    »Nun ja«, sagte Sir Godber, »dann bleiben wir eben verschiedener Meinung, nicht wahr?«
    Der Obertutor versuchte zu vermitteln. »Es ist eine schwierige Entscheidung, so viel steht fest«, sagte er. »Einerseits darf man die Bediensteten nicht vergessen, andererseits liegt auf der Hand, daß der Restaurierungsfonds das Geld braucht. Eine undankbare Entscheidung.«
    »Aber eine, die offensichtlich ohne mich gefällt werden soll«, sagte der Dekan. Sie marschierten in den Speisesaal, und da die Schwerhörigkeit des Kaplans sich seit der Explosion im Turm keineswegs gebessert hatte, sprach der Dekan das Tischgebet. Eine Zeitlang aßen sie schweigend; Sir Godber mampfte seine Ente und beglückwünschte sich zur Meinungsänderung des Obertutors, die möglicherweise auf das schlechte Abschneiden des Colleges bei den Regatten und die eine oder andere ungeschickte Bemerkung des Dekans zurückzuführen war.
    Erpicht darauf, diese Spaltung auszunutzen, machte Sir Godber Anstalten, sich den Obertutor warmzuhalten. Er reichte das Salz weiter, ohne darum gebeten worden zu sein, erzählte zwei amüsante Anekdoten über die Sekretärin des Premierministers und ließ schließlich, als der Obertutor behauptete, solche Zustände seien dem Eintritt in die EWG zuzuschreiben, die ausführliche Schilderung eines Gespräches vom Stapel, das er einmal mit de Gaulle geführt hatte. Währenddessen trug der Dekan demonstrative Gleichgültigkeit zur Schau; er wandte den Blick nicht von den Tischen, an denen sich die Studenten laut unterhielten, und im stillen freute er sich über die Zündschnur, die an der Zeitbombe namens Cornelius Carrington angesteckt war. Gegen Ende der Mahlzeit sprach der Rektor, nachdem er das Thema »De Gaulles Schrullen« erschöpft hatte, in seinem Monolog nähergelegene Fragen an.
    »Meine Frau legt großen Wert darauf, daß Sie bald einmal mit uns zu Abend essen«, fabulierte er. »Ihr liegt sehr daran, einmal Ihre Auffassung zum Thema Tutorinnen für unsere neuen Studentinnen zu erfahren.«
    »Tutorinnen?« wiederholte der Obertutor. »Tutorinnen?«
    »Als koedukatives College werden wir natürlich nicht ohne weibliche Fellows auskommen«, erklärte der Rektor. »Entzückend«, warf der Dekan

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