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Schwanentanz

Schwanentanz

Titel: Schwanentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Francis
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erraten. Das Mitgefühl war ihm in vielen Jahren der Unterdrückung durch Collia allerdings abhandengekommen. Auch heute lag überlegener Spott in Collias Zügen.
    „Vielleicht weiß ich’s.“
    Spielchen also. Nein danke, daran hatte Aiden kein Interesse. Er wandte sich ab und trat Dwyn entgegen, der ihm gefolgt war.
    „Aiden“, rief Collia ihm hinterher. „Ich sag dir, wo Brandon ist. In Caras Bett. Er hat die ganze Nacht dortverbracht und heute Morgen deinen Bruder an den Eiern festgehalten, damit Cara ihn einreiten konnte.“ Collia stieß die Hüfte vor, imitierte ein hohes Wiehern und drehte sich grinsend weg.
    Aiden atmete tief. Tiefer. Er stellte fest, dass er die Fäuste geballt hatte. Sie zitterten. Die Wut auf Collias arrogantes Gehabe schwappte durch seinen Körper wie eine Brandung; eine Welle, die sich an einer einzigen Sache brechen wollte. An Collias Nase. Doch Aiden beherrschte sich. Er riss sich zusammen, wie er es immer tat. Collia wusste das. Nie wäre er Brandon derart dreist entgegengetreten, denn jeder wusste, dass Brandon keiner war, der sich verspotten ließ. Leider wusste auch jeder, dass Aiden das Gegenteil von Brandon war.
    Und dafür hasste er ihn plötzlich.
    Es war ein alberner Grund, vermutlich war es auch nur ein Vorwand. Aber Aiden konnte Brandon nicht hassen, als er ihn in der letzten Nacht einmal mehr ausgepeitscht hatte, und er konnte ihn nicht hassen, als Brandon ihm, Caras Willen folgend, das Blut von der aufgeplatzten Haut geleckt hatte.
    Nun konnte er es.
    „Aiden?“ Dwyn schob seinen Filzhut zurück und sah zu ihm hoch. „Ich denkeglaube, ich weiß, wo Brandon ist. Er war die letzten Tage oft in einem Hinterzimmer des Weinkellers. Die Gnome haben sich schon gefragt, was er dort machttut, aber er hat den Raum zugeschlossen und trägt den Schlüssel bei sich.“
    „Warum hast du mir das nicht vorher gesagt?“
    „Du hast mich nicht gefragt, oder?“
    „Nein, du hast recht.“ Aidens Haarspitzen kitzelten ihn am Nacken. Das Gefühl erinnerte ihn an Caras Finger, an ihre Lippen, an ihre Zähne. Es drang ihm durch den Körper bis in den Magen, wo es sich einnistete und Übelkeit verursachte. Er band sich das Haar zu einem kurzen Zopf zusammen. „Lass uns gehen.“
    Sie erreichten den Raum, aber er war verschlossen. Brandon war nicht hier. An jedem anderen Tag wäre Aiden seiner Neugier zum Trotz wieder gegangen. Nun, ohne die Angst, die ihn sonst vor Dummheiten bewahrte und mit der Wut auf Brandon, fand er keinen Grund mehr, nicht nachzusehen, was hinter der Tür verborgen war. Verdammt, sein Rücken fühlte sich noch immer an, als hätte man ihm die Haut in Streifen vom Fleisch gezogen. Jede Bewegung schmerzte. Hatte er seine Wut Collia gegenüber noch im Zaum halten können, so reizte ihn der Gedanke an Brandon, der ihn für Cara fast bewusstlos geprügelt hatte. Seitdem war er ihm aus dem Weg gegangen, hatte ihn gemieden. Vielleicht war das besser so.
    Aiden überlegte nicht länger. Er zog sein Messer; das tückische, mit der dünnen Klinge, und schob es ins Schloss. Behutsam stocherte er nach dem Schließmechanismus und schob den Riegel beiseite. Ein Klacken und die Tür war geöffnet. Dunkelheit quoll dahinter hervor. Aiden nahm eine Öllaterne von der Wand im Korridor und trat in die fensterlose Kammer, die nichts enthielt bis auf ein paar Regale mit verstaubten Büchern und leeren Flaschen. Er leuchtete in die Ecken und fand erst nachdem sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten die Schale, die im Schutz eines Regales stand. Sie war mit Erde gefüllt. In ihrer Mitte ragte etwas eine knappe Handbreit in die Höhe. Ein Stängel.
    „Das ist nicht wahr“, hörte Aiden sich flüstern. „Brandon, das hast du nicht getan.“
    Die Blüte war abgeknickt, hing kraftlos hinab.
    „Brandon. Nein!“
    Die Blume war verwelkt. Der Tropfen Magie des Venuskelches verloren.

     
    Eine Nacht voller vergebener Chancen steckte Brandon in den Knochen und machte seine Glieder schwer und müde. So viele Möglichkeiten, Cara den magischen Tropfen unterzumischen, während sie mit dem Jungen beschäftigt gewesen war, doch er hatte sie ziehen lassen müssen. Nun schlief Cara und würde dies sicher bis zum Abend tun. Er wusste nicht, wie er die Zeit bis dahin verbringen sollte. Es gab so vieles, was er brauchte. Schlaf. Ruhe. Wind und Sonne auf der Haut. Sex mit Suzanna, um die Erinnerungen der letzten Nacht zu vergessen. Diese dominierten Bilder von Blut und die Melodie von

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