Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwanentanz

Schwanentanz

Titel: Schwanentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Francis
Vom Netzwerk:
wäre sie vollkommen überrascht.
    „Du liebe Liz“, murmelte sie.
    „Was hast du gesagt?“, fragte Brandon.
    Sie schüttelte den Kopf, ihre Augen glänzten. „Das ist mein Lieblingssong, Tom Traubert’s Blues. Liz muss ihrer Mutter das am Telefon erzählt haben.“
    „Vielleicht ist es Zufall“, entgegnete er schulterzuckend. Es fühlte sich falsch an, die freundliche Geste abzuwerten, aber diese Haltung war ihm zu sehr in Fleisch und Blut übergegangen, um den Kommentar runterzuschlucken. Normalerweise war es besser, nicht zu viel hinter Freundlichkeiten zu erwarten, um nicht enttäuscht zu werden.
    „Wenn es Zufall ist, dann muss ich enormes Glück haben“, flüsterte sie fast im Takt der Musik.
    Sie sah auf die zerfetzte Rückenlehne vor ihm, den Blick gesenkt, die Lider halb geschlossen und lächelte sanft. Ihre Hände bewegten sich ganz leicht, als berührten die Melodien sie wie eine sanfte Strömung Unterwasserpflanzen.
    „Ich hab dir etwas verschwiegen“, sagte er leise und spürte, wie sich seine Stimme gegen die Worte auflehnte. Es war so schwierig, sie auszusprechen. „Als du gefragt hast, was du mir bedeutest, hab ich nicht die Wahrheitgesagt. Nicht die Ganze.“
    Ihr Lächeln schwand, um ihre Lippen blieb ein ironischer Ausdruck. „Ich bedeute also keine Lust für dich?“
    Er musste lachen, verbot es sich aber und stieß Luft durch die Nase. „Oh doch. Aber nicht nur.“
    „Was denn noch?“
    Kleines Biest, das sie war! Sie genoss es, ihn zu quälen. Rod Stewart sang die letzte Strophe und legte seinen Helden in den Dreck zum Sterben, was auch Brandon für den Moment als leichterer Weg erschien.
    „Mut“, sagte er trotzdem, gegen die Angst und gegen die Akzeptanz, mit der er bis jetzt sein Leben hinge-nommen hatte. „Mut und das Gefühl, dass mir das Leben, was ich hier habe, nie wieder reichen wird.“ Er sah sie nicht an, sondern starrte zum Vorhang, auf dem nun der Einspieler des Filmes flackerte. Eine alte Frau kam angehoppelt, zerrte die Stoffbahnen von Hand auseinander. Sie winkte ihnen zu und verschwand wieder, die Tür schlug mit einem Knall zu. Der Staub aus dem Vorhang brauchte eine Weile, bis er sich gelegt hatte und die vergilbte Leinwand wieder klarer wurde.
    „Was bedeutet das?“, fragte Suzanna mit belegter Stimme.
    „Dass ich hier fortgehen werde.“ Oder beim Versuch sterbe.
    Als sie ihn ansah, war ihr Gesicht ernst. Streng. „Das ist gut“, sagte sie. Sie berührte seine Wange, strich mit zwei Fingern seinen Kiefer entlang und streichelte mit dem Daumen seinen Mundwinkel. „Es war ein guter Zufall, dass ich diese Blume gefunden habe. Aber warum hast du mir das nicht schon gesagt, als ich dich danach gefragt habe?“
    „Ich wollte nicht, dass du Sex mit mir hast, weil ich schöne Worte sage. Ich wollte wissen, ob du mich wirklich willst.“
    Sie lächelte noch immer nicht, aber sie öffnete die Lippen wie zu einem lautlosen Seufzen. Sie lehnte sich zu ihm herüber, schloss die Augen, und er wandte den Kopf ab, damit sie ihn auf die Wange küsste, statt auf den Mund. Damit war sie nicht einverstanden, sich strich ihm über die Wange und drehte sein Gesicht wieder in ihre Richtung.
    „Warum nicht?“, fragte sie, obwohl er nicht laut ausgesprochen hatte, dass er sie nicht küssen konnte.
    Er deutete auf seine Oberlippe. „Die Narbe.“
    „Was ist mit der Narbe?“
    „Sie ist …“ Abstoßend? Ekelhaft? Ein verkrampfter Wurm mitten in seiner Visage? Er stieß Luft durch die Nase, diesmal kein Amüsement, sondern ein resignierendes Schnauben, weil ihm nichts zu sagen einfiel.
    Suzanna kümmerte sich nicht darum. Sie berührte die Narbe und tastete darüber. Sie streichelte den Wurm. „Woher hast du sie?“
    „Alte Geschichte.“
    „Die höre ich am liebsten.“ Ihr Gesicht zuckte unter einem angedeuteten Lächeln. „Als ich klein war und wir jeden Winter in Australien verbrachten, wo meine Großeltern lebten, saßen wir oft nächtelang alle beisammen am Kamin und haben den alten Geschichten meines Opas gelauscht. Er hatte auch Narben. Tausende. Und jede hatte eine Geschichte. Er hätte uns noch Jahre Geschichten erzählen können, aber so viele blieben ihm nicht.“
    Er streichelte ihr Handinnengelenk. „Was ist passiert?“
    „Der Klassiker.“ Sie seufzte schwer. „Schlangenbisse, Skorpionstiche und ein Flugzeugabsturz konnten ihm nichts anhaben. Nichts von außen konnte ihn töten. Von außen war er unverwüstlich. Aber dann“, sie presste sehr

Weitere Kostenlose Bücher