Schwangerschaft ist keine Krankheit
Kupfer, Molybdän, Chrom, Jod, natürliches Betacarotin
3. Essenzielle Fettsäuren: Omega-3-Fettsäuren, Docosahexaensäure (DHA), Eicosapentaensäure (EPA)
4. Probiotika: Milchsäurebakterienkultur aus Lactococcus lactis, Lactobacillus casei, Lactobacillus acidophilus, Bifidobacterium bifidum
Wir besprechen miteinander, das Präparat sofort abzusetzen, da es sich bei dem Ausschlag an Kristinas Körper am ehesten um eine allergische Reaktion auf einen der zahlreichen Inhaltsstoffe des Nahrungsergänzungsmittels handelt. Stattdessen rate ich zur Einnahme eines Präparates, das nur Folsäure und Jod enthält. Gegen den Juckreiz empfehle ich ihr lokale Umschläge mit schwarzem Tee, bei Bedarf ein Gel. Nach einigen Tagen blasst der Ausschlag ab, und nach etwa zwei Wochen sind Jucken und rote Pünktchen am Körper wieder komplett verschwunden.
Vorsicht bei »Schwangerschaftsvitaminen«
Was sich bei Kristina ereignet hat, geschieht immer wieder, und vielleicht kennen Sie das Problem schon aus eigener Erfahrung. Allergische Reaktionen auf Nahrungsergänzungsstoffe oder »Schwangerschaftsvitamine«, die viel zu viele Inhaltsstoffe haben, sehe ich wöchentlich in meiner Praxis. Manche schwangeren Frauen nehmen aus übertriebener Vorsicht sogar mehrere verschiedene Nahrungsergänzungsmittel zu sich. Sie wollen alles richtig machen. Sie informieren sich in Zeitschriften, Schwangerschaftsratgebern oder im Internet. Jeder, den sie fragen, erzählt ihnen, dass »Schwangerschaftsvitamine« sehr wichtig seien. Diese Berater sind Freundinnen, Verwandte, Apotheker, Hausärzte, Hebammen und nicht zuletzt auch Frauenärzte.
Es vergeht kaum eine Woche in der frauenärztlichen Praxis ohne den Besuch eines Pharmavertreters, der mit zahlreichen Musterpäckchen und Hochglanzprospekten beladen ist und Nahrungsergänzungsmittel für Schwangere bewirbt. Da werden angebliche Studien, Statistiken, pharmazeutische Gutachten und Qualitätskontrollen zugunsten der eigenen Firma vorgelegt. Nebenbei wird meist ein geradezu peinlicher Schnickschnack an sinnlosen Werbegeschenken an der Rezeption verteilt, um mit firmeneigenen Kugelschreibern, Teetassen, Taschenkalendern & Co. Produkt-Placement zu betreiben.
Für Sie und Ihr ungeborenes Kind sind dabei die folgenden Fragen entscheidend: Wie sinnvoll und wie unbedenklich sind derartige Nahrungsergänzungsmittel für Ihre Gesundheit in der Schwangerschaft? Und weiter: Welche Inhaltsstoffe benötigen Sie überhaupt?
»Vitamine unter Verdacht« â Wie (un-)gefährlich sind Vitamine?
Im Oktober 2008 gab das National Cancer Institute der Vereinigten Staaten den vorzeitigen Abbruch der sogenannten SELECT-Studie nach 5,4 Jahren bekannt. Dabei handelt es sich um eine Studie, in der überprüft wurde, inwieweit Selen und Vitamin E der Entstehung von Tumoren vorbeugen können. Das Zwischenergebnis der Studie zeigte, dass Vitamin E und Selen Männer nicht vor Prostatakrebs schützen. Unter täglichen Vitamin-E-Dosen von 400 Internationalen Einheiten (IE) stieg das Risiko hierfür sogar um 13 Prozent an. Die Zahl der Neuerkrankungen an Diabetes mellitus war unter Selen um 7 Prozent erhöht (Lippmann et al. 2009).
Bereits eine frühere Studie hatte ein vermehrtes Auftreten von Herzmuskelschwäche unter Einnahme von Selen und Vitamin E gezeigt (Sesso et al. 2008). Eine weitere Vitaminstudie mit insgesamt 230 000 Teilnehmern hatte ein Ansteigen der Sterblichkeit unter Vitamin E beschrieben. »Wir haben keine überzeugenden Belege dafür gefunden, dass diese Mittel die Sterblichkeit verringern«, resümierten die Mediziner. Und mehr noch: »Beta-carotin, Vitamin A und Vitamin E erhöhen die Sterblichkeit.« (Bjelakovic et al. 2007).
Auch die aktuelle Iowa Womenâs Health Study mit mehr als 41 000 Amerikanerinnen im Alter zwischen 55 und 69 Jahren ergab einen Anstieg der Sterblichkeit bei Einnahme der untersuchten Nahrungsergänzungsstoffe (Eisen, Magnesium, Zink, Kupfer, Folsäure, Multivitaminpräparate und Vitamin B 6 ). Am deutlichsten zeigte sich dies bei der Einnahme von Eisen (Mursu et al. 2011). Im Kommentar zu der Studie hieà es: »Wir können die Einnahme von Vitaminen und Mineralstoffen als präventive MaÃnahme nicht empfehlen, zumindest nicht bei einer gut ernährten Bevölkerung.«
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