Schwangerschaft ist keine Krankheit
die Welt gekommene Menschen. Hier hat das »Recht auf Nichtwissen« seinen Platz. Es ist einer Schwangeren ausÂdrückÂlich erlaubt, eine Untersuchung abzulehnen, die ihr angeboten wird. Dies soll die werdenden Eltern davor schützen, bei einem auffälligen Befund in eine schwere Konfliktsituation zu geraten, die für das Leben oder Nicht-Leben des Kindes entscheidend sein kann.
Fazit: Eine vorgeburtliche Diagnostik ist nur dann sinnvoll, wenn Sie und Ihr Partner schon während der Schwangerschaft über eine mögliche Behinderung des Kindes informiert sein wollen, ohne einen Schwangerschaftsabbruch zu planen, oder wenn ein Schwangerschaftsabbruch für Sie definitiv infrage kommt. Andernfalls braucht niemand eine vorgeburtliche Fehlbildungsdiagnostik.
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Methoden der vorgeburtlichen Fehlbildungsdiagnostik
Um schwangere Frauen im Zusammenhang mit der sogenannten Pränataldiagnostik, also der gezielten Fehlbildungsdiagnostik, zu unterstützen, wurde zum 1. Februar 2010 das Gendiagnostikgesetz eingeführt. Es besagt, dass vor jeder vorgeburtlichen Fehlbildungsdiagnostik und nach Vorliegen der Untersuchungsergebnisse eine genetische Beratung der werdenden Eltern durchgeführt werden soll.
Die meisten Konfliktsituationen in der vorgeburtlichen Fehlbildungs-diagnostik ergeben sich aus den medizinischen Besonderheiten der verschiedenen Untersuchungsverfahren. Darüber will ich im Folgenden kurz berichten.
Die Fruchtwasseruntersuchung
Die Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese) wird zwischen der 15. und der 17. Schwangerschaftswoche, gerechnet nach der letzten Regel, durchgeführt. Der Eingriff erfolgt unter dauernder Beobachtung mit dem Ultraschall. Dabei werden die Bauchwand und die Gebärmutter mit einer Hohlnadel durchstochen, bis die Fruchthöhle erreicht ist, in der das Baby liegt. Dann werden circa 15 Milliliter Fruchtwasser entnommen. In diesem Fruchtwasser schwimmen abgelöste Zellen des Ungeborenen. Nach einer zweiwöchigen Kultur im Labor können aus ihnen die Träger des kindlichen Erbguts, die Chromosomen, nach Anzahl und Struktur präpariert und analysiert werden.
Die Ergebnisse der Fruchtwasseruntersuchung sind sehr zuverlässig, es gibt keinen Fehlalarm dabei. Die lange Wartezeit auf den Befund wird jedoch von vielen werdenden Eltern als sehr belastend empfunden. Deshalb gibt es auch einen Schnelltest, der zusätzlich zur Kultur der kindlichen Zellen angeboten wird. Er beruht auf einer sogenannten Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH-Test) und liefert bereits nach ein bis drei Tagen ein vorläufiges Ergebnis über die Chromosomen 13, 18, 21 sowie über die Geschlechtschromosomen X und Y.
Risiken der Fruchtwasseruntersuchung
Die Fruchtwasseruntersuchung ist eine invasive MaÃnahme, die in den Leib der Schwangeren eindringt. Darin liegt auch ihr potenzielles Risiko begründet: Ein 0,5 bis 1 Prozent aller Fruchtwasseruntersuchungen führt eingriffsbedingt zur Fehlgeburt, das heiÃt eine bis zwei von 200 Frauen haben nach dieser Untersuchung eine Fehlgeburt. Laut Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) steigt das Risiko der Fruchtwasseruntersuchung, wenn sie bereits mit 13 Schwangerschaftswochen durchgeführt wird: Dann kommen dreimal häufiger Kinder mit einem Klumpfuà zur Welt. Aus diesen Gründen empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin das Ersttrimesterscreening als eine oftmals risikoärmere Alternative (www.degum.de).
Seit Einführung der Kostenübernahme für die Fruchtwasseruntersuchung durch die Krankenkassen im Jahr 1976 wurde diese zunächst zunehmend häufiger genutzt â und zwar vornehmlich von den etwas älteren Schwangeren. Inzwischen ist der Trend wieder rückläufig, es findet eine Verschiebung hin zum nicht-invasiven Ersttrimesterscreening statt (Ritgen 2011). Trotzdem nehmen noch gut 20 Prozent der Frauen diese Untersuchung in Anspruch.
Das Ersttrimesterscreening
Diese Untersuchung, die bereits kurz im Kapitel 5 erwähnt wurde, gilt als nichtinvasive, also nicht verletzende und damit ungefährliche Methode. Sie dient als Suchtest für das Downsyndrom und wird in Deutschland sehr häufig durchgeführt. Dabei dient das Ergebnis lediglich als eine Entscheidungshilfe für oder gegen eine weiterführende Diagnostik, denn ein Downsyndrom kann durch diese Untersuchung nicht
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