Schwartz, S: Blutseelen 2: Aurelius
Blut seinen Jüngern, um sie zu stärken. Und ich werde von deinem trinken. Genug, dass zwischen uns eine Bindung entsteht. Danach wirst du meine Dienerin sein und mir und dem Klan deine Loyalität beweisen. Erst wenn wir uns dieser sicher sind, wirst du gewandelt werden. Zu Anfang gibt es zwei Rituale der Bindung. Erst das dritte und letzte macht dich zum Vampir.“
„Willst du mich tatsächlich zum Vampir machen?“
„Nein. Wir spielen dieses Spiel nur so lange, wie es nötig ist. Zum Vampir mache ich dich nicht, selbst wenn dein Organismus geeignet sein sollte.“
„Warum nicht?“
Er schloss die Augen, atmete tief ein und öffnete sie wieder. „Du bist nun einige Stunden in diesem Anwesen und inzwischen mehreren Vampiren begegnet. Vielleicht ist dir aufgefallen, dass keiner von ihnen – ich eingeschlossen – normal ist.“
„Was meinst du damit?“
„Weißt du, was ein Trauma ist?“
„Ich hatte viele Verletzungen in meinem Leben. Meine Mutter meinte immer, ich sei zu geistesabwesend. Als ob ich mich gedanklich mit fernen Dingen beschäftigen würde.“ Sie schwieg kurz, als ihr etwas einfiel. „Aber vielleicht habe ich das ja. Vielleicht haben die verborgenen Erinnerungen in mir dafür gesorgt, dass ich mich oft nicht genug konzentrieren konnte, und deshalb hatte ich öfter Unfälle und habe mir die Knochen gebrochen.“
„Ich rede nicht von einem körperlichen Trauma, sondern von einem seelischen. Ein Vampir erlebt unendlich mehr Grausamkeiten als ein Mensch, je länger er lebt. Jedes Zeitalter schlägt seine Krallen in seine Seele und sorgt dafür, dass sie so zerklüftet wird wie der Mond. Die wenigsten verkraften das. Sie werden grausam, depressiv oder wahnsinnig.“
„Wie Rene und Gracia?“
„Wie Rene und Gracia. Auch du könntest so werden.“
„Du bist anders.“
Er lächelte schwach. „Ich bin ein guter Schauspieler, mehr nicht.“
Sie schüttelte den Kopf. „Das glaube ich nicht. Es gibt etwas, das du vergessen hast. Jeder Mensch ist anders, und manche Menschen können mit gefährlichen Situationen und Traumata besser umgehen als andere.“
„Und du glaubst, du gehörst zu diesen Menschen?“
Sie suchte in sich nach der Wahrheit. Was fühlte sie wirklich? Langsam nickte sie. „Ja. Ja, ich glaube, dass ich das tue. Ich war schon immer so. In der Schule gab es Mitschülerinnen, die mich gehasst haben, weil ich stark war. Weil es mir nichts ausgemacht hat, wenn eine Lehrerin schimpfte oder ein anderer mich beleidigte. Natürlich war mir das nicht egal. Aber ich konnte besser damit umgehen als sie. Auch mit meinen Unfällen.“
„Oder damit, in einem Anwesen voller Vampire gefangen zu sein.“ Er nickte nachdenklich. „Offen gestanden warte ich noch immer auf deinen Zusammenbruch.“
Sie hob das Kinn. „Da kannst du lange warten.“
Er stand auf und kam näher. Sein Duft machte sie sprachlos. Seine Nähe war alles, was sie wollte. Er sollte bei ihr bleiben und nie wieder gehen.
„Du bist stark“, flüsterte er. „Aber vielleicht nicht stark genug. Ich bedaure, in was du hineingeraten bist und dass ich es war, der deine Blutlinie ausfindig machte.“
Sie nahm sein Gesicht in beide Hände. „Ich bedaure es nicht. Ich bin lieber an diesem Ort, gefangen mit fünfzig Vampiren und fernab von meinem normalen Leben, als ohne dich zu sein.“
Endlich fiel die Maske, die er so lange aufrecht erhalten hatte. Amalia sah in seinem Blick die Wahrheit seiner Worte. Er bereute sein Tun, und er hatte Angst, dass sie der Aufgabe nicht gewachsen war oder ihr etwas zustieß. Seine Angst war der Spiegel seiner Liebe. Seine Stimme war weich.
„Du vertraust mir?“
„Ja.“
Seine Finger glitten zu ihrem Rücken, fanden den Reißverschluss des schwarzen Kleides und zogen ihn bis zur Hüfte hinab. „Dann tu, was du selbst in Gang gesetzt hast. Zieh dich aus und lass uns das Ritual beginnen.“ Er trat einen Schritt zurück und sah sie auffordernd an.
Langsam zog und schob sie an dem mit Pailletten besetzen Stoff. Das Kleid fiel zu Boden.
Er lächelte. „In diesem Ritual wirst nicht nur du nackt sein. Und vor allem wirst du nicht nur körperlich nackt sein.“
„Wie meinst du das?“
„Wenn wir dieses Mal miteinander schlafen, werde ich mich dir öffnen, weiter als je zuvor. Du wirst meinen größten Wunsch erkennen und ich deinen. Und vielleicht wird sogar mehr als das passieren, aber das kann ich nicht mit Sicherheit sagen.“
Amalia schüttelte leicht den Kopf. Sie
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