Schwartz, S: Blutseelen 2: Aurelius
einladend aussah. Aurelius legte seine Hand auf einen Scanner neben der Tür und hielt sein Gesicht vor einen Zweiten. Ein leises Klacken ertönte, und die Tür glitt wie von Geisterhand zur Seite und in die Wand. Licht flammte auf und fiel auf einen polierten schwarzen Marmorboden. Fast gleichzeitig schalteten sich mehrere Lautsprecher ein und gossen leise Klaviermusik in den Raum.
„Wow!“ Amalia starrte fassungslos in das unterirdische Appartement. Sie hatte weder die hohe Decke noch den verschwenderischen Luxus erwartet. Keine zwei Meter vor ihr erstreckte sich mitten im Marmor ein Schwimmbecken. Die Leuchten des Raumes waren an den Seiten angebracht und zum Teil in die Decke eingelassen. Auch im Wasser erzeugten mehrere Strahler eine mystische Stimmung. Der Raum bestach durch einfache Schwarz-Weiß-Kontraste. An den Wänden hingen riesige Leinwände, die wie Fotografien aussahen. Amalia trat näher und erkannte, dass es Ölgemälde waren. Eines davon zeigte Darion. Obwohl es ein Ölbild war, stimmte jedes Detail mit dem Original überein. Sie wandte sich zu Aurelius um.
„Hast du das gemalt?“
Er nickte. Seine Stimme klang ironisch. „Wenn man relativ unsterblich ist, hat man jede Menge Zeit, Fernlehrgänge zu belegen.“
„Das ist unglaublich.“ Sie streifte an der Wand und den dort angebrachten Gemälden entlang. Das erste zeigte Darion, die anderen drei zwei Frauen und ein Selbstporträt von Aurelius mit kurzen Haaren. Er trug eine Soldatenuniform.
Wenn sie gewusst hätte, dass er so gut zeichnen und malen konnte, hätte sie vielleicht Bedenken gehabt, ihn in Leipzig zu zeichnen. Gleichzeitig freute sie sich, eine weitere Gemeinsamkeit zwischen ihnen gefunden zu haben.
„Wer sind die Frauen?“
„Edita und Tatjena.“ Er schien nicht mehr sagen zu wollen, und Amalia wollte nicht weiter nachbohren.
Am Ende des Raumes kam sie an eine Tür, die sich automatisch öffnete, als sie die Hand ausstreckte. Ein Bewegungsmelder hatte reagiert. Neugierig sah sie ins nächste Zimmer – einen großen Wohnraum, der ebenfalls in einfachen Schwarz-Weiß-Kontrasten gehalten und mit weiteren Bildern ausgestattet war. Die Gemälde zeigten Landschaften in Grautönen, und Amalia war plötzlich sicher, dass es wie im Vorraum Bilder waren, die Aurelius gemalt hatte und die ihm persönlich viel bedeuteten.
An einer Wand hingen Waffen. Eine Pike, zwei Langschwerter, ein gebogener Säbel und mehrere Dolche und Messer. In der Mitte der Wand befanden sich zwei weitere Halterungen, aber keine Klingen.
„Was bedeutet die leere Stelle? Sind die Waffen in Gebrauch?“ Es sollte ein Scherz sein, aber sie hörte, wie dünn ihre Stimme klang. Sie hatte Aurelius immer für einen Krieger gehalten, aber das, was sie in diesem Zimmer sah, zeigte ihr, dass er einer war. Wie oft hatte an den sorgfältig gepflegten Waffen Blut geklebt?
„Ich habe den Platz freigelassen für die beiden Klingen, die mich tödlich verletzt und zum Vampir gemacht haben.“
Amalia zog die Augenbrauen zusammen. Wie lange war das her? Aurelius existierte seit Jahrhunderten. „Glaubst du denn, die Waffen nach all den Jahren noch zu finden?“
Er schwieg. Sein Blick zeigte eine grimmige Entschlossenheit, und Amalia erkannte, dass er das tatsächlich tat. Als er nichts sagte, sah sie sich weiter im Wohnraum um. Die weiße Ledercouch sah einladend aus. Niedrige Sideboards und ein Kristalltisch wirkten zurückhaltend modern. In einer Vitrine standen Kunstgegenstände aus der ganzen Welt, geschliffene Figuren aus Elfenbein und Perlmutt, Jade-Buddhas, Klangschalen und Truhen aus Holz. Alles wirkte aufgeräumt und gepflegt, fast wie in einem Museum. Zwei weitere Türen gingen vom Wohnzimmer ab.
„Du hast keine Schränke. Wo sind deine ganzen Sachen?“
„Es gibt einen Raum neben dem Schlafzimmer, in dem meine Kleider liegen. Deine übrigens auch, zumindest alle, die ich bislang von dir habe. Ich war in deiner Wohnung in Mainz.“
„Du warst ... Wann?“
„Gestern. Ich brauche wenig Schlaf. Ich habe mir auch erlaubt, in deinem Namen eine Kündigung für deinen Vermieter aufzusetzen.“
Amalia schwindelte. „Das heißt, ich kann nicht mehr zurück.“ Sie wusste es. Aurelius hatte es ihr gesagt. Selbst wenn sie das Abenteuer bei den Vampiren in Frankfurt gut überstand, würde sie nicht mehr in ihr altes Leben zurück können. Sie würde eine neue Heimat brauchen, vermutlich eine, die nicht einmal in Deutschland lag und die keinem der Vampire
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