Schwartz, S: Blutseelen 2: Aurelius
ging ins Leere. Die Vampirfürstin stand lässig an die gegenüberliegende Wand gelehnt, weit außerhalb ihrer Reichweite.
„Du hast Mut. Doch das wird dir nicht helfen Deine letzte Stunde ist angebrochen, und niemand kann dich mehr retten.“
Mit einem gewaltigen Satz sprang Rene auf Amalia zu. Ehe sie noch die Hände hochreißen konnte, spürte Amalia die Zähne in ihrem Hals. Schmerz durchfuhr sie. Die Wunde war viel größer als die, die ihr Aurelius zugefügt hatte. Sie schrie auf und spürte, wie Rene ihr Blut trank. Schluck um Schluck nahm sich die Vampirin, was sie wollte.
Amalias Knie wurden weich. Sie wollte um sich schlagen, aber ihre Arme fühlten sich kraftlos an und ließen sich nicht bewegen. Sie schrie verzweifelt auf, doch es war niemand da, der ihr helfen konnte. „Aurelius!“ Ohne es bewusst zu wollen, rief sie seinen Namen. Zuerst laut, dann geistig. Sie sah den Schmetterling, der davonflog und spürte, wie nah sie dem Tod war. Rene machte vor nichts Halt. Sie trank sie leer bis auf den letzten Tropfen. Trotzdem starb sie nicht. Halb besinnungslos spürte sie Renes Handgelenk an ihren Lippen. Blut quoll in ihrem Mund, und sie schluckte automatisch, solange das Blut floss. Mit dem Blutaustausch kam eine Verbindung zustande.
Wieder stand Amalia in ihrem Garten. Wieder war Rene an ihrer Seite. Die Vampirin zerrte sie über die Wiese, hin zu den ägyptischen Tempeln.
„Dieses Mal wirst du mir geben, was ich will“, zischte sie in Amalias Ohr. „Keine Spielereien.“
Sie zog Amalia zu einem Tempel, der ihr bekannt vorkam. Hier war sie bereits mit Aurelius gewesen und hatte auf einer der Treppenstufen mit ihm geschlafen. Rene stieß Amalia vor sich her. Sie stolperte die Stufen hinauf, betrat den Innenraum und fand die Treppe. Der geheime Gang stand noch offen. Sie ging die Stufen hinab, dicht gefolgt von Rene, die umgeben war von einem gleißenden weißen Licht, das die Umgebung erhellte.
Gemeinsam traten sie in einen Raum, in dem ein Sarkophag mit prächtigem Goldschmuck stand. Es war der Sarkophag einer Frau.
„Laira“, flüsterte Rene. Sie sah Amalia an. „Wo sind wir? Wie heißt die Stadt, die über uns liegt?“
„Memphis“, keuchte Amalia. „Wir sind in Memphis.“
„Zeig mir ein Bild aus der Perspektive eines Vogels.“
Der Befehl kam scharf, und vor Amalia baute sich sofort die Sichtweise eines Vogels auf. Sie blickte auf den Tempel, der abseits lag, auf ein Dorf in der Nähe, auf Palmen und ein Wasserloch. Höher und höher stieg sie hinauf, bis sie den Nil unter sich sah.
„Das reicht.“ Das Bild verschwand. Renes Stimme war fröhlich. „Du bist die letzte Erbin. Und ich werde es sein, die dich vernichtet. Dein Blut gehört mir, und dein Körper wird schon bald Geschichte sein.“
Sie beugte sich vor und biss Amalia auch in der Vision in den Hals. Auf einmal war der brennende Schmerz wieder da. Amalia schrie. Sie wusste, dass sie sterben würde, wenn Rene erneut trank. Tränen liefen aus ihren Augenwinkeln. Sie hätte Aurelius gern noch einmal gesehen. Nur noch ein Mal. In Gedanken rief sie seinen Namen, bis sie nicht mehr denken konnte.
Ü BER B ERLIN
„Amalia!“ Aurelius schreckte aus dem Sitz des Flugzeugs. In wenigen Minuten würde die Maschine in Berlin landen. Amalia war zum Greifen nah und sie war in Gefahr. Sie rief nach ihm. Er spürte ihre geistigen Hilfeschreie in sich, als würde sein Herz versagen.
Eine Stewardess kam auf ihn zu. Sie lächelte unverbindlich. „Wir landen. Bitte setzen sie sich gerade hin und klappen sie ihren Tisch nach oben.“
Aurelius starrte sie an und ließ die Maske fallen, hinter der er sich verbarg. Er sah, wie die braunhaarige Frau bleich wurde. Sie wich zurück und wandte sich rasch an einen anderen Fluggast.
Aurelius setzte sich. Am liebsten hätte er Rene in tausend Teile zerrissen. Die Angst, zu spät zu kommen, machte ihn rasend. Sein Blick fiel aus dem Fenster. Mit seiner scharfen Wahrnehmung konnte er den Vorort ausmachen, in dem Renes Hotelanlage stand. Am liebsten wäre er aus dem Fenster gesprungen, um schneller zu sein. Gequält schloss er die Augen. Er war so kurz vor dem Ziel und kam trotzdem zu spät. Sein größter Albtraum wurde gerade Wirklichkeit.
F RANKFURT
„Wie konntest du!“ Perry schlug zu, und Mai wusste, dass sie gegen diesen Schlag nichts ausrichten konnte. Sie flog durch den Raum und schrie hell auf, als sie gegen die Wand krachte und ihre Rippen brachen. Auch in ihrem gebrochenen
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