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Schwarz auf Rot

Schwarz auf Rot

Titel: Schwarz auf Rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu Xiaolong
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deutlich unter dem der übrigen Stadt. Seinen Spit z namen »vergessene Ecke« trug es zu Recht.
    In den letzten Jahren hatten sich dort wegen der bill i gen Unterkünfte und illegalen Untervermietungen die Zuzügler aus der Provinz angesiedelt. Es war keine Se l tenheit, daß fünf bis sechs Neuankömmlinge in einem Zimmer zusammengepfercht wurden. Sobald sich ihre finanzielle Situation etwas verbesserte, zogen sie in schönere Viertel.
    »Meinen Informationen zufolge bewohnt Bao ein kleines Zimmer für sich allein«, sagte Chen. »Er ist vor etwa zwei Monaten hier eingezogen, geht aber keiner gerege l ten Arbeit nach. Er hält sich mit Gelegenheitsjobs für eine Baufirma über Wasser.«
    »Wenn er sich ein eigenes Zimmer leisten kann, geht es ihm besser als vielen anderen«, kommentierte Yu.
    Das Gebäude Nummer 361 an der Jungong Lu war ein heruntergekommener Arbeiterwohnblock aus den Fün f zigern. Er hatte weder die anspruchsvolle Architektur eines shikumen-Hauses noch die Annehmlichkeiten m o derner Apartmentblocks. Das Gebäude bestand nicht aus abgeschlossenen Wohnungen, sondern aus Wohneinhe i ten, die jeweils von mehreren Familien bewohnt wurden. Jede Familie hatte ein Zimmer und teilte sich mit anderen die Gemeinschaftsküche. Baos Zimmer war ursprünglich ein Balkon gewesen, der von der Küche aus zugänglich war. Im Parterre darunter befand sich ein kleines Resta u rant, das ebenfalls aussah, als sei es ein umgebauter Wohnraum.
    Chen und Yu gingen die Treppe hinauf. Sie klopften an die Tür, und ein großgewachsener junger Mann von sechzehn oder siebzehn Jahren öffnete. Bao wirkte wie eine unterentwickelte Bohnenstaude. Seine kleinen A u gen verengten sich angstvoll, als er Hauptwachtmeister Yus Uniform sah. Das Zimmer war eines der ärmlic h sten, die Yu je gesehen hatte. Mobiliar gab es so gut wie gar nicht. Eine Hartfaserplatte auf zwei Bambusbänken bildete das Bett, daneben stand ein unordentlicher Stapel Kartons. Ein kaputter Stuhl und eine Art Schülertisch bildeten die übrige Einrichtung, die Bao offenbar aus dem Sperrmüll zusammengetragen hatte.
    »Diese Nuß müssen wir knacken, bevor wir sie aufs Präsidium bringen«, flüsterte Chen.
    Diese Äußerung war ungewöhnlich für den Oberi n spektor, der sich sonst immer peinlich genau an die Vo r schriften hielt. Aber diesmal fehlte ihnen dazu die Zeit, das wußte Yu. Wenn sie Bao aufs Präsidium brachten, würden Parteisekretär Li und a ndere womöglich an den Verhören teilnehmen, und das konnte die Sache verz ö gern.
    Heute war Donnerstag. Sie mußten noch vor der Pre s sekonferenz am Freitag die Wahrheit aus Bao herau s pressen.
    »Sie sagen uns besser, was Sache ist«, sagte Chen zu Bao. »Wenn Sie uns genau erzählen, was am Morgen des 7. Februar passiert ist, kann Hauptwachtmeister Yu vie l leicht etwas für Sie tun.«
    »Nicht, daß wir nicht wüßten, was da vorgefallen ist«, sagte Yu. »Aber wenn Sie kooperieren, werden wir bei den entsprechenden Stellen ein Wort für Sie einlegen.«
    Yu wußte nicht, ob das überhaupt in seiner Macht stand, aber er mußte mitspielen.
    Außer dem kaputten Stuhl gab es keine Sitzgelege n heit; Bao hockte gegen die Wand gelehnt und sah nun einer welkenden Bohnenstaude ähnlich.
    »Ich weiß nicht, wovon Sie reden, Genossen Poliz i sten«, sagte er, ohne einen von ihnen anzusehen.
    »Sie vernehmen ihn, Hauptwachtmeister Yu«, sagte Chen, »während ich das Zimmer durchsuche.«
    Auch hier wich Chen, wie Yu bemerkte, von der übl i chen Vorgehensweise ab. Schließlich hatten sie keinen Durchsuchungsbefehl.
    »Nur zu, Chef«, sagte Yu und spielte das Spiel mit. »Wo waren Sie am Morgen des 7. Februar, Bao? Wir wissen, was Sie getan haben. Leugnen ist zwecklos.«
    Vielleicht war Bao einfach noch zu jung, denn er schien nicht zu wissen, daß die Polizei einen Durchs u chungsbefehl brauchte, um sich in seinem Zimmer ums e hen zu können. Er wich Yus Frage aus und beteuerte nur immer wieder seine Unschuld.
    Chen zog derweil weitere Kartons unter dem Bett he r vor. In einer Schuhschachtel fand er ein von einem Gummi zusammengehaltenes Bündel Papiere.
    »Das ist das Manuskript, das Sie am Morgen des 7. Februar a us Yins Zimmer entwendet haben«, sagte Chen mit ruhiger Stimme, so als sei ihm das alles von vornhe r ein klar gewesen. »Es handelt sich um das Manuskript, das Yang auf englisch verfaßt hat.«
    Yu hatte Mühe, seine Überraschung zu verbergen, als er sagte: »Das Spiel ist aus. Besser Sie erzählen

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