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Schwarz-Indien

Schwarz-Indien

Titel: Schwarz-Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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tertiä-
    ren Formation lief die letzte Kohlenader aus; hier war auch
    das letzte Stückchen Kohle aus der Grube Dochart geför-
    dert worden.
    »An diesem Punkt, Mr. James«, sagte Simon Ford, die
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    Haue erhebend, »werden wir das tote Gestein in Angriff
    nehmen müssen, denn hinter dieser Wand muß sich in grö-
    ßerer oder geringerer Tiefe das gesuchte Kohlenlager fin-
    den.«
    »Und an der Oberfläche dieses Felsen«, fragte James
    Starr, »habt Ihr den Austritt von Wettergasen nachgewie-
    sen?«
    »Gewiß, Mr. James«, antwortete Simon Ford, »und ich
    habe es durch die bloße Annäherung meiner Lampe ent-
    zünden können. Harry ist das ebenfalls wiederholt gelun-
    gen.«
    »In welcher Höhe?« fragte James Starr.
    »An die 10 Fuß von der Sohle des Stollens«, antwortete
    Harry.
    James Starr hatte sich auf einen Felsblock gesetzt. Nach-
    dem er die Atmosphäre der Höhle geprüft hatte, schien es
    fast, als zöge er die doch so zuversichtlichen Worte der bei-
    den Bergleute stark in Zweifel.
    Das Wasserstoff-Monokarbonat ist nämlich nicht voll-
    ständig geruchlos, und den Ingenieur nahm es wunder, daß
    es sich seinem ebenso geübten wie scharfen Geruchsinn gar
    nicht offenbaren sollte. War dieses explosive Gas hier der
    Luft beigemischt, konnte es doch nur in sehr geringen Men-
    gen der Fall sein. Eine Explosion war also nicht zu fürchten,
    und man konnte die Sicherheitslampe ohne Gefahr öffnen,
    um einen Versuch anzustellen, wie es der alte Bergmann
    schon vorher getan hatte.
    Was den Ingenieur in diesem Augenblick beunruhigte,
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    war nicht, daß er von einem zu großen Gasgehalt der Luft
    ausging, sondern daß er eher glaubte, einen zu geringen,
    wenn nicht gar keinen anzutreffen.
    »Sollten sie sich getäuscht haben?« murmelte er für sich.
    »Nein, das sind ja Leute, die sich auf die Sache verstehen.
    Und doch ...«
    Er wartete also nicht ohne einige Unruhe auf die von
    Simon Ford vorausgesagte Erscheinung. Aber eben jetzt
    schien auch Harry, genau wie vorher ihm selbst, dieses voll-
    ständige Fehlen des Gasgeruchs aufzufallen.
    »Vater«, begann er, »mir scheint, der Austritt des Gases
    aus dem Schieferfelsen hat aufgehört!«
    »Was? Aufgehört!« rief der alte Bergmann erschrocken.
    Simon Ford schloß die Lippen hermetisch und saugte
    die Luft in mehreren tiefen Zügen durch die Nase ein.
    Plötzlich fuhr er auf und rief:
    »Gib mir deine Lampe, Harry!«
    Simon Ford erfaßte die Lampe mit zitternder Hand. Er
    entfernte das sie umschließende Drahtnetz und ließ die
    Flamme in freier Luft brennen.
    Wie erwartet, entstand keine Explosion, aber, was hier
    viel bedeutsamer erschien, die Flamme schrumpfte nicht
    einmal ein wenig zusammen, wodurch sich sonst das Vor-
    handensein geringerer Wettergasmengen verrät.
    Simon Ford nahm Harrys Stock, befestigte die Lampe an
    dessen Spitze und erhob sie in die höheren Luftschichten,
    in denen sich das Gas infolge seines geringeren spezifischen
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    Gewichts hätte ansammeln müssen, selbst wenn es nur in
    der geringsten Menege ausströmte.
    Die gerade aufsteigende weiße Flamme der Lampe deu-
    tete auf keine Spur von Wasserstoff-Monokarbonat.
    »An die Wand halten!« sagte der Ingenieur.
    »Ja!« antwortete Simon Ford und bewegte die Lampe zu
    den Stellen der Wand, wo er und sein Sohn noch am Tag
    vorher die Gasentwicklung wahrgenommen hatten.
    Der Arm des alten Bergmanns zitterte, als er die Flamme
    in der Höhe jener Spalten des Schiefers hinführte.
    »Lös mich ab, Harry«, sagte er.
    Harry ergriff den Stock und hielt die Lampe nach und
    nach an alle gespaltenen Stellen im Schiefer ... Doch er
    schüttelte den Kopf, denn das leise Knistern und Zischen,
    welches das ausströmende Wettergas zu begleiten pflegt,
    drang nicht an sein Ohr. Eine Entzündung fand nicht statt.
    Es lag also auf der Hand, daß jetzt kein Gasmolekül aus der
    Wand hervorquoll.
    »Nichts!« rief Simon Ford, dessen Faust sich mehr infolge
    des aufflammenden Zorns, als der Entmutigung ballte.
    Da entfuhr ein Schrei Harrys Lippen.
    »Was ist?« fragte James Starr.
    »Man hat die Spalten des Schiefers verstopft!«
    »Sprichst du die Wahrheit?« fragte der alte Bergmann.
    »Seht selbst, Vater!«
    Harry hatte sich nicht getäuscht. Deutlich erkannte man
    beim Schein der Lampe die Verschließung der Spalten, die,
    erst neuerdings mit Kalk ausgeführt, sich deutlich als eine
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    lange weißere Linie zeigte, die durch darauf gestreuten Koh-
    lenstaub

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