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Schwarz-Indien

Schwarz-Indien

Titel: Schwarz-Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Vorhandensein
    solcher Kohlenwasserstoffgase überzeugt?«
    »Ein alter Bergmann wird sich darin nicht täuschen«, er-
    widerte Simon Ford. »Ich kenne unseren Feind, die schla-
    genden Wetter, schon gar zu lange!«
    »Doch, wenn das nun ein anderes Gas gewesen wäre«,
    warf James Starr ein. »Die Wetterluft ist fast geruchlos und
    ganz farblos. Sie verrät ihre Gegenwart eigentlich nur durch
    die Explosion.«
    »Wollen Sie mir gestatten, Mr. James«, antwortete Simon
    Ford, »zu erzählen, was ich deshalb und wie ich es angefan-
    gen habe ... so nach meiner Art und Weise ... und entschul-
    digen, wenn ich zu lang werde?«
    James Starr kannte den alten Obersteiger und wußte, daß
    es am besten war, ihn nicht zu unterbrechen.
    »Mr. James«, fuhr jener also fort, »seit 10 Jahren ist kein
    Tag vergangen, ohne daß wir, Harry und ich, nicht bemüht
    gewesen wären, die Grube wieder ertragsfähig zu machen; –
    nein, gewiß kein Tag! Wenn noch ein Kohlenlager vorhan-
    den war, wir hatten uns fest vorgenommen, es aufzufinden.
    Welche Mittel konnten wir dabei anwenden? Bohrversuche?
    Das war unmöglich, dagegen besaßen wir den Instinkt des
    Bergmanns, und manchmal kommt man direkter zum Ziel,
    wenn man dem Instinkt, als wenn man den Ratschlägen des
    Verstands folgt. Das ist wenigstens so meine Idee ...«
    »Der ich nicht widerspreche«, sagte der Ingenieur.
    »Nun beobachtete Harry bei seinen Streifzügen durch
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    den westlichen Teil des Bergwerks einige Male folgendes:
    Am äußersten Ende der Nebenstollen flackerten aus dem
    Schiefergestein manchmal kleine Flammen auf. Wodurch
    sie sich entzündeten? Ich weiß es heute so wenig wie da-
    mals. Auf jeden Fall konnten diese Flammen nur Folgen des
    Vorhandenseins schlagender Wetter sein, und für mich ist
    das gleichbedeutend mit dem Vorhandensein von Kohle.«
    »Veranlaßten diese Flammen niemals eine Explosion?«
    fragte der Ingenieur lebhaft.
    »Gewiß, kleine, beschränktere Explosionen«, bestätigte
    Simon Ford; »ebensolche, wie ich selbst oft zustande zu
    bringen suchte, wenn es galt, schlagende Wetter nachzu-
    weisen. Sie erinnern sich vielleicht, wie man früher verfuhr,
    um Explosionen in den Bergwerken zu verhüten, bevor un-
    ser guter Genius, Humphry Davy, die Sicherheitslampe er-
    fand.«
    »Jawohl«, antwortete James Starr, »Ihr sprecht von dem
    ›Büßer‹? Ich habe leider nie einen in Aktion gesehen.«
    »Freilich, Mr. James, dazu sind Sie, trotz Ihrer 55 Jahre,
    zu jung. Ich, der ich 10 Jahre älter bin, habe den letzten Bü-
    ßer des Kohlenbergwerks noch arbeiten sehen. Man nannte
    ihn so, weil er eine weite, grobe Mönchskutte trug. Sein ei-
    gentlicher Name war der ›Fireman‹ (Feuermann). Damals
    besaß man kein anderes Mittel, die bösen Wetter unschäd-
    lich zu machen, als daß man sie durch kleine, absichtliche
    Explosionen vernichtete, bevor sie sich in größerer Menge
    in den Stollen ansammelten. Zu dem Zweck kroch der Bü-
    ßer mit Maske vorm Gesicht, den Kopf dicht in der Kapuze

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    und den Körper sorgfältig in seiner grobwollenen Kutte ver-
    hüllt, über den Boden hin. Er atmete in den unteren, reine-
    ren Luftschichten, hielt bei seinen Wanderungen aber eine
    lange, brennende Fackel hoch über den Kopf. Schwebten
    nun böse Wetter in der oberen Luft, so entstand eine meist
    gefahrlos vorübergehende Explosion, und so gelangte man
    durch häufigere Wiederholung dieser Operation dazu, die
    Gruben vor größerem Unheil zu bewahren. Manchmal frei-
    lich starb der Büßer, von den schlagenden Wettern getrof-
    fen, auf der Stelle. Dann ersetzte ihn ein anderer. So blieb
    es, bis Davys Sicherheitslampe in allen Kohlenbergwerken
    eingeführt wurde. Mir jedoch war jenes erstere Verfahren
    bekannt; dadurch habe ich das Auftreten schlagender Wet-
    ter erkannt und mich überzeugt, daß in der Grube Dochart
    noch Kohlenvorräte vorhanden sind.«
    Die Erzählung des alten Obersteigers von dem ›Büßer‹
    beruht vollkommen auf Wahrheit. Auf jene Weise verfuhr
    man in früheren Jahren, um die Luft in den Kohlenberg-
    werken zu reinigen.
    Die Wetterluft, auch Wasserstoff-Monokarbonat oder
    Sumpfgas genannt, ist farblos, fast völlig geruchlos, leuch-
    tet angezündet sehr wenig und vermag die Atmung nicht zu
    unterhalten. Der Bergmann könnte in diesem giftigen Gas
    nicht leben, so wenig, wie das etwa in einem mit Leucht-
    gas gefüllten Gasometer möglich wäre. Ebenso wie letzteres,
    das übrigens ein

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