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Schwarz-Indien

Schwarz-Indien

Titel: Schwarz-Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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zu
    handeln.
    Plötzlich hörte man draußen laut und ängstlich rufen.
    Jack Ryan unterbrach seinen Vortrag, und alles eilte aus der
    Scheuer.
    Die Nacht war dunkel; peitschend flogen kalte Regen-
    schauer über den Strand.
    Einige Fischer, die sich gegen einen Felsen lehnten, um
    dem Wind besser Trotz zu bieten, riefen wiederholt mit lau-
    ter Stimme.
    Jack Ryan und seine Gefährten liefen auf sie zu.
    Das Rufen galt freilich nicht den Insassen des Guts, son-
    dern einer Schiffsmannschaft, die unbewußt in ihr Verder-
    ben lief.
    Einige Kabellängen vom Ufer erhob sich eine dunkle
    Masse. Daß es ein Segelschiff war, erkannte man an seinen
    Positionslichtern, einem grünen Licht an der Steuerbord-
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    und einem roten auf der Backbordseite (ein Dampfschiff
    hätte auch noch ein weißes Licht am Top des Fockmasts
    führen müssen). Man sah es also von vornher, und es unter-
    lag keinem Zweifel, daß es mit großer Geschwindigkeit auf
    die Küste zusegelte.
    »Ein Schiff in Not?« rief Jack Ryan.
    »Ja«, erwiderten die Schiffer, »und wenn es jetzt noch
    wenden wollte, würde das nicht mehr gelingen.«
    »Signale, Signale geben!« rief einer der Schotten.
    »Aber welche?« versetzte einer der Fischer. »Bei diesem
    Sturm könnte man eine Fackel gar nicht brennend erhal-
    ten!«
    Während dieses kurzen Gesprächs riefen die Nebenste-
    henden dem Schiff immer laut zu. Wie hätte man sie aber
    bei diesem Wetter hören können? Der Besatzung des Schif-
    fes war jede Möglichkeit genommen, den drohenden Schiff-
    bruch zu verhüten.
    »Warum mögen sie nur diesen Kurs steuern?« fragte ein
    Seemann.
    »Wollen sie sich vielleicht absichtlich auf den Grund set-
    zen?« meinte ein anderer.
    »Der Kapitän hat also wohl keine Kenntnis von dem
    Leuchtfeuer von Irvine?« fragte Jack Ryan.
    »Man möchte es fast glauben«, erwiderte einer der Fischer,
    »wenn er sich nicht hat täuschen lassen durch irgend ...«
    Noch hatte der Fischer seine Worte nicht vollendet, als
    Jack Ryan einen entsetzlichen Schrei ausstieß. Hörte ihn
    jene unglückliche Mannschaft? Jedenfalls war es für sie

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    doch zu spät, das Schiff aus der wilden, weiß aufschäumen-
    den Brandung wieder zurückzuführen.
    Jener Aufschrei hatte aber auch gar nicht, wie man zuerst
    wohl annahm, die Bedeutung einer letzten Warnung. Jack
    Ryan stand jetzt mit dem Rücken zum Meer gewendet, seine
    Kameraden drehten sich ebenfalls um, und alle blickten un-
    verwandt nach einem etwa eine halbe Meile landeinwärts
    liegenden Punkt.
    Dort erhob sich das Schloß von Dundonald. Im Wind lo-
    derte eine gewaltige Flamme an der Spitze des alten Turms.
    »Die Feuerhexe!« riefen wie aus einem Mund die aber-
    gläubischen Schotten.
    Es gehörte freilich nicht wenig Einbildung dazu, in dieser
    Flamme eine menschenähnliche Erscheinung zu erkennen.
    Flatternd, wie eine vom Wind bewegte, feurig-leuchtende
    Flagge, schien sie manchmal von der Spitze des Turms weg-
    zufliegen, als sollte sie erlöschen, und heftete sich im nächs-
    ten Augenblick doch wieder mit ihrem unteren, bläulichen
    Teil daran an.
    »Die Feuerhexe! Die Feuerhexe!« riefen die Fischer und
    die entsetzten Landleute.
    Jetzt erklärte sich alles. Offenbar hatte sich das durch
    den Nebel getäuschte Schiff verirrt und die auf dem Schloß
    Dundonald lodernde Flamme für das Leuchtfeuer von Ir-
    vine gehalten. Es mochte glauben, sich vor dem 2 Meilen
    nördlicher gelegenen Eingang zum Golf zu befinden, und
    segelte jetzt direkt auf die Küste zu, die ihm verderblich
    werden mußte.
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    Was konnte man zu seiner Rettung tun, wenn dazu über-
    haupt noch Zeit war? Vielleicht hätte man nach den Ruinen
    eilen sollen, um womöglich jene Flamme zu ersticken und
    eine weitere Verwechslung mit dem Leuchtfeuer von Irvine
    unmöglich zu machen.
    Doch wenn darin auch das einzige wirksame Mittel zu
    liegen schien, welcher Schotte hätte nur den Gedanken, und
    dann noch die Kühnheit gehabt, der Feuerhexe Trotz zu bie-
    ten? Höchstens Jack Ryan, denn er war eine mutige Natur,
    und sein Aberglaube vermochte, so stark er auch war, eine
    edlere Regung in ihm nicht ganz zu unterdrücken.
    Zu spät ... ein entsetzliches Krachen übertönte für einen
    Augenblick das Toben der Elemente.
    Das Schiff war mit dem Hinterteil des Kiels auf Grund
    gestoßen. Seine Signallichter verloschen. Die weiße Linie
    der Brandungswellen erschien für 1 Minute gebrochen. Das
    Schiff, das sich auf die Seite

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