Schwarz und Weiss (German Edition)
deswegen lässt du ihn sterben?“, fragte Solyce wütend.
„Ich kann nicht alle retten“, sagte Val, „die Gesichter der Menschen erscheinen in meinem Kopf und sieben Minuten später sind sie tot. Alles, was ich tun kann, ist, mich auf die Gesichter zu konzentrieren, die ich kenne.“
„Das ist verrückt.“ Sieben Minuten, um einen Menschen zu retten? „Den Dieb hättest du retten können.“
„Du verstehst mich nicht. Ich kümmere mich nicht um Diebe oder Mörder.“
„Das habe ich gesehen“, sagte Solyce bitter, „wie viele Morde hast du bereits begangen?“
„Keine Morde“, sagte Val, „ich sorge für Gerechtigkeit.“
„Du bist wahnsinnig!“ Solyce stürzte sich mit dem Schwert auf Val und versuchte, ihn an die Wand zu drängen. Val war schneller, nahm Solyce' Schwerthand von der Seite und drehte sie ihm auf den Rücken.
„Ich werde nicht gegen dich kämpfen“, sagte er.
„Aber ich gegen dich!“, knurrte Solyce über die Schulter.
„Du verstehst nicht, was Gerechtigkeit ist“, sagte Val, „niemand versteht es, außer mir. Stell dir vor, du siehst jeden Tag aufs Neue tausende Gesichter von Menschen in deinem Kopf, die nur noch sieben Minuten zu leben haben, und du kannst nichts dagegen tun.“
„Das ist grausam“, stieß Solyce hervor und wehrte sich gegen Vals Griff.
„Camar will, dass ich auf ihn und die Anderen achte, also aufpassen soll, ob ihre Gesichter in meinem Kopf auftauchen. Damit wir sie retten können.“ Val ließ nicht locker.
„Ich verstehe es trotzdem nicht“, seufzte Solyce und gab auf. Val war zu stark für ihn.
„Merk dir einfach, dass ich weiß, wer wann stirbt“, sagte Val knapp und ließ ihn endlich los.
„Und jetzt lass uns gehen. Wir haben noch viel zu tun.“ Damit drehte er sich um und trat von der Gasse zurück auf die Straße. Solyce warf noch einen letzten Blick auf den toten Körper des Mörders und folgte ihm.
Was ist Gerechtigkeit denn für dich? wollte die Stimme wissen.
Halt die Klappe, sagte Solyce, ich kann das nicht noch einmal gebrauchen. Das in Crealor war zu viel.
Und deswegen ignorierst du mich? fragte die Stimme gekränkt, wir waren doch immer so gut befreundet...
Nein.
Die Stimme schwieg beleidigt. Solyce war froh darüber. Er würde sie kein weiteres Mal so laut werden lassen wie in Crealor. Dort hatte er sich alles zerstört.
Außerdem gab es vieles, über das er nachdenken musste. Vals Fähigkeit, oder Magie, wie er es genannt hatte, bestand also darin, Gesichter von Toten zu sehen. Oder von Leuten, die nur noch sieben Minuten auf der Welt hatten. Val schien genauso verrückt nach der Zahl Sieben zu sein wie Camar persönlich.
Val war ein Mörder, das wusste Solyce nun, aber warum hatte er den Bibliothekar verschont? Er selbst hatte gesagt, er töte nur „schuldige“ Menschen, aber Solyce wollte das einfach nicht glauben.
Zudem fragte er sich immer mehr, warum Val überhaupt für Camar arbeitete, der ebenfalls ein Mörder war.
Solyce wusste genau, dass es noch sehr interessant mit Val werden würde.
Der Maler und sein Bild
Tony, Caez, Resa und Livian starrten Rayars Yuastan lange verständnislos an.
„Was meinen Sie damit, dass die komplette Familie Calrissia verschwunden ist?“, fragte Resa schließlich und brach damit das Schweigen.
„Sie sind einfach verschwunden“, antwortete Yuastan, „vor zwanzig Jahren haben sie das Hoirn von Mismar verlassen und seitdem wurden sie nicht mehr gesehen.“
„Aber es kann doch nicht sein, dass sich eine komplette Familie in Luft auflöst!“, meinte Tony überrascht.
„So viele waren es gar nicht“, sagte Yuastan, „wenn ich mich nicht täusche bestand die Familie aus dem Großvater, dem Vater, der Mutter und den beiden Söhnen. Es gibt zwar Gerüchte, dass die Mutter gestorben ist, aber Gerüchte gibt es viele auf der Welt...“
„Also hatte Calrissia als Oberstenfamilie fünf, vielleicht vier Mitglieder“, sagte Caez nachdenklich, „da ist es nicht schwer, sich vor der Öffentlichkeit zu verstecken.“
„Könnte es sein, dass der Rest der Geschichte von der Entstehung der Obersten handelt?“, hakte Livian nach.
„Möglich wäre es, aber ich weiß es nicht sicher“, seufzte Yuastan, „Don hat das Original immer gut versteckt. Da müssten wir schon ihn fragen...“
„Wieso haben Sie uns das alles nicht schon bei unserem letzten Besuch erzählt?“, wollte Caez wissen.
„Ich wusste doch nicht, ob ich euch trauen kann!“, empörte sich Yuastan,
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