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Schwarz. Weiß. Tot.: Storys

Titel: Schwarz. Weiß. Tot.: Storys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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ihm.
     
    |80| Er fuhr um fünf Uhr los, um sein Versprechen Crystal gegenüber einzuhalten. Unterwegs kaufte er Blumen für sie. Sie umarmte
     ihn, als er sie ihr schenkte. Sie aßen draußen im kleinen Garten ihres Stadthauses, weil es ein wunderschöner Abend war. Die
     Versöhnung nach ihrem schlimmen Streit am Morgen bewirkte, dass sie die Finger nicht voneinander lassen konnten.
    Er fragte seine Frau: »Glaubst du, dass ich nur mich selbst sehe?«, und sie antwortete vielsagend: »Jetzt wirst du erst mal
     mich sehen, Dekker.« Dann führte sie ihn ins Schlafzimmer.
    Später, als sie neben ihm lag, ihre kleine Hand auf seiner Brust, sagte sie: »Ich glaube, du beurteilst andere Menschen manchmal
     danach, wie nützlich sie für dich sind.«
    Spätabends, als Crystal schon schlief, stand er auf und holte das schwarze Buch. Er setzte sich in die Küche und blätterte
     darin herum. Abkürzungen, Tabellen, Notizen, ein babylonisches Durcheinander von Buchstaben und Zahlen. Und dann verschiedene
     Adressen.
     
    N1DC:
    MBCLC7 Wh. 79 Conradie, Wlglgen
    JGC8 Bl. 21 Oleander, Parklnds
    MBM7 Gr. 17 Seagull Mlkbs
     
    Er starrte lange Zeit darauf, konnte aber nichts weiter als die ungenauen Adressangaben entziffern. Eine gesichtslose Stimme
     am Handy hatte nicht davor zurückgeschreckt, Natalie Fortuin erschießen zu lassen, um dieses Buch zurückzuerhalten, und auch
     nicht davor, einen Polizisten zu erpressen – |81| es musste ein Vermögen wert sein. Warum? Wer oder was verbarg sich dahinter?
    Er würde es kopieren müssen, bevor er morgen früh … Nein, er konnte es nicht riskieren, mit dem Buch gesehen zu werden. Er
     wusste, dass es nur eine Alternative gab. Er stand auf und holte einen Stift und einen ganzen Stapel Papier. Dann setzte er
     sich wieder. Es würde eine lange Nacht werden.
     
    »Warte am Fußgängerüberweg in der Voortrekkerstraat, auf der Seite Edgarstraat. Um Punkt zehn Uhr wird ein Wagen anhalten
     und einer meiner Mitarbeiter nennt das Kennwort: ›Nostradamus‹. Du gibst ihm das Buch und machst, dass du wegkommst. Meine
     Leute bringen mir mein Eigentum zurück, und wenn sie unterwegs nicht aufgehalten werden und es das richtige Buch ist, wirst
     du nie wieder etwas von mir hören.«
    »Und das Foto?«
    »Das ist digital, Bruder. Und es existiert nur eine Kopie davon auf meinem Laptop. Sobald ich das Buch in den Händen halte,
     lösche ich das Bild.«
    Er wusste, dass er machtlos war.
    »Du wirst mir schon vertrauen müssen, Bruder«, sagte die Stimme.
     
    Sie saßen zu viert in einem Mercedes-Lieferwagen, zwei Weiße, zwei Farbige. Der, der das Losungswort sagte und die Hand ausstreckte,
     war jung und trug einen Hut. Dekker händigte ihm das Buch aus und der Benz fuhr weiter. Dekker prägte sich das Kennzeichen
     ein, aber er wusste, |82| dass es nichts nützte. Er starrte dem Fahrzeug hinterher. Ihm war noch etwas anderes an dem Auto aufgefallen, aber zu unterschwellig,
     als dass es ihm in dem Moment bewusst wurde.
    Er ging in einen großen Schreibwarenladen und suchte nach einem identischen Adressbuch.
    In der Bibliothek von Bellville fand er ein stilles Eckchen. Er holte die Blätter mit den Abschriften aus dem Original-Adressbuch
     heraus und begann mit der langwierigen Arbeit, sämtliche Informationen in das neue Büchlein zu übertragen. Er war zur Hälfte
     fertig, als sein Handy vibrierte und das Display sagte, dass es Mbali war.
    »Dekker«, meldete er sich.
    »Ich muss dich dringend sprechen. Wo steckst du?«
    »Ich folge einem Hinweis. Ich komme, wenn ich fertig bin«, erwiderte er und unterbrach die Verbindung. Sie rief sofort wieder
     an, aber er ignorierte den Anruf und konzentrierte sich auf seine Aufgabe. Tabellen, Abkürzungen, Adressen. Was hatte das
     zu bedeuten?
    Er übertrug sämtliche Aufzeichnungen in das neue Buch, wobei er sich Mühe gab, sich eng an die ursprüngliche Vorlage zu halten.
     Anschließend verbrannte er seine Notizen in der Toilette der Bibliothek und rief Crystal an, als er im Auto saß.
    »Hi«, sagte sie mit einer Stimme, der man anhörte, dass sie eine zufriedene Frau war, in jeder Hinsicht. »Ich kann nicht lange
     mit dir reden. Ich muss in ein Meeting.«
    »Ich wollte dich nur etwas fragen. Was ist ein Nostradamus?«
    »Nicht was, sondern wer …«
    |83| »Also dann: Wer ist Nostradamus?«
    »War. Er ist schon seit 500 Jahren tot.«
    »Crystal …«
    »Du verstehst aber auch keinen Spaß heute Morgen. Nostradamus hat im Mittelalter

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