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Schwarz. Weiß. Tot.: Storys

Titel: Schwarz. Weiß. Tot.: Storys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Das Adrenalin pulsierte durch seine Adern. Er holte tief Luft und sagte dann: »Ich muss in die Asservatenkammer.«
     Es galt die neue Regel von Superintendent Cliffie Mketsu: Der Zugang zu dem Raum mit den Beweisstücken war nur möglich, wenn
     zwei Ermittler ihren Code eingaben. Im vergangenen Jahr war nämlich beschlagnahmtes Kokain im Wert von siebzigtausend |74| Rand aus der alten Asservatenkammer des Präsidiums gestohlen worden. Damals hatte der Polizeichef Mketsu hierher versetzt,
     um für Ordnung zu sorgen, und dieser hatte eine neue, von ihm persönlich handverlesene Mannschaft zusammengestellt: Dekker,
     Kaleni, Ndabeni und noch fünf weitere Fahnder, die sich durch ihre besondere Integrität und Arbeitsmoral auszeichneten.
    Und was tat er?
    »Klar, Partner«, sagte Ndabeni und ging zusammen mit ihm zu der großen Stahltür hinüber. Beide gaben sie ihren persönlichen
     Code ein. Die rote Lampe über der Tür sprang auf Grün. Ndabeni drehte sich um und kehrte an seinen Schreibtisch zurück. Dekker
     zog die Tür auf und schaltete das Neonlicht ein. An den Wänden und in der Mitte des Raums standen Holzregale, gefüllt mit
     peinlich genau sortierten und aufgestapelten Pappkartons, nach Datum geordnet.
    Er sah auf die Uhr. Noch fünf Minuten, bis die fette Inspekteurin zurückkehrte. Wenn alles glatt lief. Er ging an den Regalen
     entlang, zu schnell, so dass er die Nummern nicht lesen konnte. Er blieb stehen. Er musste jetzt die Ruhe bewahren! Den Karton
     finden, das Buch herausholen und den Raum verlassen. Er schloss die Augen, als sende er ein Stoßgebet gen Himmel. Dann schritt
     er langsam und mit äußerster Konzentration durch den Raum, auf der Suche nach dem Etikett Nummer 2008/11/23/37B. Er fand die
     Schachtel, ganz unten an der hinteren Wand. Er ignorierte die Karteikarte, auf der er eigentlich seinen Namen, das Datum und
     die Uhrzeit hätte eintragen müssen. Er zog den Karton heraus, hob den Deckel an, sah die Beweisstücke. |75| Das kleine Buch lag zuunterst. Er nahm es heraus, klappte den Deckel wieder zu, schob den Karton zurück und richtete sich
     auf.
    »Was machst du da, Dekker?«
    Die Stimme von Inspekteur Mbali Kaleni. An der Tür. Das Einzige, woran er in dem Augenblick denken konnte, war die bange Frage,
     ob seine Hand groß genug war, um das schwarze Adressbuch darin zu verbergen.

3.
    Er wusste, dass man ihm sein Entsetzen ansah. »Meine Güte, Mbali, musst du mich so erschrecken?«
    »Das ist dein schlechtes Gewissen«, antwortete sie. »Was hast du hier zu suchen?«
    Er zögerte nur Sekundenbruchteile. »Die Beweismittel zu Fall elf-zwei-drei-drei-sieben-B. Einer von deinen, der Vincent van
     der Westhuizen-Überfall. Ich… ich wollte mir nur die Waffe ansehen«, sagte er, und aufgrund der Mischung von Lüge und Wahrheit
     blieb seine Stimme ruhig. Er verließ die Asservatenkammer. Mbali rührte sich nicht von der Stelle.
    »Und warum?«, blaffte sie.
    Sechs Stunden unter Hochspannung brachten ihn dazu, in die Offensive zu gehen, vielleicht weil es der einzige Ausweg war,
     vielleicht aber auch, weil das Buch in seiner Hosentasche steckte und das Schlimmste vorüber war. »Was meinst du wohl, Mbali?
     Siehst du irgendeinen Zusammenhang mit der Fortuin-Schießerei? Autoklau vielleicht?«
    |76| Standhaft erwiderte er ihren Blick. Sie sah aus, als habe sein Sarkasmus sie tief getroffen.
    »Erklär das dem Superintendent«, sagte sie nach einem Märtyrerschweigen und zog die Tür zur Kammer zu. »Er will dich sprechen.«
    »Weshalb?«
    »Du wirst schon sehen«, sagte Mbali, und es klang wie eine Drohung.
     
    Dekker wusste, dass man sich von dem Aussehen des Superintendents nicht täuschen lassen durfte. Cliffie Mketsu war ein durch
     und durch unauffälliger Mann, weder groß noch klein, weder dick noch dünn, mit früh ergrauten Schläfen. Er beendete meist
     seine Sätze nicht, und durch seine halb geschlossenen Augenlider wirkte er wie ein Schlafwandler. Doch hinter dieser Fassade
     verbarg sich einer der brillantesten Köpfe der südafrikanischen Polizei. Man erzählte sich von ihm, dass er mit den besten
     Noten seit Menschengedenken seine Abschlüsse in Kriminologie an der University of South Africa hingelegt hatte. Zurzeit ging
     das Gerücht, er schreibe an seiner Doktorarbeit und müsse nur noch ein, zwei Jahre im aktiven Dienst praktische Erfahrungen
     sammeln, bevor er zum nächsten Polizeichef Südafrikas befördert wurde. Angeblich hatten ihm die Australier eine

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