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Schwarz. Weiß. Tot.: Storys

Titel: Schwarz. Weiß. Tot.: Storys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Milchbubi aus dem Gamtoos-Tal? Einer mit einem so ehrlichen Gesicht sollte zum Deserteur
     geworden sein?
     
    Nach dem Essen schlenderte Muller gelangweilt durch das Dorf. Der Spätsommerabend war schwül und windstill. Ein Gemischtwarenladen.
     Das Büro der Landwirtschaftskooperative. Eine Autowerkstatt. Hier und da fiel Licht aus dem Wohnzimmerfenster eines Hauses.
     Nichts rührte sich auf den Straßen. Acht Uhr abends.
    Langsam kehrte Muller zu der Tür mit der bläulichen Eingangsbeleuchtung zurück und ging den Flur entlang zu seinem Zimmer.
     Jemand hatte ihm ein Kissen, Bettwäsche und eine Decke hingelegt.
    Er zog das Hemd aus und merkte plötzlich, wie verschwitzt er war. Dann überzog er das Bett, drehte die Lampe herunter, blies
     das Licht aus und legte sich hin, die Hände hinter dem Kopf verschränkt. In Kapstadt hätte er um diese Zeit die Polizeigebäude
     am Caledonplein verlassen und wäre auf einen Drink mit Kollegen ins Savoy gegangen. Vielleicht hätte er auch eine Frau ins
     Reginakafee in Seepunt zum Essen ausgeführt.
    Doch hier lag er nun, in einem Dorf, das um kurz nach acht bereits schlief.
    Gereizt stand er auf, um das Fenster zu öffnen. Er zog die Gardinen beiseite.
    Und da sah er sie, im Schein einer Öllampe, kaum zwanzig Schritte entfernt. In dem Haus direkt neben der Polizeiwache. Er
     konnte durch das Fenster die Möbel erkennen: das schneeweiß bezogene Bett, das dunkle Holz der |93| Frisierkommode und den großen Kleiderschrank an der rückwärtigen Wand.
    Er erkannte den Stoff ihres Kleides wieder.
    Unwillkürlich stieg das Bild wieder in ihm auf, das er am Straßenrand erhascht hatte. Er wusste, dass sie es war. Zwanzig
     Schritte. Sein Blick suchte Gesichtszüge, suchte Schönheit. Einen Hauch von Ebenmäßigkeit, voller Verheißung. Sie war dabei,
     sich auszuziehen.
    Der helle Kleiderstoff glitt von ihren Schultern. Langes, braunes Haar fiel über ihren unbedeckten Rücken. Weiße Unterwäsche
     hob sich von der ebenmäßig gebräunten Haut ab. Mit beiden Händen griff sie zwischen die Schulterblätter, löste den BH-Verschluss
     und ließ das Dessous langsam hinuntergleiten. Beim Anblick ihrer Brüste schnappte er nach Luft. Ihr Busen und ihre geschmeidigen
     Glieder raubten ihm den Atem.
    Als sie zur Kommode mit der Waschschüssel ging, schienen ihre Bewegungen fließend wie Wasser.
    Die Schatten, die die Lampe warf, hoben kleine Details besonders hervor: die Muskeln ihrer Arme, die sich wölbten, als sie
     den Krug anhob und das Wasser in die Schüssel goss. Die Kopfbewegung, mit der sie das Haar über die Schultern schwang, war
     langsam und geübt. Sie griff nach irgendetwas – nach einem Schwamm. Die Hand mit dem Schwamm schwebte erst zur Seife, dann,
     ganz allmählich, in Richtung ihres Halses. Vom Hals zu den Schultern. Rhythmisch. Auf. Ab. Das Gesicht hatte sie angehoben,
     um den Hals zum Waschen zu entblößen. Gleichmäßige Kreise. In Mullers Augen spiegelte sich jede Bewegung wider. Erneut tauchte
     sie den Schwamm in die Waschschüssel und wusch |94| sich jetzt von den Schultern hinunter zur Brust. Nass glänzende Haut im Lampenschein. Der Schwamm auf dem Bauch, flach und
     vollkommen, dann weiter zur Rundung der Hüften. Jede Bewegung vertraut, ein Ritual. Ein Urtanz. Ein Traumbild.
    Die Bewegung in Richtung Bett war kaum wahrnehmbar. Doch plötzlich saß sie da, am Fußende. Hob ein Bein hoch, mit gestrecktem
     Fuß, geradeaus. Dann streckte sie den Arm aus und fuhr mit dem Schwamm vom schlanken Schienbein zum Knie, dann zur Leiste.
     Die am Morgen angespannte Wade hing nun herunter, in einer perfekten Rundung.
    Das andere Bein. Die Zeit blieb stehen. Sie glitt zurück zur Waschschüssel, legte den Schwamm hinein.
    Dann stellte sie sich vor die Frisierkommode, die Bürste in der Hand. Wieder diese Kopfbewegung, mit der sie die dicken, braunen
     Haare über ihre Schultern fallen ließ. Sie begann ihr Haar zu bürsten, rhythmisch, von oben nach unten, von hinten nach vorn,
     langsame, gleichmäßige Bewegungen. Mit dem anderen Arm hielt sie sich an der Stuhllehne fest, den Busen ein wenig nach vorn
     gestreckt, als Gegengewicht zu dem Bürsten. Rhythmisch. Bürste hin. Bürste her. Hin. Her. Ein menschliches Metronom.
    Auf einmal hob sie die andere Hand und strich mit zarten Fingern durch ihren Schopf. Dann legte sie die Bürste zurück auf
     die Kommode. Sie stand auf und ging ans Fenster. Dort blieb sie stehen und sah hinaus, als blicke sie ihn an. Ihre

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