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Schwarz. Weiß. Tot.: Storys

Titel: Schwarz. Weiß. Tot.: Storys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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dieser Lärm aufhört?«
    Sie folgte seinem Blick, lachte schalkhaft und sagte: »Okay, cool, aber du musst genau aufpassen, denn für dich wird es so
     aussehen, als geschähe es unmittelbar.«
    Er sah, dass sie die halbvolle Wasserflasche vom Tisch nahm, dann konzentrierte er sich auf den Bakkie draußen.
    Es ging so schnell, dass er nur das vage Gefühl einer Störung verspürte, wie bei einer Schallplatte, auf der die Nadel fast
     unmerklich springt: Der junge Mann zog plötzlich die Hand vom Dach weg, die Rockmusik erstarb, und stattdessen ertönte ein
     hoher, schriller Opernsopran – und sie saß vor ihm, hatte nur kurz die Hände bewegt und die Wasserflasche war leer.
    Draußen in der Fahrerkabine des Bakkies herrschte helle Aufregung und großes Durcheinander, aber er konnte nicht viel erkennen.
    »Ich habe dem Fahrer das Wasser übergeschüttet und das Radio auf FMR gedreht«, erklärte sie.
    Mit quietschenden Reifen raste der Corsa davon. October |169| blickte wieder Nita an, das Mädchen, das die Zeit anhalten konnte, und sagte nur fassungslos: »Unglaublich!«
     
    Als Pearlie nach der Arbeit heraufkam, hatte er für sie ein Schaumbad eingelassen und Kerzen angezündet. Seine Belohnung bestand
     darin, mit anzusehen, wie ihre Anspannung sogleich nachließ. Strahlend lächelte sie ihn an und legte ihm die Hände um den
     Nacken. »Mein Herz«, war alles, was sie sagte.
    Sie unterhielten sich durch die offene Badezimmertür; er lag gemütlich im Bett, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Er konnte
     ihr nicht alles erzählen, denn er hatte Nita schwören müssen, ihr Geheimnis nicht zu verraten. »Großes Pfadfinderehrenwort«,
     hatte sie bitter ernst verlangt. Pearlie erfuhr daher nur, dass er aufgrund des Gesprächs Nitas Vermutungen über die Morde
     teilte. Und dass er Ermittlungen anstellen müsse. »Ich werde mir Urlaub nehmen müssen, Pearlie.«
    »Das ist die beste Nachricht des Jahres«, erwiderte seine Frau, die ihn schon seit Monaten drängte, endlich seinen angesammelten
     Resturlaub zu nehmen.
    Als sie neben ihn ins Bett schlüpfte, fragte sie: »Aber es ist doch hoffentlich nicht gefährlich, oder, mein Herz?«
    Ihr sechster Sinn hatte ihn seit jeher daran gehindert, sie anzulügen. Deswegen antwortete er ausweichend: »Ich weiß es nicht.«
    Doch als sie schließlich an ihn geschmiegt schlief, ihr Atem regelmäßig, tief und zufrieden, lag er noch wach und dachte an
     den letzten Teil seines Gesprächs mit Nita. Sie hatte auf die übrigen Ausdrucke gezeigt und gesagt: »Es |170| gibt noch andere außer mir, die dasselbe können wie ich. Der in Grand Rapids in Amerika tut nur Gutes. So wie ich. Aber der
     in Deutschland … Der gleicht dem skrupellosen Mörder hier. Ich habe mich an dich gewandt, weil ich ihn nicht alleine aufspüren
     kann. Und selbst wenn ich ihn finden würde … Ich habe Angst, Oom. Große Angst.«

6.
    Superintendent Johnnie October konnte sich nicht konzentrieren, trotz seines inneren Drangs, die Arbeit vor dem Eintreffen
     des Mädchens zu erledigen.
    Zwischendurch beschlich ihn immer wieder das Gefühl, das alles sei ganz und gar unwirklich. Er musste dann erst den vorigen
     Abend noch einmal Revue passieren lassen, um sich zu vergegenwärtigen, dass es kein surrealistischer Traum gewesen war. Dann
     wieder schweiften seine Gedanken wieder zu den beiden Mordfällen ab, die er nach der Arbeit vor dem Hintergrund seiner neuen
     Erkenntnisse analysieren wollte. Oder er fragte sich, ob »Nita« der richtige Name des Mädchens war. Und wie es sein musste,
     ihre Fähigkeiten zu besitzen, ihr Talent, dieses unfassbare Geheimnis, das sie mit niemandem teilen konnte, drei lange Jahre
     lang.
    Ihm fiel auf, dass er Flüchtigkeitsfehler machte, und so musste er einige Akten ein zweites Mal durchgehen und berichtigen.
     Mit dem Sortieren und Einordnen klappte es nicht viel besser, und er musste sich ständig zur Ordnung rufen: Erst die Pflicht,
     dann die Kür! Um kurz vor eins telefonierte er mit Pearlie. Sie erzählte, Zuyane sei noch nicht |171| aufgetaucht und sie könne ihn auch nicht auf dem Handy erreichen. Sie müsse wohl wieder Merle um Unterstützung bitten, denn
     das Restaurant würde heute Abend voll werden und ein Büfett wäre der einzige Ausweg. Sie klang gehetzt. »Aber mach dir keine
     Sorgen, mein Herz, er kommt sicher gleich. Vielleicht hat er verschlafen, es war so ein langer Tag gestern.«
    October wärmte sich in der Mikrowelle der Teeküche

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