Schwarz. Weiß. Tot.: Storys
Wort gegeben habe. Aber ich wollte, dass du es weißt. Du bist immer ehrlich zu mir gewesen, ich bin es dir
einfach schuldig: Ich möchte die Zeit nutzen, um wegen einer Straftat zu ermitteln. Zwei Straftaten, um genau zu sein.«
Joubert sah ihn zunächst wortlos an, lehnte sich dann mit seinen breiten Schultern über den Schreibtisch und sagte: »Tu mir
nur einen Gefallen, Oom Johnnie: Schnapp die Mistkerle!«
October blieb noch fünf Minuten, in denen sie mit vorsichtigen Worten um den heißen Brei herumredeten. Dann dankte er seinem
Vorgesetzten, verabschiedete sich, eilte zu den Herrentoiletten und heulte – vor Rührung und Erleichterung.
Nachmittags trafen die letzten Faxe ein – aus allen Teilen des Landes. Er überflog sie eines nach dem anderen, wurde aber
durchweg enttäuscht. Nur eines klang viel versprechend. Es kam aus Groenpunt, nahe der Gegend, wo auch die Holtzhausen-Sache
sich abgespielt hatte. Zunächst glaubte er an eine eigenartige Formulierung des Sachverhalts, doch dann entdeckte er, dass
es um ein rätselhaftes Verschwinden von Bargeld während einer Geldautomatenbefüllung ging – die Kollegen hatten nicht gewusst,
wie sie den Vorgang bezeichnen sollten. Als er den Bericht an seinem Schreibtisch gründlich durchlas, wuchs seine Aufregung, |187| so dass er sofort den zuständigen Dienststellenleiter anrief und ihn bat, ihm die vollständige Akte zu faxen.
»Es ist uns ein Rätsel, Johnnie, dieser Mistkerl ist schlau!«
Anschließend rief October noch einmal in den Firmen der beiden Mordopfer an. Er stellte sich vor und fragte beide Male dasselbe:
Ob sie noch Unterlagen oder Besitztümer der Toten hätten – Akten, Computer, Terminkalender, Adressbücher? Beide Mal erhielt
er dieselbe Reaktion: »Warum fragen Sie?« Er log, wobei er möglichst nah an der Wahrheit blieb und erklärte, er gehe die Akten
durch, dies sei Teil der Ermittlungsroutine. Die Kanzlei gab zur Auskunft, dass Holtzhausens Sachen sich in ihren Geschäftsräumen
in der Waterkantstraat befänden, aber wenn er sie sehen wolle, brauche er einen Durchsuchungsbeschluss. Haywards Kollegin
antwortete, sie hätten noch nicht den Mumm gehabt, ihr Büro auszuräumen. Alles sei noch genau so, wie sie es hinterlassen
habe, und er könne sich gerne alles ansehen. Ja, sie hätten auch Samstagmorgen geöffnet.
Um Viertel vor vier saß er am Telefon und wartete auf Nitas Anruf. »Es hat einen Bargelddiebstahl beziehungsweise Raubüberfall
in Groenpunt gegeben, den ich gerne näher unter die Lupe nehmen würde«, erklärte er ihr. »Aber ich warte noch auf die vollständige
Akte. Kannst du mich heute Abend auf dem Handy anrufen?«
»Ich … äh … Wann denn?«
Er hörte ihre Vorbehalte heraus und dachte daran, dass sie eine hübsche junge Frau war, die bestimmt freitagabends ausgehen
wollte. Er lächelte im Stillen. »Kein Problem, ruf mich einfach morgen früh an.«
»Okay«, sagte sie erleichtert.
|188| »Kannst du übrigens am Samstagmorgen?«
»Na klar. Was haben wir vor?«
»Unbefugtes Betreten. Aber nicht wir – nur du.«
»Cool!«, sagte sie. »Soll ich so um zehn Uhr anrufen?«
»Ja, danke, Nita. Nur noch eine Frage …«
»Ja?«
»Der junge Mann, der dich heute Abend ausführt, ist der auch anständig?«
Sie lachte glockenhell. »Ja, das ist er. Aber ich werde ihm vorsichtshalber einbläuen, er soll sich ja benehmen, denn ich
kenne jemanden bei der Polizei.«
8.
Pearlie schlief noch, als October am Samstagmorgen um halb neun in Richtung Stellenbosch fuhr. Sie war erst um ein Uhr todmüde
ins Bett gefallen. »Ich werde noch einen Koch einstellen müssen, Johnnie«, sagte sie. »Ich werde meiner Aufgabe als Gastgeberin
nicht mehr gerecht. Die Arbeit wächst mir einfach über den Kopf. Aber ich will mich nicht beklagen.«
Es lag ihm schon auf der Zunge zu sagen, dass sie keinen zusätzlichen Koch einstellen müsse, wenn Zuyane seine Arbeit ordentlich
erledige, aber er ließ es sein.
Mercia Haywards Firma war leicht zu finden. Die Büros von Dee-Vine Property Development befanden sich in einem restaurierten
Haus in der Banghoekstraat. Leider war man bei dem Versuch, die Räumlichkeiten modern und fortschrittlich zu gestalten, ein
wenig über das Ziel hinausgeschossen. |189| Das Ergebnis war bizarr. October führte erst ein Gespräch mit dem verbleibenden zweiten Direktor, einem jungen Mann mit hochgegelten
Haaren und schicker Brille. Dann öffnete man Mercia
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