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Schwarz. Weiß. Tot.: Storys

Titel: Schwarz. Weiß. Tot.: Storys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Essie-Plätzchen
     und Rulle – süßes Schmalzgebäck – zum Kaffee. Als er die Hand nach einem Essie ausstreckte, hielt sie ihn mit einem spielerischen
     Klaps zurück. »Ich hebe dir welche auf, aber mach mir jetzt bitte mein Arrangement nicht kaputt.«
    »Hebst du mir auch ein bisschen von der Hühnerpastete auf?«
    »Natürlich, mein Herz, du weißt doch, dass ich das alles im Grunde nur für dich koche«, sagte sie und küsste ihn auf den Mund.
     Dann kam Zuyane herein. Er stank nach Zigarettenrauch.
     
    In seiner Werkstatt platzierte er die frisch vollendete De Havilland Mosquito vorsichtig in seiner Vitrine, sorgfältig darauf
     bedacht, dass alle Flugzeuge in Reih und Glied standen. Er schloss die Vitrine wieder, setzte sich vor die Werkbank und betrachtete
     seine Modelle.
    Pearlie wusste als Einzige, wie gerne er Pilot geworden wäre. Wie er jeden Nachmittag nach der Schule vor ihrem Häuschen in
     Bishop Lavis auf einer Milchkiste gesessen und zugesehen hatte, wie die Flugzeuge vom D. F. Malan-Flughafen aus gegen den
     winterlichen Nordwestwind starteten. In den Sommermonaten rasten sie tief über ihr Wohngebiet hinweg, um gegen den Südostwind
     zu laden, die Landeklappen weit geöffnet, das Fahrgestell ausgeklappt wie die Klauen eines Raubvogels.
    |181| Sein verstorbener Vater hatte ihn davor gewarnt, seinen Traum ernst zu nehmen, denn er könne sich niemals erfüllen.
    Doch er hatte erwidert: »Aber du predigst doch immer, wo ein Wille ist, ist auch ein Weg?«
    »Ja, du darfst aber den Blick für die Realität nicht verlieren.«
    Schließlich hatte er sich für die einzige andere blaue Uniform entschieden, die für ihn erreichbar war, und war Polizist geworden.
     Er war in seinen Beruf hineingewachsen und führte eine glückliche Ehe mit Pearlie, obwohl sie keine Kinder hatten. Und schließlich
     hatten sie es weit gebracht. Sie besaßen alles, was sie brauchten, und wenigstens seine Frau hatte es geschafft, ihren alten
     Traum zu verwirklichen. Und auch er hatte als Fahnder durchaus Erfolge gefeiert. Bis zu seinem Karriereknick 1996.
    Er seufzte.
Du musst die guten Seiten sehen.
Das Mantra seiner Mutter. Wenn er sich nicht vor elf Jahren dasselbe gesagt hätte, wäre ihm diese erstaunliche Geschichte
     mit Nita nicht widerfahren. Atemberaubend, unglaublich, undenkbar.
    Der Blick für die Realität nützte einem da nichts.
    Dann grübelte er über das Phänomen Zeit nach. Er hätte keine Lust, sie anzuhalten, sondern sie lieber zurückgedreht, so dass
     er heute noch einmal Kind sein könnte, in einem Land, wo man sich als Farbiger ohne weiteres zur Pilotenausbildung melden
     konnte. Nein, gewisse Dinge musste man wirklich realistisch sehen. Jeder hatte seine eigenen Talente und Chancen im Leben.
     Sein Talent bestand darin, Notizbücher mit Aufzeichnungen zu füllen und diese so oft zu lesen, bis er ein Muster erkannte,
     einen Haftbefehl beantragte und den Täter vor Gericht brachte. Es wurde |182| Zeit, dass er sein Licht nicht mehr unter den Scheffel stellte und seine Fähigkeiten nicht länger verplemperte.
    Dieser Fall stellte ihn allerdings vor ganz neue Herausforderungen. Wie hatte Nita heute Nachmittag gesagt? »
Wir sollten lieber rechtzeitig einen Plan schmieden, Oom. Wir können es uns nicht leisten, den Kerl aufzuscheuchen und dann
     entwischen zu lassen.«
    Genau das musste er am Abend tun: einen Plan schmieden.
     
    Am Donnerstag reichte er seinen Urlaubsantrag bei Senior Superintendent Mat Joubert, dem Dezernatsleiter, ein.
    »Das wurde aber auch Zeit, Oom Johnnie«, sagte der große Mann. »Fahrt ihr ein bisschen weg, du und Pearlie?«
    »Nein, Sup, wegen des Restaurants ist das leider im Moment unmöglich«, erwiderte er und beließ es dabei, denn er konnte Joubert
     nicht anlügen.
    Um zwölf rief er Pearlie an. Zuyane war pünktlich gewesen.
    Um kurz nach drei überprüfte er, ob Faxe oder E-Mails für ihn gekommen waren. Die Antworten der Dienststellen und Dezernate
     trafen jetzt nach und nach ein, vierzehn Nachrichten insgesamt, über denen er an seinem Schreibtisch brütete, als Nita um
     Viertel vor vier anrief.
    »Und hast du schon etwas gefunden, Oom?«
    »Nein, ich verschaffe mir nur gerade einen gewissen Überblick über das, was in unserem …
abgefahrenen
Land so vor sich geht.«
    »Du redest ja schon wie ich!«, stellte sie lachend fest.
    Er nahm noch einige Faxe und ausgedruckte E-Mails mit |183| nach Hause, las sie in seiner Werkstatt durch und schüttelte den Kopf

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