Schwarz wie Samt
etwas verlegen.
17. Kapitel
In der Klinik wartete man schon auf mich. Man brachte mich in ein kleines Arztzimmer, Marek und meine Mutter standen im Gang. Der behandelnde Arzt sagte zu mir:
„Jetzt gehen Sie erst mal auf Station 3, dort wird man Ihnen ein Zimmer geben und Ihnen alles Weitere sagen. Die Ärzte kommen dann am frühen Nachmittag zur Besprechung.“ Dann konnte ich wieder gehen.
Wir begaben uns auf Station 3 im ersten Stock und ich erhielt ein Einzelzimmer mit Blick auf den Park. Es war alles sehr gepflegt und das Bett schien ganz neu zu sein. Eine freundliche junge Schwester erklärte mir die Einzelheiten wie Telefonanlage, Radio, Fernseher und die Funktion des Bettes, das ich selbst hoch und tief stellen konnte. Dann sagte sie:
„Wenn Sie sich ausgezogen haben, komme ich wieder, um ihnen einen Zugang zu legen.“
Einen Zugang legen? Was hatte das zu bedeuten? Wollten sie mich sofort an den Tropf hängen. Ich sah meine Mutter hilflos an. Sie erkannte, dass ich in Panik geraten würde und sagte mit belegter Stimme:
„Keine Angst. Das mit dem Zugang muss sein, damit sie deine Blutgruppe feststellen können und um weitere Werte bestimmen zu können. Das ist völlig normal.“
Ich war außer in Kairo noch nie in einem Krankenhaus gewesen und die Routine, die hier herrschte, war mir fremd. Auch Marek kam hinter meiner Mutter hervor und legte mir seinen Arm um die Schultern.
„Es sieht immer schlimmer aus als es ist“, sagte er und hauchte mir einen Kuss auf die Wange. Ich war richtig froh, dass die Beiden mitgekommen waren, denn ich fühlte mich plötzlich verloren und überfordert. Es gelang mir nicht, meinen sonst unerschütterlichen Humor zu behalten und einen flotten Spruch abzulassen. Stattdessen kämpfte ich beständig mit den Tränen und hoffte, dass man mir nicht ansah, wie viel Angst ich hatte.
Meine Mutter hatte sich auf einen Besucherstuhl gesetzt, nachdem ich keine Anstalten machte mich auszuziehen.
Sie fragte eher beiläufig: „Hast Du Salman verständigt?“ Ich schüttelte den Kopf. Weshalb dachte sie jetzt an Salman? Seinen Namen hatte sie so gut wie noch nie ausgesprochen, er war für sie nur immer „dieser Farbige“ gewesen. Doch die Gedankengänge meiner Mutter hatte ich noch nie verstanden. Mit keinem Wort hatte sie meine Schwangerschaft erwähnt. Dass ich keinen dicken Bauch mehr hatte, musste ihr doch aufgefallen sein. Wahrscheinlich hatte sie es einfach verdrängt, denn diese Schwangerschaft hatte ja nach ihrer Vorstellung nie stattfinden dürfen. Vielleicht war es gut, dass wir dieses Thema nicht wieder aufgreifen mussten. Das hätte auch Nichts mehr daran geändert.
Marek setzte sich zu mir aufs Bett und sagte:
„Möchtest Du, dass ich bei der Besprechung dabei bin?“ Ich nickte heftig und sah dabei meine Mutter an. Dann sagte ich:
„Mum, ich glaube, dass Marek bei mir bleibt, bis ich weiß, welche Behandlung sie vorschlagen. Du musst nicht hier bleiben, denn es gibt nichts zu tun. Komme lieber morgen wieder vorbei, dann weiß ich auch, was mir hier noch fehlt.
Meine Mutter sah mich niedergeschlagen an, ihr Gesichtsausdruck verriet, dass sie meine Entscheidung zwar akzeptieren würde, aber sie war gekränkt. Die Kluft zwischen uns war einfach zu tief und gerade in dem Augenblick, wo ich dringend eine Mutter gebraucht hätte, fühlte ich, dass ich ihre Anwesenheit kaum ertrug. Sie war mir einfach fremd geworden und die Probleme der Vergangenheit zwischen uns hingen wie eine schwarze Wolke über uns. Sie stand schwerfällig auf und ging auf die Türe zu, doch dann drehte sie sich noch einmal um, dabei warf sie Marek einen hasserfüllten Blick zu. Sie sagte: „Wir sehen uns morgen.“ Ohne einen Gruß ging sie mit energischen Schritten.
Marek nahm mich in den Arm und drückte mich an sich. Er sah mich nur fragend an. Ich kuschelte mich an ihn und die Tränen liefen einfach aus meinen Augen, ohne dass ich etwas dagegen tun konnte. Als eine Schwester hereinkam, um mir den Zugang zu legen, hatte ich mich wieder etwas besser im Griff, aber sie kannte diese Art von Situation sicher genau.
Am Nachmittag kam eine Abordnung von Ärzten, die das ganze Zimmer ausfüllten. Einer davon, der mir bereits als Operateur vorgestellt worden war, ergriff das Wort.
Er sagte: „Liebe Frau Martinez, es ist schon so, wie ich angedeutet habe. Wir müssen operieren, und zwar schnell, wenn wir den Krebs in den Griff bekommen wollen. Wir beginnen mit dem Uterus und den
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