Schwarz wie Samt
dir etwas sagen muss.“ Wieder fühlte ich Tränen aufsteigen.
„Nun mach es nicht so spannend“, sagte Marek ermutigend.
Mit Mühe brachte ich es heraus: „Marek ich bin ziemlich krank und muss bereits morgen ins Krankenhaus.“ Er griff nach meiner Hand und fragte:
„Und was fehlt dir denn, um Himmels Willen?“
„Krebs“, sagte ich flüsternd. Marek sah mich entsetzt an und sagte:
„Du musst doch sicher erst noch genau untersucht werden oder steht die Diagnose bereits fest?“ Die Tränen liefen mir einfach über das Gesicht und ich suchte nach einem Taschentuch. Als ich mich etwas beruhigt hatte antwortete ich:
„Die Diagnose ist sicher und ich muss morgen bereits zur Behandlung in die Klinik.
„Ich komme mit dir“, sagte Marek, ohne einen Augenblick zu überlegen.
„Danke, das ist lieb von dir“, antwortete ich.
Auf dem Heimweg fuhren wir bei Mareks Appartement vorbei und er nahm sich ein paar Sachen mit, denn er wollte die Nacht bei mir bleiben.
In meinem Haus fand ich einen Zettel auf dem Schreibtisch. Er trug die Schrift meiner Mutter: „Darling, where are you? See you tomorrow morning”. Mum.
Ich hatte es vergessen oder besser gesagt verdrängt, dass sie ja auch heute schon gekommen war, um mir beizustehen. Marek sah mich fragend an, als ich von der Nachricht aufblickte.
Ich sagte: „Meine Mutter, sie ist schon da und will mich morgen sicher auch begleiten.“ Marek zuckte nur mit den Schultern: „Dann werden wir dich eben zu zweit hinbringen.“ Meine Mutter und Marek kannten sich nur flüchtig. Es wurde Zeit, dass sie ihn besser kennen lernte und sah, dass ich auch in Berlin einen Freund hatte, der zu mir hielt.
Ich schlief in Mareks Armen ein und fand doch nicht richtig zur Ruhe. Auch seine Anwesenheit konnte meine Gedanken nicht verscheuchen. Ich wollte es noch immer nicht wahr haben, dass ich so krank war und mir eine schlimme Behandlung bevorstand. Dr. Garimbas Augen verfolgten mich die ganze Nacht. Aus seinem Blick hatte ich die Ernsthaftigkeit der Situation abgelesen. Alles in mir stand in Flammen, ich fühlte ein Feuer in mir brennen, das Leben hieß und das nicht verlöschen durfte.
Beim ersten Morgengrauen stand ich auf. Marek drehte sich um und schlief ruhig weiter. Ich durchsuchte noch mal meinen Schreibtisch nach Dingen, die ich wegschließen wollte. Außer ein paar Schmuckstücken fand sich nichts mehr. Die Wertpapiere und Goldbarren, die ich in meines Vaters Nachlass gefunden hatte, waren bereits im Safe. Ich öffnete ihn mit der Zahlenkombination und stopfte den Rest noch hinein. Dann ging ich hinaus auf die Terrasse, um nach den Schwänen zu sehen. Sie schliefen noch und nur der erwachsene Schwan hob kurz den Kopf um mich mit schräg gelegtem Kopf zu beäugen. Dann steckte er ihn wieder unter den Flügel.
Ich ging hinein und versuchte meine Tasche zu packen. Was nimmt man denn mit, wenn man für unbestimmt lange Zeit ins Krankenhaus soll? Meine neue Kosmetikserie stopfte ich noch hinein und die hässlichen Nachthemden. Am Schluss legte ich noch ein paar Kriminalromane meines Vaters obenauf. Vielleicht hatte ich ja viel Zeit zum Lesen.
Marek kam verschlafen die Treppe herunter und nahm mich in den Arm. „Na, soll ich Kaffee kochen?“, fragte er indem er in die Küche ging. Ich lief ihm hinterher und setzte mich ans Fenster. Ich würde mich heute bedienen lassen. Als er dann die dampfende Kaffeetasse vor mir abstellte, kämpfte ich schon wieder mit den Tränen. Ich konnte nicht sprechen und sah ihn nur an.
Marek zog mich von meinem Stuhl hoch und drückte mich an sich. „Ich bin doch bei dir“, sagte er leise, „es kommt sicher nicht halb so schlimm, wie du denkst.“
Vielleicht hatte er ja recht, aber ich fühlte mich so unsicher und niedergeschlagen, dass ich gar nicht merkte, wie es an die Haustüre klopfte. Marek ließ mich wieder los und ging zur Türe. Es war meine Mutter. Sie hatte ein Tablett mit einem bombastischen Frühstück, extra für mich. Sie stellte das Tablett vorsichtig auf dem kleinen Tischchen ab und kam zu mir herüber.
„Mein armer Liebling“, sagte sie in ihrem zuckersüßen Ton. Marek hatte sie kaum eines Blickes gewürdigt. Ich deutete mit der Hand auf ihn und sagte: „Mum, das ist Marek, du kannst dich sicher an ihn erinnern, oder? Er wird mit in die Klinik kommen.“ Meine Mutter drehte sich um und sagte:
„Freut mich“, sie gab ihm die Hand und fragte: „Wie war noch mal ihr Name?“
„Marcel Kretschmar“, sagte er
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