Schwarz wie Samt
wollte ich nicht. Also begann ich mit meiner Kindheit, die ich zunächst in verschiedenen Ländern verbrachte. Das war schnell erzählt. Mein Eintritt ins Internat war ein Meilenstein, den ich meiner lieben Mutter verdankte. Hier musste ich lange nachdenken, bis mir die richtigen Worte einfielen. Ich wollte sie nicht verletzen, aber sie sollte erfahren, dass ich diesen Internatsaufenthalt alles andere als angenehm empfunden hatte. Ich wäre lieber in Kenia in die Schule gegangen. Dann kam auch schon meine Bekanntschaft mit Salman an die Reihe. Es fiel mir leicht zu berichten, wie sehr er mein Leben veränderte und mir den Halt und die Liebe gegeben hatte, die ich suchte. Nun gab es noch die schreckliche Geschichte meiner Herkunft. Ich überlegte lange, ob ich das in meiner Grabrede erwähnen sollte. Schließlich war meine Krankheit vielleicht ein Erbe meines leiblichen Vaters. Vielleicht hatten die gleichen Gene meine Krankheit beschleunigt. Das war meine Version, aber kein Arzt hatte mir das je bestätigt. Ich beschloss, die Sache nicht zu erwähnen. Denn wem würde sie nach meinem Tod noch nützen? Meine Mutter wäre blamiert und alle Verwandten würden auf ihr herumhacken, denn dass ich das Kind ihres Bruders war, wusste außer mir niemand. Das wollte ich nicht. Dann gab es noch Marek. Auch ihn musste ich erwähnen, denn er war für mich schon lange der beste Freund und ihm war es zu verdanken, dass ich mich überhaupt in Berlin eingelebt hatte. Ich war inzwischen auf der zweiten Seite ganz unten angekommen.
Salman saß auf einem Sessel und sah mir unentwegt zu. Er konnte nicht glauben, dass ich mich mit meinem Ende abgefunden hatte und meine eigene Grabrede schrieb. Er goss aus einer Whiskey Flasche bereits das dritte Glas ein und stürzte den Inhalt hinunter. Ich hatte Salman noch nie so viel Alkohol trinken sehen. Schließlich war er bekennender Muslime. Sein Gesicht war wie versteinert.
Ich brachte meine Rede zu Ende. Sie musste sicher überarbeitet werden, aber vorerst war ich mit mir zufrieden. Das Morphium hatte mich schläfrig gemacht und meine Schmerzen waren im Moment auch verschwunden. Ich stand auf und setzte mich auf Salmans Schoß. Ich legte meine Arme um seinen Hals und küsste seine rauchig nach Whiskey schmeckenden Lippen. Er war noch immer wie erstarrt. Erst als ich mich immer enger an ihn schmiegte, erwachte er wieder zum Leben.
Er sagte kein Wort, aber hob mich hoch und trug mich die Treppe hinauf. Dort legte er mich aufs Bett und begann sich auszuziehen. Er schlüpfte in seine Chellaba und kam zu mir aufs Bett. Dann begann er, mich langsam und vorsichtig auszuziehen. Ich ließ ihn gewähren. Seine Zärtlichkeiten waren Balsam für meine Seele und nichts auf der Welt war schöner, als von ihm verwöhnt zu werden. Seine Hitze, seine Haut und die Leidenschaft, mit der er mich nahm, waren so unvergleichlich gut, dass ich ihn für den kleinen Rest meines Lebens festhalten wollte.
Als Salman erschöpft neben mir lag, sah ich, wie Tränen an seiner Wange herabliefen. Ich war erschüttert. Ich umarmte ihn und sagte: „Es ist gut, wir sind zusammen und das ist doch das Wichtigste.“ Salman hielt sich an mir fest wie ein Ertrinkender. „Ich will, dass du wieder gesund wirst.“, sagte er leise.
Nachts wachte ich auf und konnte vor Schmerzen nicht mehr einschlafen, obwohl ich sofort zwei Tabletten genommen hatte. Es war dieses Mal nicht nur der Rücken, auch unter meinem Brustbein begann es weh zu tun. Dort, wo angeblich die Tumorpakete saßen. Ich versuchte mir vorzustellen, wie sich durch die schnelle Zellteilung mein Bauch weiter vergrößern würde. Irgendwann würde ich dann aussehen, als ob ich schwanger wäre. Das war die reine Ironie. Eine Schwangerschaft hatte ich mir so sehnlich gewünscht und jetzt bekam ich vielleicht wenigstens die äußeren Anzeichen dafür. Als der Morgen graute, stand ich auf. Salman lag ausgestreckt auf meinem Bett und schlief noch sehr fest. Ich ging hinunter und setzte mich an meinen kleinen Schreibtisch. Ich begann auf einem leeren Stück Papier mein Testament zu verfassen. Das war keine einfache Sache, denn ich wollte unbedingt, dass Salman den Hauptanteil erbte. Für Marek hatte ich meine kleine Villa vorgesehen und für Frau Koch ein paar persönliche Dinge aus meinem Besitz. Salman wäre dann Besitzer des Hotels und allein bei dem Gedanken musste ich lächeln, denn ich stellte mir das Gesicht meiner Mutter vor. Sie würde für den Rest ihres Lebens mein
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