Schwarz wie Samt
eine Bootsanlegestelle. Einige verwilderten Blumenbeete und eine große Trauerweide beschatteten den hinteren Garten. Es war ein Platz zum Träumen. Ich hätte Onkel Jacob wirklich gerne kennen gelernt.
Wir kehrten in die Hotellobby zurück. Meine Mutter sah ziemlich fertig aus. Sie hatte ihre Schuhe unter dem Tisch ausgezogen und ihre Kostümjacke hing unordentlich über einem Sessel. So hatte ich sie selten gesehen. Ivan und ich setzten uns zu der Runde. Meine Mutter sah mich an und fragte: „Na, und wie sieht es in der Villa aus?“ „Nun, eine Villa ist es nicht gerade, aber es ist ein nettes kleines Häuschen, in das ich am liebsten gleich einziehen würde.“, sagte ich.
Meine Mutter schüttelte resigniert den Kopf. „Das wäre schön, wenn es möglich wäre, aber du wirst alles in Bausch und Bogen verkaufen müssen. Das Hotel ist in einem üblen Zustand wie alle anderen auch und woher willst du das Geld für Renovierungen nehmen?“ Ich schüttelte energisch den Kopf. „Ich will es nicht verkaufen, es ist doch süß!“, antwortete ich überzeugt. Die ganze Runde lächelte mitleidig. Ich sah genau, was in ihren Köpfen vorging: „So ein dummes Ding will ein heruntergekommenes Hotel weiterführen“, dachten sie.
Ohne mich zu fragen, hatten sie bereits Entscheidungen gefällt. Das würde ich mir nicht gefallen lassen. Ich hatte mich in das kleine Häuschen verliebt und sah mich bereits im Ruderboot auf der Spree fahren. Außerdem hatte ich hier eine Aufgabe und das Studium konnte warten. In den nächsten Tagen würde die Umschreibung beim Notar erfolgen und dann würden sie schon sehen, was ich damit anstellte.
Meine Mutter sagte nochmals mit Nachdruck: „Du musst es verkaufen!“, wie wenn sie meine Gedanken gelesen hätte. Ich antwortete ihr nicht. Ivan war aufgestanden und verabschiedete sich: „Wenn die Angelegenheit mit dem Notar erledigt ist, werden wir uns noch mal treffen müssen, um über den Verkauf der anderen Hotels zu sprechen.“, sagte er weltmännisch. Wir sahen ihn alle überrascht an, denn er hatte sich bisher nicht an der Unterhaltung beteiligt. Er legte eine Visitenkarte auf den Tisch mit der Bemerkung: „Meine Adresse und Telefonnummer steht da drauf. Ihr könnt mich jederzeit erreichen.“ Dann verbeugte er sich leicht und wünschte uns einen schönen Tag.
Meine Mutter atmete auf, als Ivan gegangen war. Es war klar, dass wir es mit ihm nicht leicht haben würden. Um zu verkaufen, mussten meine Mutter sich mit ihm arrangieren. Nur ich hatte das Glück, dass es allein meine Entscheidung war, was ich mit dem kleinen Hotel tun würde.
Natürlich kam die Frage an mich: „Was hat er zu dir gesagt, dass du das hier erbst und nicht er?“, wollte meine Mutter wissen. Ich zuckte nur mit den Schultern: „Er hat sich nicht dazu geäußert. Ich finde ihn nett.“, gab ich ihr zur Antwort. Meine Mutter sagte: „Werde endlich erwachsen, Arven!“ Dabei verdrehte sie die Augen.
Wir fuhren zurück ins Hotel, es gab im Moment nichts weiter zu tun. Meine Mutter wollte das kleine Haus nicht mehr besichtigen. Es gehörte ja mir. Dass es noch einen anderen Grund geben könnte, warum sie nicht neugierig war, konnte ich nicht ahnen. Außerdem musste man den Notartermin abwarten.
An der Rezeption gab mir ein Angestellter eine Telefonnotiz auf der stand, ich sollte bei Familie Werber zurückrufen. „Werber“, das war Ina. Ich ging hinauf und nahm sofort den Telefonhörer in die Hand. Wie schön, dass Ina sich gemeldet hatte.
Am anderen Ende meldete sich Herr Werber. Ich sagte: „Hallo hier ist Arven, ich sollte Ina zurückrufen“., Zunächst war Stille am Telefon, dann hörte ich krampfhaftes Schlucken und dann wieder Stille. Ich sagte: „Hallo, Herr Werber, ist etwas passiert?“
Inas Vater sagte nur: „Sie ist tot, die Beerdigung ist am Samstag.“ „Tot“, wiederholte ich entsetzt, „Ina ist tot?“ Herr Werber antwortete mir nicht gleich, dann sagte nur noch einmal: „Die Beerdigung ist am Samstag um 13 Uhr.“ „Danke“, sagte ich, „ich komme.“ Ich fühlte mich, wie wenn man mir die Luft zum Atmen genommen hätte.
Meine Mutter stand vor mir und sah mich an. „Was ist los?“, fragte sie. „Ich sah zu ihr auf und antwortete: „Ina ist tot.“ „Hatte sie einen Unfall?“ sagte meine Mutter. „Ich weiß nicht mehr, Herr Werber konnte am Telefon nicht sprechen“, sagte ich zu ihr. Ich fahre am Samstag zur Beerdigung. Ich schleppte mich in mein Zimmer und legte mich auf
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