Schwarz wie Samt
Haus auf mich warten würde. Dann erschien eine zweite Gestalt auf der Galerie. Ein junger Mann von höchstens 17 Jahren, mit langen Haaren und nacktem Oberkörper, nur mit einer schäbigen Jeans bekleidet. Er grinste verlegen hinter Ivan hervor. Die Situation wurde allmählich grotesk. Ich zeigte mit dem Finger auf den jungen Mann und fragte:
„Wer wohnt hier eigentlich noch alles?“ Ivan war die Treppe heruntergekommen und ging mit offenen Armen auf mich zu. Ich wehrte seine Umarmung ab und ging ein paar Schritte zurück.
„Das ist mir wirklich zu viel!“, hörte ich mich sagen: „Ihr verlasst auf der Stelle mein Haus das muss ich mir nicht bieten lassen!“ Ivan machte ein betroffenes Gesicht. Er antwortete:
„Wir wollten dich überraschen und du spielst die Beleidigte!“ Ich ging zur Tür und riss sie entschieden auf.
„Ihr verlasst jetzt sofort dieses Haus, oder ich rufe die Polizei!“ Es war sinnlos, sich mit ihm auf eine Diskussion einzulassen. Ich hatte ganz plötzlich begriffen, was Ivans Geheimnis war. Er war schwul und alle Probleme mit Marek hingen auch damit zusammen. Wahrscheinlich waren er und Marek ein Paar gewesen, bis ich auftauchte. Die albernen Eifersüchteleien unter den beiden, die ich für Theater gehalten hatte, war der Kampf um ihre Beziehung oder um mich. Ich verstand gar nichts mehr. Warum Ivan sich ausgerechnet bei mir einnisten wollte, war mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar. Die beiden verschwanden wieder im Schlafzimmer und ich hörte nur wie Ivan zu dem Jungen sagte:
„Zieh dich an und verschwinde. Du hörst wieder von mir!“
Kurze Zeit später kam Ivan mit einer Reisetasche herunter. Ich hatte mich auf das Sofa gesetzt und musste erst einmal nachdenken. Er ließ sich gegenüber von mir in einen Sessel fallen und sagte in übertrieben höflichem Ton:
„Ich hoffe, du weißt, was du tust.! Schließlich bin ich derjenige, der sich die ganze Zeit um dein Hotel kümmert.“ Ich stand wieder auf und sagte zu ihm:
„Um mein Hotel kann ich mich sehr gut alleine kümmern, außerdem gibt es noch Frau Koch. Ich möchte dich hier nicht mehr sehen! Die Wohnung im Hotel wirst du auch räumen.“
Ivan blieb sitzen und rührte sich nicht. Er blickte mich mit erstaunt aufgerissenen Augen an und erwiderte: „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich dir das hier alles kampflos überlassen werde. Schließlich ist es das Haus meines Vaters!“ Ich war mit meiner Geduld am Ende: „Dafür ist es jetzt zu spät. Schließlich bin ich Alleinerbin dieses Hauses und des Hotels. Das ist notariell festgelegt.“
Ivan saß immer noch seelenruhig auf meinem Sessel: „Ich habe das Erbe angefochten“, erklärte er mir in ruhigem Ton, „mein Anwalt meint, dass ich damit durchkommen werde, denn du hast hier wirklich keinerlei Rechte.“
Ich war platt über so viel Unverschämtheiten. Ich zeigte noch mal mit der Hand zu Türe und sagte nur: „Raus hier, aber sofort!“
Warum hatte meine Mutter mir nicht schon längst die Wahrheit über Ivan gesagt? Sie hatte es doch gewusst. Sie hatte mich nur immer wieder vor ihm gewarnt, aber der Grund wurde nie genannt. Auch nicht, als ich sie direkt danach gefragt hatte. Es musste noch etwas geben, das ich nicht wissen sollte. Ich konnte nur schlecht mit all diesen Lügen und Geheimnissen leben. Trotzdem fühlte ich mich im Moment befreit. Ich ging noch einmal hinüber zu Frau Koch, um ihr von meinem Triumph zu berichten. Sie war erleichtert, als sie hörte, dass ich Ivan vor die Tür gesetzt hatte. Ich erzählte ihr von dem jungen Mann, der mit Ivan im Haus war und sie sagte darauf:
„Gut, dass du es mit eigenen Augen gesehen hast, du hättest es mir sicher nicht geglaubt.“ Ich war im Nachhinein froh, dass ich Ivan nur als Freund gesehen hatte und ich mich nicht in ihn verliebt hatte. Das wäre jetzt die nächste Katastrophe gewesen. Ich sagte nur zu Frau Koch:
„Ich habe ihm auch die Wohnung hier im Haus gekündigt. Er muss alles ausräumen.“ Damit war für mich die Sache erst einmal erledigt.
Die nächsten Tage war ich damit beschäftigt, mein Haus in Ordnung zu bringen. Nicht nur das Bett tauschte ich aus, auch die Polstermöbel wurden neu bezogen und die Teppiche gründlich gereinigt. Mit Grauen stellte ich mir vor, was in meinem Haus während meiner Abwesenheit vorgegangen war.
Ich hatte gar keine Lust, meine Mutter zu informieren, da sie mich hätte warnen können. Es war einfach albern von ihr, mir nicht die Wahrheit über Ivan zu
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