Schwarz wie Samt
vorbereitet und wir aßen zusammen. Ich erzählte ihm von meine Mutter und dass ich in den letzen Tagen in Berlin mein Haus in Ordnung gebracht hatte. Die Sache mit Marnie wollte ich nicht am ersten Tag klären. Es würde noch genug Gelegenheit geben, solche Dinge zu besprechen. Ich wollte erst einmal richtig ankommen und mich in Kairo einleben. Außerdem wollte ich Salman die Gelegenheit geben, vielleicht von selbst die Wahrheit zu sagen.
Am nächsten Morgen stand Salman sehr früh auf. Er hatte wichtige Vorlesungen und wollte rechtzeitig an der Universität sein. Ich blieb noch liegen und spähte durch den Streifenvorhang hinaus in den Hof, wo sich bereits Frauen am Wasserbecken trafen. Leises Gemurmel war zu hören, das mich wieder einschläferte. Erst gegen Mittag wurde ich zum zweiten Mal wach und dieses Mal fühlte ich mich richtig ausgeschlafen. Ich stand auf und duschte in der Küche hinter dem Plastikvorhang. Es gab nur kaltes Wasser, weil ich es versäumt hatte, den Boiler anzustellen. Ich zitterte am ganzen Leib, denn meine langen Haare mit kaltem Wasser von Seifenschaum zu befreien dauerte sehr lange. Ich wickelte ein Frotteetuch zu einem Turban, zog eine von Salmans Umhängen über und setzte mich zum Aufwärmen an das Wasserbecken ins Freie.
In der Sonne war es heiß und vom gestrigen Regen war nichts mehr zu sehen. Die Pfützen waren bereits ausgetrocknet, das Wasser im Becken war schmutzig grau. Die Frauen hatten ihre Wäsche darin gewaschen und jetzt spielten ein paar kleine Jungs mit selbst gefertigten Holzbooten darin.
Bei dem Gedanken, dass mich meine Mutter hier sitzen sehen würde, musste ich lachen. Sie hatte keine Ahnung in welcher Umgebung ich gelandet war: Die feine Botschaftertochter in einer ehemaligen, heruntergekommenen islamischen Gebetsschule auf dem Boden sitzend an einem verdreckten Wasserbecken. Sie würde denken, ich sei endgültig übergeschnappt. In den nächsten Tagen würde ich mich nach einer vernünftigen Wohnung umsehen. Kairo war eine riesige Stadt und wenn man dafür ordentlich bezahlen konnte, war es bestimmt einfach eine Wohnung zu finden. Doch zuerst musste ich Salman davon zu überzeugen, dass ich über genügend Mittel verfügte, uns hier ein angenehmes Leben zu verschaffen. Aber so wie es aussah, war er ernsthaft mit seinen Studien beschäftigt, so dass ich zunächst freie Hand hatte.
Ich ging zurück ins Haus, um mich zu frisieren und mir ein verspätetes Frühstück zuzubereiten. Ich fand nur ein paar Stücke Brot und frisches Obst. Vom Vortag waren noch ein paar Oliven und Schafskäse übrig. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal mit so viel Appetit gegessen hatte. Nicht ein Krümel blieb übrig und wir würden heute Abend sicher essen gehen. Salman kehrte erst nach achtzehn Uhr zurück. Er wirkte müde und ausgelaugt. „Studiert man in Kairo so lange?“, fragte ich ihn etwas gereizt.
„Nein“, gab er zu, „ich habe nicht nur studiert ich war noch bei einem Kollegen und wir haben zusammen einen wichtigen Fall besprochen.“
„Wir haben hier nicht einmal ein Telefon“, sagte ich etwas vorwurfsvoll. „Es wäre schön, wenn du mich anrufen könntest, wenn du später kommst oder wenn irgendetwas passiert.“
„In unserer neuen Wohnung können wir eines anmelden“, meinte Salman, „wenn du glaubst wir brauchen das. Bisher konnte ich gut darauf verzichten. Wen hätte ich denn anrufen sollen?“, fragte er. Das stimmte natürlich. Er war noch nicht lange hier und wenn man allein lebt braucht man nicht unbedingt ein Telefon.
„Morgen gehen wir zusammen auf Wohnungssuche“, sagte Salman, indem er sich auf das Bett legte und eine Zeitung aufschlug, die er mitgebracht hatte. Es war eine Zeitung mit arabischen Schriftzeichen. Ich sah Salman überrascht an. „Kannst du das etwa lesen?“, fragte ich ihn irritiert. Ich war der ganzen Zeit der Meinung gewesen, dass hier hauptsächlich Englisch gesprochen wird. Salman sah mich verdutzt an:
„Was glaubst du wie hier die Vorlesungen gehalten werden?“, fragte er mich. „In Arabisch?“, fragte ich ungläubig.
„An meiner Fakultät schon“, sagte er. Es war das Erste was ich lernen musste. Aber ich hatte schon ein paar Kurse in Nairobi belegt, so fiel es mir nicht schwer.“
„Heißt das, dass ich es auch lernen muss?“, fragte ich verunsichert.
„Wenn du hier länger bleiben willst, wäre es sicher gut, wenn du dich auch in der Eingeborenensprache ausdrücken kannst. Dein Studium kannst du
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